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Montag, 1. September 2025

Gefangen als Beifahrer im Passat B4


Inzwischen sind wir es gewohnt, wenn bei Betätigung der Außentürgriffe am Passat B4 nichts passiert. Die Türgriffe sind ein bekanntes Konstruktionsproblem. Für die Reparatur haben wir bereits eine Routine etabliert, um in regelmäßig-unregelmäßig auftretenden a, den Mechanismus des äußeren Türgriffs wieder in Ordnung zu bringen. Doch dieses Mal wird beim Normalpassat die Routine unterbrochen. Dieses Mal lässt sich die Beifahrertür von INNEN nicht öffnen – ein ungewöhnlicher Fall, den wir so auch noch nicht hatten, allerdings zum Verhängnis werden kann, wenn man in Gefahren- oder Unfallsituationen das Fahrzeug nicht mehr verlassen kann. Höchste Zeit das wir diesen Fehler beheben. An diesem Himmelfahrts-Wochenende sollte es soweit sein.

Dass die Türgriffe beim Passat B4 kein großer Wurf der Ingenieurskunst sind, konnten wir in der Vergangenheit mehrfach feststellen. In regelmäßigen Abständen kehrt das Problem wieder und unzählige Passat B4-Fahrer leiden unter den Folgen: Möchte man die Tür von außen öffnen, zieht man am Griff häufig ins Leere. Grund ist der Umlenkmechanismus. Der Hebel, der sich beim Ziehen des Griffs nach unten bewegt, um am eigentlichen Türschloss einen weiteren Hebel zum Öffnen der Tür zu betätigen, ist im Drehpunkt mit einer Rollfeder in einem Sackloch gelagert. Mit der Zeit wandert diese Rollfeder aus dem Sackloch heraus. Der Hebel hängt dann daneben und kann seine Funktion nicht mehr erfüllen.




Inzwischen sind wir Experten, um diesen Fehler zu beseitigen und können alle De- und Montageschritte auswendig. Sowohl beim Spezialpassat als auch beim Normalpassat mussten wir diese Reparatur bereits unzählige Male durchführen. Auch Versuche mit hochfestem Schraubenkleber, Ersatz der Rollfeder und Durchbohren des Sacklochs brachten keine Besserung. Bei den Nachbaugriffen wurde dieser Fauxpas in der Konstruktion behoben, indem bspw. die Rollfeder durch Schrauben oder Niete ersetzt wurden. Allerdings ist die Passform der Nachbaugriffe so ungenau, dass die Griffe teilweise sehr schwerfällig und wackelig sind und haken, teilweise auch in gezogener Haltung verweilen. Bei VW Classic-Parts sind die originalen Griffe inzwischen auch nicht mehr erhältlich, weswegen wir uns wohl oder übel damit abfinden müssen, in regelmäßigen Abständen die Türgriffe auszubauen und nachzuarbeiten - eben das Beste aus dieser Situation zu machen. 


Beim Normalpassat ist – zumindest an der Beifahrertür – seit etwa 2 Jahren Ruhe. Vor etwa zwei Jahren mussten wir bei der regelmäßigen Reparatur feststellen, dass nicht nur die Rollfeder wieder herausgerutscht war, sondern dass auch die Haltevorrichtung des Druckgussmaterials gebrochen war. Das bedeutete das Aus für den Türgriff aus dem Baujahr 1995. Ein Glück gab es damals bei Classic Parts noch einen Vorrat an originalen Türgriffen für die Beifahrertür, so dass wir (zu einem stolzen Preis) einen neuen bestellen konnten. Bislang mussten wir dafür auch allerdings an dieser Tür nicht wieder aktiv werden. Bis zu diesem Wochenende.

Auf der Fahrt zum Einkaufen ging plötzlich die Beifahrertür nicht mehr auf – aber dieses Mal von Innen. Man musste den Türgriff im Inneren bis zum Anschlag ziehen, ehe auf den letzten Millimetern die Mechanik des Türschlosses reagierte und die Tür zum Öffnen freigab. Das war schon eine große Kraftanstrengung. Ich hatte schon Angst, dass wir hierbei den Türgriff aus Kunststoff abbrechen. Das kann definitiv nicht so bleiben, sofern wir nicht wollen, dass wir dauerhaft – wie bei der Kindersicherung an den Hintertüren – den Beifahrer von außen aus seinem „Sitzverließ“ befreien. Zuhause angekommen wurde gleich das übliche Werkzeugsortiment zusammengesucht, das man für den Abbau der Türverkleidung zwecks Reparatur der Außengriffe auch immer benötigt und losgelegt: Plastikhebel, PH2-Schraubendreher, ¼- Zoll-Ratsche mit PH-Bit.



Exkurs Türverkleidung ausbauen

Zunächst die Kunststoffabdeckung (Spiegeldreieck) mit dem Plastikmontierhebel vorsichtig herauslösen. Achtung: Das Spiegeldreieck ist nur geclipst und der Kunststoff wird im Laufe der Jahre spröde. Danach die Abdeckkappe der Fensterkurbel abheben, die Schraube lösen und den Griff abziehen. Anschließend auf der rechten Seite der Türverkleidung, die drei schwarzen Kreuzschlitzschrauben lösen. Anschließend ebenfalls die auf der linken Seite. Bei der oberen Schraube auf der linken Seite muss man eine Ratsche mit PH-Aufsatz neben, da ansonsten das Armaturenbrett im Weg ist, um einen (langen) Schraubenzieher einzusetzen. Wer einen „Stummelschraubendreher“ hat, kann diesen auch benutzen. So viel Platz ist dann doch vorhanden. Danach vorsichtig mit dem Kunststoffmontierhebel den Haltegriff der Tür aufhebeln. Dahinter verbirgt sich einmal neben dem Türgriff und einmal am unteren Ende (schräg) jeweils eine Schraube. Danach kann man die Türverkleidung oben vorsichtig aus der Fensterleiste zu sich ziehen und nach oben hin abheben.

Danach wird einem der Blick auf das Innenleben der Tür noch durch eine schwarze Dichtmatte verdeckt, die ringsherum mit Splinthalterungen befestigt ist. Im Normalfall müsste man den Splint jedes einzelnen Halters mit einem Dorn austreiben, um anschließend die gesamte Matte abnehmen zu können (sofern der Kleber, mit dem die Matte zusätzlich abgedichtet ist, via Heißluftfön und Spachtel danach auch noch von der Tür abgetrennt wird). In unserem Fall haben wir – aufgrund der häufig anstehenden Reparaturen am Türgriff allerdings an einer Seite die Matte entlang rund um die  Halterungen eingerissen, um stets einen besseren Zugang zu erhalten. So ersparen wir uns, jedes Mal erneut die Halter und die Klebemasse entfernen zu müssen.



Auf den ersten Blick scheint alles an Ort und Stelle zu sein und zu funktionieren. Wenn man am Inneren Türgriff zieht, bewegt sich der Draht in Richtung Türschloss wie vorgesehen vor und zurück und betätigt auch dort im Schloss einen Hebel. Die Peripherie können wir also ausschließen. Die Ursache muss also im Türschloss selbst zu suchen sein. Dafür müssen wir das Türschloss ausbauen. Das geht denkbar einfach: Die Kunststoffabdeckung des Schlosses abhebeln. Anschließend die zwei Schrauben (TX30) lösen. Nun vorsichtig die Plastikklammer, in dem der Draht geführt wird aus der Bohrung im Blech heraushebeln, den Innengriffkasten mit einem Handschlag nach links zum Fahrzeuginneren aus seiner Verankerung zur Seite schieben. Dann den Draht aus dem Griff aushaken und anschließend das Schloss mitsamt Gestänge aus der Tür herausziehen. Dabei den Betätigungsdraht vorsichtig aus der Isoliermatte führen, damit diese nicht einreißt. 



Auf der Werkbank zeigt sich beim ausgebauten Türschloss dann das Ausmaß. Das Schloss ist ziemlich verdreckt und angerostet. Einen Mechanischen Defekt lässt sich nicht entdecken, aber auch der Rost und die Schwergängigkeit sind ausreichend, um die Funktion zu beeinträchtigen. Zwar lässt sich der Hebel für die Türöffnung noch gut bewegen, allerdings hakt der Umlenkmechanismus für den Innengriff sehr. Ein Bad in WD40 und Bremsenreiniger soll erst mal Abhilfe durch Reinigung verschaffen. Anschließend wurde nach einer kurzen Einweichzeit das ganze Schloss via Druckluft kräftig durchgeblasen, um alle Schmutz- und Rostbestandteile die gelöst wurden zu entfernen. Der Umlenkmechanismus für den Innengriff lässt sich nun schon viel einfacher betätigen. Allerdings muss man immer noch ordentlich Kraft am Draht aufwenden, um das Türschloss von Innen zu betätigen. Daher haben wir die Exzenterschraube (SW 5,5) mit einem Steckschlüssel gelöst und im Langloch des Mechanismus bis auf Anschlag nachgestellt. Nun lässt sich der Mechanismus entgegen der Federkraft der Umlenkung schon deutlich einfacher bewegen. Zum Schluss haben wir alle Lagerpunkte und mögliche Reibstellen ausreichend geölt. Hartnäckige Stellen haben wir zudem noch vorher mittels Wattestäbchen und Schleifpapier behandelt. Es scheint nun alles bereit, um das Schloss wieder in umgekehrter Reihenfolge einzubauen. Der Wiedereinbau klappt auch reibungslos. 



Nach dem Wiedereinbau klappte das Öffnen der Türen wieder reibungslos. Sowohl von Innen als auch von Außen. Man sieht also, dass das alte Sprichwort weiterhin Bestand hat: Wer gut schmiert, der gut fährt. In diesem Sinne: weiterhin gutes Schmieren, um reibungslos auch die Türen öffnen und schließen zu können! Bleiben wir gespannt, wie lange die Reparatur dieses Mal anhält und wir wieder Hand anlegen müssen.  

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