Sonntag, 10. Oktober 2010

Da fliegen die Hütchen. Grenzsituationen im Fahrsicherheitstraining



Nur wenige Tage nachdem ich meinen neuen Wagen endlich zulassen konnte, nahm ich die Gelegenheit war und nahm an einem Fahrsicherheitstraining der Verkehrswacht teil. Diesen Termin musste ich mir schon vor etlichen Monaten sichern da nur relativ wenige Teilnehmer pro Kurs zugelassen sind und diese Seminare (erfreulicherweise) immer stärker in Anspruch genommen werden - nicht nur von Fahranfängern sondern auch von solchen Fahrern, die schon "alles erlebt haben"- und in weiter Zukunft bereits ausgebucht sind.



Natürlich ist es ein makaberer Zufall das ich kurz vor solch einem Lehrgang, bei dem man ja lernen soll wie man Unfälle verhindert noch selbst in einen verwickelt bin. Zum Glück konnte ich aber rechtzeitig einen neuen fahrbaren (und das sogar sehr gut) Untersatz finden und musste nicht auf unseren "Ersatzwagen" (=der A4) zurückgreifen. Rückblickend betrachtet wäre das vielleicht doch keine so schlechte Idee gewesen, da sich der Audi in vielen Situation als das "bessere Auto" (natürlich nur vom Fahrverhalten her) erwiesen hätte. Aber ich muss natürlich wissen wie mein Auto sich so schlägt!



Bevor wir endlich loslegen konnten, mussten unsere Autos vorbereitet werden: den Kofferraum ausräumen, die Reifen stramm aufpumpen und genügen Sprit mitnehmen. Alles weitere wird vor Ort gestellt. Ein großes Gelände mit genügend Auslaufzonen ringsum und eine Gleitfläche mit dem Reibwert von Glatteis. Ach ja für das leibliche Wohl wurde natürlich auch gesorgt. In unserer Gruppe waren glücklicherweis nur acht Teilnehmer so das wir jede Übung ausführlich befahren konnten. Die Teilnehmerautos reichten vom kleinen Studenten-Lupo über Octavia, Smart, Auris und Focus bis zum großen BMW 5er (und natürlich Omega) . Auch wenn wir alle so schnell wie möglich loslegen wollten, war es unserem Instruktor wichtig zu erfahren warum wir an diesem Training teilnahmen, welche Erlebnisse im Straßenverkehr schon hatten (=Unfälle etc.) , sowie die eventuell vorhandenen Sicherheitssysteme in unseren Autos und natürlich was wir gerne lernen würden. Praktisch alle anderen Teilnehmer in dieser Gruppe hatten ihren Führerschein schon 10-20 Jahre und somit schon einige brenzlige Situationen erlebt. Die meisten wollten vorallem mal wissen "wie sich das Auto so im Grenzbereich verhält". Auch wenn ich noch nicht annähernd solange auf den Straßen unterwegs bin hab ich schon fast alles erlebt was einem Autofahrer passieren kann, darunter gleich mehrere Unfälle. Ich bin mir relativ sicher das ich die Unfälle (egal ob mit oder ohne Sicherheitstraining) nicht hätte verhindern können. Trotzdem glaube ich das es gut ist wenn man sich auf das nächste mal so gut wie möglich vorbeireitet (und auf Kleinwagenfahrer im Rückspiegel achtet!). Nun ging es endlich raus in die Autos! Aber erneut mussten wir noch etwas Theorie durcharbeiten bevor wir endlich das Autoballett starten konnten; Richtige Sitzposition und Lenk- sowie Bremsvorgänge auf der Gleitfläche.



Die erste Übung bestand darin das Auto aus einer Geschwindigkeit von ca. 60kmh unter voller Verzögerung um ein Hinderniss herum auf die imaginäre Gegenfahrbahn und dann wieder zurück auf die eigene Spur zu lenken. Die Schwierigkeit bestand jedoch darin, dass man auf dem glatten Untergrund nur geringe Lenkbewegungen machen durfte bevor das Auto unkotrollierbar ins Rutschen gerät. Nach einigen Anläufen gelang es jedoch auch den Omega ums Hütchen zu wuchten ohne alles umzusäbeln. Bemerkenswerter Weise fielen bei diesem Manöver drei Autos durch besondere Dynamik auf: der Octavia der sich trotz ESP und Frontantrieb immerwieder leicht eindrehte (zuviel gewicht auf der Hinterachse) und der Smart welcher durch kesse Heckschwenks auf sich aufmerksam machte (und das trotz rigiedem ESP-Einsatz). Der BMW machte eigentlich garnichts und überraschte alle, die von einer solchen 'Heckschleuder' möglichst viele und spektakuläre Ausbrecher erwarteten. Was wir gelernt haben ist, wie sehr sich das ABS auf die Lenkbarkeit des Autos auswirkt und wie wichtig ruhige Lenkbewegungen sind (Jakaster kann dazu sicherlich noch eingies aus ihrer Golf-Zeit beitragen).



Nächste Übung war der langsame und schnelle Slalom sowie das Kurvenfahren mit (zu)hohem Tempo. Hier brillierte der senftenhaft weiche Omega dank seiner ausgewogen Gewichtsverteilung und den relativ breiten reifen (225mm statt 195mm) - auch wenn die stark schwankende Karrosserie und die quietschenden Reifen etwas anderes vermuten ließen, konnte man mit ihm sogar den Heißsporn im Octavia abhängen. Nur beim Anbremsen vor der Spitzkehre spürte man wieder das hohe Gewicht welches ein beherztes Zutreren erforderte um nicht in der Botanik zu enden. Nachdem alle immer schneller wurden und auch der mitgebrachte Suzuki Swift Vorführwagen ausgiebig erprobt wurde (auch von mir, aber keine wirkliche Option zum Omega), wurde der Parcour umgestellt und nun sollten wir durch die Kurve in den Slalom fahren und nur bei jeder zweiten Pylone den Kurs wechseln. So sollte das Tempo nochmals erhöht werden. Dabei kamen sowohl ich als auch der Omega an die Leistungsgrenzen, mit dem nun viel höhreren Einfahrtstempo konnten die Stoßdämpfer die stärkeren Karrosseirebewegungen endgültig nichtmehr kontrollieren und der wagen schwankte von Hütchen zu Hütchen, so dass es nicht möglich war das Auto richtig auszurichten bevor die nächste Richtungsänderung bevorstand. Das ständige links-rechts Gerudere ging so schnell von statten das sich der Wagen aufschaukelte und mit dem Heck eindrehen wollte.



Um die Übung noch schwieriger zu machen forderte uns der Instruktor auf, alle Autos jeweils voll zu besetzen um den Einfluss von höhrem Gewicht auf das Fahrverhalten im Grenzbereich zu erleben. Nichtnur das der Omega nun kaumnoch auf Tempo kam, er vermochte auch nichtmehr die Hütchen zielgenau zu umfahren, vielmehr flog er von Randbegrenzung zu Randbegrenzung und bewegte sich dabei zufällig auch zwischen den Hüten hindurch (was dazu führte das die Hinterbänkler leicht Seekrank wurden). Nachdem die erste Hälfte der Gruppe fertig war und die geschundenen Reifen endlich abkühlen durften (genau deshalb sollten wir sie zuvor auch stramm aufpumpen), war die zweite Hälfte an der Reihe und durfte ihr Talent (oder Glück) testen.



Ich nutzte die Gelegenheit um einmal in einem AKTUELLEN Smart fortwo (O-Ton des Trainiers: "Ah gut! Das ist der Lange. Mit dem Kurzen hätten sie manche Übungen nicht fahren dürfen.") mitzufahren. Ich muss gestehen das ich gegenüber der Idee des Kleinstwagens im Allgemeinen und dem Smart im Besonderen eine gewisse Antipathie besitze, da sie zum einen meinen persönlichen Ansprüchen nicht genügen und zum anderen ihre Vorteile nicht groß genug sind um die notwendigen Kompromisse wett zu machen. Aber hier auf der Strecke konnte der Wagen doch seine Talente unter Beweis stellen, so flog er regelrecht um die Hütchen und war nicht aus der Ruhe zu bringen. Zum einen wegen dem geringen Gewicht und der rigiden elektronischen Überwachung aber auch dank der guten Gewichtsverteilung und dem niedrigen Schwerpunkt.

Immer wenn wir auf die Spitzkehre am Ende der Strecke zuhetzen und ich im Omega hätte bremsen müssen um die Kurve noch zu kriegen konnte man im Smart noch weiter Vollgas geben (bei 45PS natürlich in Maßen) und zum letztmöglichsten Zeitpunkt in die Kurve stechen. Dabei irritiert die fehlende Motorhaube die mich immer denken ließ, wir würden gleich in die Wiese fahren. Doch das Auto ist einfach nicht größer als die zwei Sitze und das Dach darüber. Zum Abschluss dieses sehr interessanten und lehrreichen Tages führte uns der Trainer nocheinmal anschaulich vor Augen wie sehr sich der Bremsweg eines Autos verlängern kann, wenn man nur wenige Km/h schneller als erlaubt fährt (zb 4o in einer 30er.-zone). Anschließend wurden wir wieder in den wirklichen Straßenverkehr entlassen, während die nächste Gruppe auf das Gelände fuhr - diesmal jedoch mit Feuerwehrautos. Das ist mein Wunsch für das nächste mal!



Was ich an diesem Tag gelernt habe, ist nicht nur wo meine Grenzen sind und die meines Autos (wobei beide höher liegen als ich dachte) und das manche Autos wesentlich besser "ums Eck" gehen als man von ihnen denkt (Smart) und manche wesentlich empfindlicher sind als man wollen kann.

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