Jetzt wo uns der rote Sierra offiziell verlassen und die Reise in seine neue Heimat pannenfrei überstanden hat, müssen wir uns natürlich etwas neues Suchen um die Lücke in der Garage zu füllen und unsere Taschen zu leeren. Das was wir uns vorstellen ist vielleicht nicht ganz so einfach zu finden, aber wir haben ja nicht erst gestern mit der Marktbeobachtung angefangen. Zwei potenzielle Kandidaten stehen im Raum. Beide sehr unterschiedlich aber doch im Kern gleich; 70er Jahre, Amerikaner, mit ausreichend Platz, durchgehende Sitzbank und Lenkradschaltung. Alles andere ist Verhandlungs- und Geschmackssache.
Darum waren vorab auch schon ein paar Dinge ganz klar umrissen; je originaler desto besser, lieber wenig Leistung und Zuverlässig als eine anfällige Rennmaschine, bestmöglicher Zustand innen und außen auch wenn es dafür ein potenziell weniger attraktives Modell oder Baujahr werden sollte um im Budget zu bleiben, nichts aus den späten 80ern mit Einspritzmotor (die Fehlersuche ist hier nicht so trivial wie bei einem Vergasermodell). Damit bietet sich im Netz auch unter Berücksichtigung von Kriterien wie Entfernung, Laufleistung und Preis eine ziemlich gute Auswahl an Fahrzeugen. Vom Pickup über Coupes und Limousinen bis hin zu Kombis und Vans. Die können wir uns natürlich nicht alle anschauen, also muss ausgesiebt werden.
Ein Van ist zu groß für unseren Geschmack und in der Regel entweder komplett nackt von innen oder ganz im Geschmack des Vorbesitzers ausgebaut, kann uns gefallen aber wird es höchstwahrscheinlich nicht. Also runter von der Liste. Ein Pickup wäre cool, aber ohne Doppelkabine absolut nicht geräumig genug im Innenraum (das kennen wir schon von der Cadillac Ambulanz mit fester Trennwand) und dann ist der Brecher wieder über 6m lang und passt in keine Garage oder Parklücke. Mit dem Gedanken an mögliche Urlaubsreisen im Oldtimer kommt ein Coupe eher nicht in Frage, selbst wenn der Kofferraum je nach Modell immer noch größer ist als bei so manchem Kompaktwagen. Damit bleiben Limousinen und Kombis.
Zwar die biederste Art einen amerikanischen Wagen zu fahren, aber für den Anfang wollen wir nichts übertreiben. Ein Hotrod ohne Motorhaube oder Kotflügel kommt vorerst nicht in Frage. Praktischerweise findet sich zwei Dörfer weiter direkt ein Kandidat der am Sonntag zur Besichtigung frei wäre. Ein mintgrüner Mercury Grand Marquis. Technisch gut beieinander aber Lack und Interieur mäßig mindestens patiniert wenn nicht sogar durchgerockt. Muss man mögen und genau so lassen, alles andere wäre einfach unwirtschaftlich. Auf der Probefahrt überzeugt die komfortable Federung und der (wenn er erstmal auf Temperatur ist) gut laufende Motor.
Bei der abschließenden Preisverhandlung kommt man sich auf jeden Fall passend entgegen, aber wir haben noch einen Kandidaten in der Pipeline und so lange der noch nicht besichtigt wurde wollen wir lieber noch nichts fest machen - auch auf die Gefahr hin dass uns der Mercury durch die Lappen gehen sollte. Darum sitzen wir eine Woche später, am Samstag nach der Arbeit wieder im Insignia und fahren Richtung Süden. Ziemlich genau 5,5h Stunden für 470km durch Baustellen und Urlaubsverkehr bis runter nach Weissach. Dort werden nicht nur Porsche zusammengeschraubt sondern auch ein 1979er Ford LTD Country Squire verkauft. Auf den Fotos und am Telefon macht der Kombi einen echt guten Eindruck. Geld und Kaufvertrag haben wir sicherheitshalber mitgebracht, nicht das wir zweimal fahren müssen.
Warum man in so einem engen verwinkelten Dorf solch einen Straßenkreuzer fahren muss, wollen wir gar nicht hinterfragen. Wichtig ist dass der Wagen die letzten 46 Jahre ziemlich schadlos überstanden hat. Damit wäre schon ein großer Teil unserer Kriterien erfüllt. Noch während wir um die letzte Kurve fahren fällt unser Blick auf den potenziellen neuen Wagen und irgendwie sind wir jetzt schon fest überzeugt das er mit uns nach Hause kommen muss. Der Verkäufer wartet schon auf uns so das wir direkt einen Rundgang ums Auto machen können. Alles ist so wie bereits vorab beschrieben, die guten und die schlechten Seiten wurden ehrlich dokumentiert. Das finden wir schon sehr sympathisch. Also direkt weiter zur Probefahrt.
Dabei fällt die für so ein altes (amerikanisches) Auto verdammt direkte Straßenlage auf. Ob es an der relativ geringen Laufleistung (117tkm), dem guten Pflegezustand oder der relativ modernen Fahrwerkstechnik liegt können wir nicht sagen, aber bis jetzt sind wir noch keinen US-Oldie gefahren der auch nur annähernd so gut den Lenkimpulsen folgt und nicht bei jeder Bodenwelle anfängt zu schwimmen. So kehren wir zurück zum Parkplatz und machen den Kaufvertrag fertig. Im Kofferraum verschwindet noch eine nette Sammlung an Ersatzteilen die wir mittelfristig brauchen werden oder könnten. Eine letzte Einweisung in die Bedienung gibt es gratis dazu und dann machen wir uns mit zwei Kombis auf den Weg nach Hause. Welcher durstiger ist und welcher bei diesem Wetter mehr Spaß macht wissen wir noch nicht.
Mittlerweile ist es bereits 18 Uhr durch und wir wollen wirklich gerne nach Hause. Aber einfach auf die Autobahn und mit Vollgas nach Hause messern ist uns doch zu riskant. Herschel, so heißt der Ford, soll nicht direkt verheizt werden. Darum machen wir es uns auf der rechten Spur gemütlich, verbinden das Handy mit dem nachgerüsteten Retro-Sound Radio und genießen die Countrymusik Playlist auf den folgenden fünf Stunden heimreise. Mangels Klimaanlage klebt man relativ schnell auf den Kunstleder sitzen fest. Dafür haben wir nach 470km keinerlei Rückenschmerzen, keinen Wasser- oder Ölverbrauch, keine Flecken auf dem Garagenboden und einen Durchschnittsverbrauch von unter 14L auf 100km. Bis jetzt sieht es so aus als ob dieser 5,45m lange Familienkombi genau das tut was wir uns gewünscht haben.
Sobald Herschel auf die neue Besitzerin angemeldet ist, freuen wir uns schon auf die ersten Ausflüge. Wo es als erstes hin gehen wird wissen wir noch nicht ganz genau. Aber wir werden definitiv davon berichten.
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