Sonntag, 5. Juni 2011

In Reih' und Glied: Die Sicherungen im Sicherungskasten

Was waren das für Zeiten, als in den automobilistischen Serienfahrzeugen der Nachkriegsjahre unter dem Deckel des Sicherungskastens alle Sicherungen und Relais zu finden waren, über die ein Auto verfügt. Auf einem Blick konnte man alles überschauen. Doch wie sieht es eigentlich heute aus?

Der Sicherungskasten: die aufgeräumte Lebensversicherung. Oben die Schmelzsischerungen und unten die Relais für Scheibenwischer, Blinker, Hupen und ähnliches. Ganz unten das ABS-Steuermodul.


Dazu fragen wir uns zunächst: wozu braucht man überhaupt Sicherungen? Sicherungen sind dazu da, um die Endverbraucher zu schützen und mit einer gewissen Energieaufnahme abzusichern. Das heißst: Jedes Auto hat elektrische Verbraucher. Angefangen bei elementar wichtigen motoreigenen Bauteilen wie beispielsweisedem Motorsteuergerät und Anlasser findet man auf dem Weg über Beleuchtung und Gebläsemotor der Innenraumbelüftung bis hin zu Komfortausstattungen mit elektrischem Schiebedach und Sitzverstellung alle erdenklichen Stromverbraucher - auch wenn sie noch so sinnfrei seien mögen (Mercedes bot einst einen elektrisch verstellbaren Innenspiegel an). Alle diese Geräte müssen (wenn auch nicht alle zeitgleich) mit Strom versorgt werden. Und auf dem Weg zu den elektrischen Endverbrauchern liegt irgendwo - meistens im Sicherungskasten *hust* - eine Sicherung.



Hier zu sehen: eine Flachstecksicherung, die sich seit Mitte der 1970er Jahre in den meisten Autos finden lässt. In der Mitte ist deutlich der Draht zu erkennen, der bis zu einer gewissen Stromstärke ausgelegt ist und bei einer Stromaufnahme, die über den Nennwert hinausgeht, einfach durchschmilzt.

Sollte es - aus welcher Situation heraus auch immer - zu einem Kurzschluss kommen, so brennt (bzw. schmilzt) die Sicherung einfach durch. Sie ist quasi eine Sollbruchstelle, die die Kabelleitung an einer gewissen Stelle unterbricht. Damit kann eine Sicherung im Ernstfall Leben retten. Wäre die Sicherung nicht im Stromkreis integriert, so würde bei einem Kurzschluss im schlimmsten Fall die Kabelleitung, an der der Endverbraucher mit dem Kurzschluss liegt, anfangen zu brennen. Ein Kabelbrand ist die Folge. Aber bei einem brennenden Kabel bleibt es meist nicht. Schnell greift ein Feuer auf die umliegenden Bauteile über und eh man sich versieht, steht das gesamte Auto in Flammen. Deshalb sind die Sicherungen von enormer Wichtigkeit im Fahrzeug. Leider wird ihnen oftmals keine all zu große Bedeutung zugeschrieben. Dabei sollten Sicherungen regelmäßig überprüft werden.Gerade feuchte Witterungsverhältnisse machen der Sicherung zu schaffen. Der Sicherungsdraht in der Sicherung kann hierbei mit seiner Umgebung korrodieren und verändert dabei seinen elektrischen Wert, denn nicht jede Sicherung hat den gleichen Wert. Die Farben der Flachsicherung geben Aufschluss:

http://de.wikipedia.org/wiki/Schmelzsicherung#Flachstecksicherungen
Unter diesem Link findet man bei Wikipedia sauber und ordentlich
die Farben der Flachstecksicherungen aufgelistet.


Die Werte der Sicherungen sind extra in solche Schritte eingeteilt, dass dennoch ein wenig Luft über dem eigentlichen Verbrauch eines Stromverbrauchers liegt. Das bedeutet: verbraucht ein Verbraucher einen Strom von regulär 5 Ampere, so sichert man ihn dennoch mit mindestens einer 7,5 Ampere-Sicherung ab, um nach oben hin Spielraum zu haben. Das liegt an den Einschaltströmen. Es ist verwunderlich, warum Glühbirnen meistens beim Einschalten kaputt gehen, oder? Das hat ebenfalls mit den Einschaltströmen zu tun. Beim Einschalten muss der Strom nämlich einen sehr großen Widerstand überwinden und braucht - sinnbildlich gesprochen - etwas Anlauf dafür. Deshalb kann beispielsweise das Radio beim Einschalten für eine kurze Zeit auch durchaus mehr Strom aufnehmen als die angegebene Stromaufnahme. Hätte man das Radio nur mit einer 5 Ampere-Sicherung abgesichert, so würde beim Auftreten eines erhöhten Einschaltstroms - bei intakter Sicherung - der Draht durchschmelzen. In erster Linie mag das zwar gut klingen, aber es ist doch schon nervig, wenn man das Radio nicht einschalten kann und man alle Nase lang die Sicherung austauschen müsste. Man darf das Spiel nach oben hin bei den Sicherungen auch nicht übertreiben. Deshalb ist ab Werk schon immer vorgegeben, welche Größe eine Sicherung haben muss. Und ganz wichtig:

NIEMALS IRGENDEINE SICHERUNG EINBAUEN!!! MAN MUSS IMMER DARAUF ACHTEN, DASS DIE RICHTIGE SICHERUNG MIT DER PASSENDEN STROMAUFNAHME EINGESETZT IST/WIRD!!! DREI AMPERE BEDEUTEN DREI AMPERE!!!

Früher waren die elektrischen Verbraucher in einem Auto an zwei Händen abzuzählen: Anlasser, Zündung, Benzinpumpe, Heizung/Gebläse, Beleuchtung, Hupen, Radio und Scheibenwischer. Sehr übersichlicht sah dort nicht nur der Motor, sondern auch der Sicherungskasten aus. Doch im Laufe der Zeit kamen immer mehr technische Raffinessen hinzu. Der Vergaser wurde durch das Einspritzsystem verdrängt und das Motorsteuergerät ist ein weiterer Stromhauptabnehmer. Der immer weiter aufkeimende Wunsch nach Individualismus, Komfort und in erster Linie Sicherheit macht sich in ebenfalls vielen Verbrauchern erkenntlich. Das ABS (Anti-Blockier-System) hat ebenfalls ein eigens Steuergerät, ebenso wie die Airbags. Elektrisch verstellbare Außenspiegel und Sitze sind ebenfalls immer in Bereitschaft. Schließlich gibt es noch die Klimaanlage, die nicht nur Sprit, sondern auch Strom benötigt. Auch die bereits vorhandenen Verbraucher verbrauchen nun immer mehr Strom. Bei einem Radio begnügt man sich heutzutage nicht mehr mit einem Monolautsprecher in der Mitte des Armaturenbrettes. Quadrophonie und 5.1 Soundanlagen mit Bassreflexbox im Kofferraum ziehen ebenfalls erhebliche Stromreserven. Die Automobile werden immer schwerer und damit ein Anlasser mit seinen zwei Pferdestärken gegen die Kompression des Motors angehen und ihn in Rotation versetzen kann, benötigt dieser ebenfalls massige Energiereserven der Batterie.
Hier ein sehr "aufgeräumter" Motorraum eines älteren Volvo.
Hier ist die Anzahl der elektrischen Verbraucher noch übersichtlich.

Dieser Drang zum expansiven Stromverbrauch hat viele Nachteile. Öffnet man beispielsweise die Tür eines Neufahrzeugs, so booten gleich sämtliche Steuergeräte und verbrauchen schon bei ausgeschalteter Zündung Strom. In der Entwicklung der Dieselfahrzeuge ist man versucht, die Vorglühzeit soweit es geht zu eliminieren und zu verkürzen. Aus diesem Grund gibt es die Fahrzeuge die bereits beim öffnen der Tür die Glühkerzen vorzuglühen. Sollte man einmal in der Situation sein, dass die Türen länger aufstehen, so muss man damit rechnen nicht mehr von der Stelle zu kommen. Die Batterie ist platt. Werkstätten schließen ihre Patienten deshalb vorweg an ein Ladegerät. Vorbei die Robustheit und Einfachheit. Die Fahrzeuge sind nun nicht mehr einzig und allein vom Benzin, sondern auch vom Strom abhängig.

Eine weitere Belastungsprobe für jede Autobatterie sind die in vielen modernen Fahrzeugen erhältlichen Start/Stop-Systeme die beim Ampelstop den Motor abschalten und beim Gasgeben selbsttätig wieder starten. Solange die Batterie genügend Strom liefert um alle Verbraucher zu versorgen (alle Funktionen bleiben voll erhalten, auch wenn der Motor nicht läuft) und das Auto wieder zu starten. Um die Gefahr des Liegenbleibens durch zu geringe Bordspannung nicht zusätzlich zu erhöhen, verfügen diese Fahrzeuge über ein bordeigenes Energiemanagment, welches permanent Stromverbrauch und Spannung überwacht. Wenn die Batterie zu stark geleert ist, schaltet sich der Motor an der Ampel nicht mehr ab, ebenso wenn der Motor noch kalt ist oder viele Verbraucher eingeschaltet sind ( zB im Winterbetrieb). Doch nicht nur beim Ampelstop entscheidet die Bordspannung über die aktvierung der Spritsparfunktion, auch wenn beim normalen Betrieb die Spannung zu niedrig ist, leitet das Fahrzeug Gegenmaßnahmen ein, nach Priorität abgestuft werden Verbraucher wie Sitzheizung, Heckscheibenheizung und Gebläse gedrosselt oder nötigenfalls ganz abgeschaltet.

Es ist daher auch wichtig, nicht nur die Sicherungen, sondern auch die Batterie öfters im Blick zu haben. Auch wenn heutzutage (wie ebenfalls in den Bedienungsanleitungen propagiert wird) wartungsfreie Batterien verwendet werden, so sollte man doch ab und an überprüfen, wie es um seine Batterie bestellt ist. Früher musste man den Säurestand innerhalb der Batterie mit destilliertem Wasser wieder ausgleichen. Dies ist heute natürlich nicht mehr der Fall, weswegen es auch "wartungsfreie" Batterie heißt. Ziemlich viele Bordcomputer (die es heute wohl in nahezu jedem modernen (neuen) Fahrzeug gibt) bieten eine Funktion, die Spannung der Batterie zu überprüfen. Die Spannung sollte stets bei ungefähr 13 Volt liegen. Schwankungen von etwa einem Volt um diesen Bereich herum sind normal. Eine Batterie sollte jedoch niemals unter 10 Volt gelangen. Hier können schon die ersten Startprobleme auftreten. Der Anlasser bekommt nicht genug Spannung um effektiv arbeiten zu können. Während ein altes Auto durch seinen Mangel an elektronischen Verbrauchern noch mit ein wenig Geduld und guten Zuredungsversuchen und anderen Tricks wie Anschieben und ähnliches zum Starten überredet werden kann, so hilft bei neueren Fahrzeugen nur noch die Starthilfe. Sollte sich der Anlasser schonmal durch ein langsameres Drehen, Klopfen, Klicken oder der Motor durch ein zähes Starten bemerkbar machen, so sollte man alle Verbraucher ausschalten die nicht nötig sind und möglichst ein paar Kilometer über Land fahren um die Batterie wieder aufzuladen. Ist die Batterie jedoch schon ein paar Jahre alt, so ist die Wahrscheinlichkeit durch den nächsten Winter zu gelangen eher gering. Die Halbzellen der Batterie haben ihre physikalischen Grenzen erreicht. Hier hilft nur die Neuanschaffung.
Hier ist die Batterie unseres Spezialpassats zu sehen. Deutlich fallen die schon recht weit oxidierten Batterieanschlussklemmen auf. Auch wenn hier alles noch im Rahmen des Möglichen ist, sollte man jetzt anfangen vorzubeugen bzw. man muss es garnicht soweit kommen lassen.

Im Laufe der Zeit können an den Klemmen und Polen der Batterie Oxidationsanzeichen erkennbar sein: Rost! Dies ist bedingt durch die Feuchtigkeit, mit der ein Auto in unseren Breitengraden immer zu kämpfen hat. Schnell kann sich Rost an den Polen selbst oder den Anschlussklemmen bilden. Ist der Rost erst einmal flächendeckend an der gesamten Klemme verteten, beginnen die Probleme. Durch den Rost, entsteht an den Klemmen ein höherer elektrischer Widerstand, der überwunden werden muss. Dieser führt zur Hitzeentwicklung und in äußerst schwerwiegenden Fällen kann dies zum Anschmelzen des Batteriegehäuses führen. In harmloseren Fällen mangelt es an Kontakt und es gleich, als wäre keine Batterie angeschlossen. Deshalb sollte man den Rost entfernen und die Anschlüsse konservieren. Um eine erneute Verrostung zu vermeiden, gibt es im Handel "Polfett", dass man gut dosiert um die Pole der Batterie schmieren kann.
Alles in allem drängen sich so viele erforderliche Sicherungen auf, dass zumeist ein Sicherungskasten heute garnicht mehr ausreicht. Unterm Lenkrad, unter der Rücksitzbank, im Motor und an den entsprechenden Verbrauchern selbst befinden sich die Sicherungen und Relais. Wie unübersichtlich so ein Auto geworden ist!!! Wie lang ist wohl ein Kabelbaum und wie viel länger als früher ist er? Fragen über Fragen, in Zeiten der Elektromobilität. Wie wird das mit den Sicherungen erst, wenn die Elektromobilität Einzug hält? Wir werden sicher erneut darüber berichten.

1 Kommentar:

  1. Vielleicht sollten die Autohersteller ihre Modelle einfach wieder mit Handgas ausliefern, dann kann man immer wenn die Batterie schwach wird die Leerlaufdrehzahl hochbringen und alles ist wieder im grünen Bereich!
    Comickus

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