Freitag, 4. Mai 2012

Frage 14: Was hat es mit dem Choke auf sich?


Meine neuste Frage bezieht sich auf den Choke. Ich kenne diesen nur aus einem alten Diesel Golf II und  dachte immer, dass dieser eben typisch für den Diesel ist. Im Winter wurde dieser gezogen, damit das Auto besser lief. Daher also nun meine Fragen: Warum gibt es einen Choke? Wie funktioniert der Choke? Warum gibt es den Choke heute nicht mehr? - Jakaster

Weißt du liebe Jakaster, eigentlich ist das ganz einfach zu verstehen. Der Einfachheit halber, sei es deshalb wie folgt dargestellt: der Choke ist ein mechanisches Bedienelement für den Motor und wird heute eigentlich nicht mehr verwendet, weil er durch den Fortschritt der Technik einfach überflüssig geworden ist. 

Doch schauen wir uns zunächst einmal an, was ein Motor eigentlich ist. Der Motor hat Zylinder. Die Anzahl der Zylinder ist unterschiedlich. In der Regel haben die Meisten Motoren 4 Zylinder. Es gibt jedoch auch Autos mit 6, 8 und 12 oder im Zeitalter des "Downsizing" auch welche mit 3 Zylindern. Ein Zylinder ist einfach ausgedrückt ein Raum, in dem die Verbrennung stattfinden kann - deswegen nennen wir die Motoren auch Verbrennungsmotoren. Hier finden Kraftstoff und Sauerstoff zusammen und können hier kontrolliert miteinander reagieren, also verbrennen. Denn wie wir schon aus der Schule wissen, benötigt eine Verbrennung (also Feuer) immer Sauerstoff, und der ist in der Luft enthalten. Da diese Verbrennung eigentlich immer nach dem gleichen Schema stattfindet, gibt es auch was die Mengen betrifft keine Überraschungen. 

Die Verbrennung erfolgt immer stöchiometrisch. Die Edukte (das sind die Ausgangsstoffe, vor einer Reaktion) - in unserem Fall Luft und Benzin - reagieren immer in einem bestimmten (stöchiometrischen) Verhältnis miteinander. Was den Motor betrifft: auf ein Teil Benzin müssen vierzehn Teile Luft kommen, damit ein optimales, stöchiometrisches, brennfähiges Gemisch entsteht. Nur in diesem Mischungsverhältnis kann ein Motor optimal funktionieren und laufen. Mit jedem Kolbenhub, mit jeder Verbrennung, reagieren immer vierzehn Teile Luft mit einem Teil Benzin. 

Damit das auch immer eingehalten wird, gibt es heute Steuergeräte, welche anhand der Gaspedalstellung und der Menge an Luft, die in den Motor hineinströmt, die exakte Einspritzmenge an Benzin berechnen können und direkt in den Zylinder einspritzen. Alles wird ständig vom Steuergerät kontrolliert. Die Luft wird gemessen vom sogenannten Luftmassenmesser bzw. vom Luftmengenmesser (bei älteren Motoren). Da das Steuergerät immer wieder neue und aktuelle Daten bekommt, kann das Gemisch immer optimal aufbereitet werden. 

Doch das war nicht immer so. Ein Steuergerät, dass die Einspritzzeiten berechnet und steuert, war vor ca. 20 Jahren noch nicht Standard in der Automobilindustrie und auch vor 120 Jahren, als das Automobil erfunden wurde, gab es noch keine Minicomputer. Ein Steuergerät ist ja quasi nichts anderes. Hier musste die Gemischaufbereitung irgendwie anders funktionieren. Damals war jedes Auto mit einem sogenannten Vergaser ausgestattet. Ein sehr treffender Name, wie ich finde. Das Benzin wird mit der Luft vermengt und es entsteht ein Aerosol - also ein mehr oder weniger fein verteilter Sprühnebel. Wenn wir es etwas platt betrachten: das Benzin wird mit Hilfe der Luft in einen "gasähnlichen" Zustand gebracht, daher Vergaser. Das Benzin wurde damals also nicht direkt in den Zylinder eingespritzt, sondern nahm seinen Weg mit der Luft über die Einlassventile in den Zylinder. Die Luft wurde also mit einer feinen Benzinnote angereichert. 

Da es sich bei der Verbrennung um ein stöchiometrisches Gemisch handelt, finden sich die Beteiligten Edukte (das waren die Ausgangsstoffe vor einer Reaktion) auch von alleine. Es bedarf keines Kontrolleurs, der darauf achtet wie sich Luft und Benzin zusammenfinden. Luft und Benzin können nur in diesem und keinem anderen Verhältnis zur Verbrennung führen (1:14). Aber dadurch, dass hier - aus heutiger Sicht - recht ungenaue Mengen an Benzin mit Luft vermischt werden und es nicht so präzise gesteuert werden kann, läuft ein Motor mal eher dünn (also mit mehr Sauerstoff) und mal etwas fetter (also mit mehr Benzin) und unter Umständen gerät sogar unverbranntes Benzin mit in den Auspuff und gelangt an die Umwelt. Was interessiert es das fertige 14:1 Luftgemisch, wenn doch noch Benzin übrig bleibt? Aber irgendwo muss das Benzin doch hin. Im Zylinder kann es schlecht bleiben. Also wird es mit nach draußen befördert. 

Das ist auch der Grund weswegen der Vergaser heute nicht mehr dem Stand der Dinge entspricht. Er ist vom Prinzip her sehr einfach, kostengünstig und relativ robust, kommt ohne Elektronik aus und funktioniert fast immer, aber mit dieser ungenauen Verbrennung, lassen sich die heutigen Emissionsklassen nicht erreichen. Kein Vergaser-Fahrzeug wird jemals über Euro1 Norm kommen. Daher ist das heutige kontrollierte Einspritzen der Standard. 

Aber nun zurück zum Choke. Der Choke war ein Hebel, der sich im Armaturenbrett befand und über einen Bowdenzug mit der Drosselklappe verbunden war. Die Drosselklappe ist ein mechanisches Bauteil, das aufgrund ihrer Öffnung steuert, wie viel Luft in den Motor fließen kann. Ist die Öffnung groß, gelangt viel Luft in den Motor, ist die Öffnung kleiner, gelangt weniger Luft in den Motor. Die Drosselklappe befindet sich übrigens am anderen Ende des Gaspedals. Tritt man das Pedal aufs Bodenblecht und gibt ordentlich Gas, so fließt auch viel Luft durch die Drosselklappe hindurch in den Motor und andersherum. Die Drosselklappe ist also ein sehr wichtiges mechanisches Bauteil im Motor. 

Wann braucht man nun den Choke? Wir alle kennen das physikalische Phänomen: bei Kälte zieht sich alles zusammen und bei Wärme dehnt sich alles aus. Dieses physikalische Gesetzt gilt auch in unserem Motor. Im Winter ist die Umgebungsluft sehr kalt. Sie ist so kalt, dass sie sich zusammenzieht. Die Luft hat sich bei der Kälte etwas komprimiert. 

Das hat aber nun den Nachteil, dass bei gleicher Öffnung der Drosselklappe im Winter viel mehr Luft in den Motor strömt als sonst. Die Luft ist durch die Kälte ja jetzt komprimiert. Dadurch bekäme der Motor zu viel Luft, da die Kraftstoffmenge gleich bleibt und würde sehr mager laufen. Da im Winter der Motor im kalten Zustand sehr zäh läuft, da Öle und ähnliches ebenfalls recht starr sind, hätte es ein Motor schwer zu laufen. Doch das Phänomen alleine würde ein Motor eigentlich noch nicht vom Anspringen abhalten. Erschwerend kommt vielmehr als Hauptmerkmal hinzu, dass die Innenwände des Zylinders ebenfalls so eisig kalt sind, wie die Umgebungsluft. Dies führt dazu, dass das mit der Luft einströmende Benzin-Luft-Aerosol an den kalten Wänden des Zylinders kondensiert und dort an den Wänden „verschwindet“. Es entstehen kleine Benzintropfen. Es befindet sich im Raum des Zylinders eigentlich nur noch Luft und wenig Benzin. Das stöchiometrische Gemisch von 1:14 ist nicht mehr gegeben und der Motor springt nicht an. Daher ist es wichtig das Gemisch mit dem Choke anzufetten. So ist gewährleistet, dass genügend Benzin im Zylinder ist. Es wird versucht den Kondensationsverlust zu kompensieren. Die Wahrscheinlichkeit, dass genügend Benzin für eine Verbrennung im Zylinderraum ist, ist höher, je fetter das Gemisch ist. 

Wer jetzt denkt, dass es egal ist ob nun das Benzin an der Wand des Zylinders sitzt oder verteilt im Raum, Hauptsache genügend Benzin: der irrt sich. Nur wenn das Benzin gut versprüht ist, kann eine Verbrennung stattfinden. Zur Verdeutlichung: Stellen wir uns mal ein brennendes Ölfass vor. Sicherlich hat hier jeder ein Bild vor Augen. Es brennt nur die Oberfläche. Warum aber nur die Oberfläche und nicht das gesamte Fass? Ganz klar, weil an der Oberfläche genügend Sauerstoff in der Luft vorhanden ist, um stöchiometrisch zu verbrennen. Damit also alles Benzin verbrennen kann, muss genügend Luft in der Nähe sein. Daher ist es zwingend notwendig, dass das Benzin-Luft-Aerosol gut gemischt ist. 

In diesen Situationen benötigt man den Choke. Der Choke ist mittels eines Bowdenzugs mit der Drosselklappe verbunden. Zieht man nun am Choke-Hebel, so wird die Öffnung der Drosselklappe um ein kleines bisschen geschlossen. Es fließt also weniger Luft in den Motor und dadurch kann das Gemisch fetter werden. Der Motor hat also hiermit bessere Chancen im eisigen Winter nicht gleich nach dem Starten wieder auszugehen. Der Choke war also eine wichtige Funktion beim Autofahren mit Vergasermotoren. Heutzutage ist ein Choke allerdings nicht mehr nötig. Die Elektronik regelt alles von alleine und schaltet im Winterbetrieb von alleine die nötigen Maßnahmen ein. Bei manchen Fahrzeugen mit Vergaser musste man früher sogar bei einem Temperatursturz unter einer gewissen Temperatur die Motorhaube öffnen und direkt am Vergaser mittels eines Wahlhebels den Vergaser von Sommer- auf Winterbetrieb umstellen. Wie einfach hat man es doch heute. Bei den Dieselmotoren der neusten Generation muss man sogar nicht mal mehr Vorglühen. Was sind das für Zustände. Wie dekadent . . .

Ich hoffe ich konnte es einigermaßen verständlich erklären, auch wenn dieses hier eine sehr vereinfachte Darstellung ist.  

3 Kommentare:

  1. Meine Güte, das war aber viel Text!!! Da weiß ich sofort wer das geschrieben hat :D

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  2. Ich habe ja auch einen Bildungsauftrag den es zu erfüllen gilt . . . ;-) da darf man keine Kleinigkeiten unter den Tisch kehren ^^

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  3. Hallo Herr Nikograf,

    Mein Handy ist da!!!! Als erstes musste ich zum Schlagzeilenkäfer surfen und meinen ersten Text mit meinem kleinen Wunder nutzen um dir nochmal für die lange aber sehr gut verständliche Erklärung zu danken. Lehrauftrag erfüllt!!! Jetzt hätten nur noch ein paar Bilder gefehlt.

    Hoffentlich hab ich mich nicht zu oft vertippt. Das ist doch alles noch sehr ungewohnt, aber schön. Vom ersten Einsatz als Navi werde ich berichten, wenn es erwünscht ist.

    Ganz viele Grüße
    Jakaster

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