Zum Fahren braucht ein Auto Öl und
Kraftstoff, und zum Anhalten die Bremsbeläge. Während die ersten
beiden Zutaten an jeder Tankstelle schnell nachgefüllt werden
können, muss für die Bremsanlage schon etwas mehr Zeit und Geld
investiert werden sobald sich die Vorräte dem Ende nähern. Wegen
verschlissener Bremsen bekommt der Honda keine neue HU-Plakette
zugeteilt, das ist der Beginn einer neuerlichen Schrauberaktion.
Auf den ersten Blick macht dieser
2009er Honda CR-V einen sehr gepflegten Eindruck und technisch sollte
er auch gut in Schuss sein, schließlich hat er erst 65.000km auf der
Uhr. Mit gutem Vertrauen in den Wagen ging es auf zur
Hauptuntersuchung. Leider haperte es dort schon an den Grundlagen,
die Beleuchtung war nicht in Ordnung und die Bremse am rechten
Vorderrad löste nicht richtig.
Die weitere Untersuchung blieb immerhin
ohne zusätzliche Beanstandungen ab. Aber mit zwei erheblichen
Mängeln kann man einfach nicht durchkommen. Also erstmal die 88€
Prüfgebühr bezahlen und wieder heimkehren. Hier kommen wir ins
Spiel, da die Fachwerkstatt mehrere Hundert Euro für die Reparaturen
verlangt, sollten wir versuchen die Probleme günstiger zu lösen.
Bei einer schnellen Sichtkontrolle und
Probefahrt fiel auf, dass die Bremse einwandfrei verzögert und nur
der ungleichmäßige Bremsbelagverschleiß an der Vorderachse wies
auf ein Problem hin. Der lose Nebelscheinwerfer konnte sofort
repariert werden, auch wenn dafür erstmal das Rad und der
Innenkotflügel demontiert werden müssen. Ganzschön verbaut dieser
Wagen, wahrlich keine gute Idee eine kaputte Glühlampe mal eben auf
der Straße tauschen zu wollen. Dafür kann ich lobend erwähnen das dieser Honda (wie einige japanische Fahrzeuge) eine extra Wagenheberaufnahme vorne Mittig unterm Stoßfänger hat mit dem die komplette Vorderachse mit einem Mal angehoben werden kann. Sehr praktisch weil so das rumgehampel mit den Unterstellböcken erleichtert wird.
Der Bremssattel vorne rechts ließ sich
auf seinen Führungsstiften einwandfrei bewegen und auch der Kolben
kam, nachdem er einmal zurückgestellt war, wieder in Bewegung und
kam wie gewünscht je nach Pedaldruck rein oder raus. Woher das
Problem kam und ob es jetzt verschwunden ist, können wir nicht mit
letzter Gewissheit sagen, aber wir beobachten das ganze weiterhin und
kümmern uns gegebenenfalls darum.
Offenbar hat die Bremse an diesem Rad
schon länger geschliffen, der äußere Belag ist kaum noch halb so
dick wie sein Gegenstück auf der Fahrerseite. Doch mit neuen
Bremsbelägen ist es leider nicht getan, wie die Kontrolle mit dem
Messschieber zeigte sind auch die Bremsscheiben schon so weit
abgefahren, dass sie nicht mehr wiederverwendet werden können. Dann
eben das komplette Programm mit allem was dazu gehört.
Die Teile bekommt man im Internet für
rund 180€, und das in Erstausrüsterqualität! So reduzieren sich
die Materialkosten schon mal um 35% zum Kostenvoranschlag der
Markenwerkstatt. Wenn nichts schief geht müsste die ganze Nummer in
weniger als zwei Stunden ohne Stress und Hektik über die Bühne
gehen.
Als erstes muss wie immer wenn an der
Bremse gearbeitet wird, das Auto aufgebockt und von seinen Rädern
getrennt werden, dann sind der Bremssattel und die Bremsscheiben frei
zugänglich. Mit einem 13er Ringschlüssel die beiden Schrauben lösen
welche den Bremssattel an seinen Führungsstiften halten und diesen
vorsichtig von den Bremsbelägen abhebeln.
Mit einem Stück Draht kann der Sattel
am Federbein angebunden werden und hängt nicht an den Schläuchen.
Danach folgt der Rahmen welcher Sattel und Achsschenkel verbindet,
die beiden Schrauben haben 19mm Schlüsselweite und sind sehr schwer
zu lösen, entweder hat man einen Schlagschrauber, oder man nimmt
eine Hebelverlängerung zur Hilfe.
Beim CR-V sind die Bremssscheiben
praktischerweise einfach auf den Radflansch aufgesteckt und mit zwei
6mm Schrauben gesichert, andere Autos haben Bremsscheiben die
gleichzeitig Teil des Radlagers sind und mit etwas mehr Aufwand
gewechselt werden müssen. Sofern die Schrauen sich lösen lassen,
wird die Scheibe jetzt nurnoch vom Rost an ihrem Platz gehalten.
Ordentlich Kriechöl und ein paar gezielte Hammerschläge sollten
auch dieses Problem schnell lösen.
Bevor die neue Scheibe ans Auto kommen
kann, muss nun die Auflagefläche am Radflansch penibel vom Rost
befreit werden, andernfalls kann die Scheibe schief sitzen und eiert
beim Bremsen, was das ganze Auto erschüttern würde. Die beiden
kleinen Halteschrauben werden mit einem Tropfen
Schraubensicherungskleber handfest angezogen.
Nun gilt unsere Aufmerksamkeit dem
Bremssattelrahmen, welcher die Bremsbeläge festhält und den
Bremssattel trägt. Die kleinen Führungsbleche welche auf dem Rahmen
klemmen werden gegen neue aus dem Paket ersetzt, so sollen die
Beläge reibungslos hin und her rutschen können und nicht anrosten,
zudem werden Geräusche die durch zu losen Sitz der Beläge entstehen
vermindert.
Sobald die Bleche aufgeklemmt sind
(Führungsnasen beachten!) kann der Rahmen wieder montiert werden.
Die Schrauben bekommen natürlich wieder ihren
Schraubensicherungskleber und das vom Autohersteller vorgeschriebene
Drehmoment verpasst (137Nm). Wenn die neuen Bremsbeläge eingesetzt sind,
passt der Sattel nichtmehr darüber, da der Zylinder zu weit
ausgefahren ist. Mit einem Rücksteller oder einem Stück Holz und
einer Schraubzwinge lässt er sich einfach zurückdrücken. Wichtig
dabei ist, dass die Gummimanschette am Zylinder nicht beschädigt
wird und der Bremsflüssigkeitsbehälter im Motorraum nicht
überläuft!
Mit neuem hitzebeständigem Schmierfett
auf den Führungsstiften kann auch der Bremssattel wieder an seinen
Platz gebracht und festgeschraubt werden. Wieder auf
Schraubensicherungskleber und Drehmomente achten (Achtung! Es gibt zwei verschiedene Hersteller für die Bremssättel; Bosch-Sättel bekommen 30Nm, Nissin-Sättel 50Nm). Eine abgerissene
Schraube ist genau so doof wie ein loser Bremssattel. Damit kann die
Arbeit auf der anderen Seite beginnen und wenn alles fertig ist die
Bremse getestet werden.
Dazu -wenn das Auto noch in der Luft
steht und keine Räder montiert sind- das Bremspedal langsam
durchtreten und wiederholen bis das Pedal einen festen Druckpunkt hat
und sich nichtmehr weiter durchtreten lässt. Jetzt das Pedal wieder
loslassen und kontrollieren ob sich die Bremsscheiben mit der Hand
drehen lassen und ob irgendwo Bremsflüssigkeit austritt. Ersteres
muss gegeben sein, zweiteres sollte bloß nicht passieren. Wenn hier
alles in Ordnung ist können die Räder wieder drauf und die
Probefahrt kann beginnen. Dabei zunächst aus langsamer
Geschwindigkeit herunterbremsen und auf ungewöhnliche Geräusche
achten -die hier verwendeten Bremsscheiben von ATE sind beschichtet
und müssen erstmal freigebremst werden bevor sie richtig
funktionieren. Andere Hersteller ölen ihre Scheiben vor dem
Transport ein um Flugrost zu vermeiden, diese müssen vor dem Einbau
mit Bremsenreiniger entfettet werden. Dieser Hinweis gilt für alle
Arbeiten an der Bremse: kein Fett oder Öl auf die Bremsbeläge oder
Scheiben gelangen lassen! Dies verringert die Bremswirkung.
Sobald die Werkstatt in der kommenden
Woche das Licht nochmal richtig eingestellt hat, spricht nichts gegen
eine erfolgreiche Nachuntersuchung und die Erteilung der Absolution
für weitere zwei Jahre. Wie es gelaufen ist, werden wir hier
berichten.
Was eine tolle Seite!
AntwortenLöschenIch bedanke mich für die Info's!
Eine Frage - mein Fahrzeug verbraucht fast so viel Öl wie Kraftstoff. Was mache ich falsch?
Gruß Kevin