Montag, 4. Juli 2016

Neuer Turbo für den Bulli


Die unendliche Geschichte von einem Bulli und seinem Fahrer/Schrauber geht weiter. Nachdem im Herbst 2015 das Automatikgetriebe den Geist aufgegeben hat und teuer überholt werden musste, macht nun ein anderes hochbelastetes Bauteil auf sich aufmerksam; der Turbolader.


Eigentlich hat dieser Bus ein ganz ruhiges Leben und muss nur für gelegentliche Großeinkäufe oder Ausflüge herhalten. Dennoch gehen 140.000km und fast 20 Jahre nicht spurlos an einem hochbelasteten Bauteil wie dem Abgasturbolader vorbei. Nach dem der Turbo sich durch unschöne Geräusche bemerkbar machte, zeigte sich bei der Kontrolle übermäßiges Lagerspiel am Verdichterrad - da hilft nur der Austausch.


Bevor die Arbeit los geht nochmal ein kurzer Einblick in die Funktionsweise; die Abgase eines Verbrennungsmotors wandern im Normalfall ungenutzt in die Umwelt, obwohl sie noch eine gewisse nutzbare Restenergie enthalten. Diese Nutzt der Turbolader um ein Turbinenrad anzutreiben welches über eine Welle das Verdichterrad dreht. So wird deutlich mehr Luft angesogen und unter Überdruck (maximal 0.5bar bei dieser Version) in den Motor gepresst. 


Durch mehr Luft und entsprechend Kraftstoff kann der Motor mehr Leistung liefern. Durch die bis zu 600°C heißen Abgase und hohen Drehzahlen der Welle (bei diesem Motor über 100.000upm) wird das Teil stark beansprucht - dafür wird aus einem 75PS Motor aber auch eine 90-130PS starke Rennmaschine (zumindest fast). 


Wichtig für die lange Lebensdauer ist eine angemessene Fahrweise, so muss nach dem Start erst einmal Öldruck im Lager des Turbo ankommen. Die Welle läuft nur in dem Ölfilm ohne Kugellager oder ähnliches.  Gerade im Winterbetrieb kann ein stark belasteter Turbo schnell Probleme bekommen. 


Nach Fahrtende ist das gesamte Gehäuse mehr oder weniger stark aufgeheizt und bringt das verbliebene Öl in der Zuleitung und im Lager zu verkoken. Mit der Zeit bilden sich Ablagerungen die den Ölfluss behindern bis das Lager irgendwann überhaupt nicht mehr geschmiert wird. Aus diesem Grund ist es gar nicht verkehrt den Motor noch einen Augenblick laufen zu lassen bis sich die Bauteile etwas abgekühlt haben.


Dieser Bulli läuft fast nur im Nahverkehr, entsprechend oft wird der Motor kalt gestartet und bei knappen 100PS auf 2t Lebendgewicht kann man mit Rücksicht auf den restlichen Verkehr nur bedingt aufs Gasgeben verzichten. Woher auch immer, jetzt zeigt sich merkliches axialspiel an der Welle und das ist kein gutes Omen für die zu erwartende Rest-Lebensdauer. 


Der Ersatz vom Teiletresen kostet (im Austausch) samt Kleinteilen schon mehrere hundert Euro - nicht billig und ein Einbau durch die Werkstatt kostet auch noch mal einiges. Dann doch lieber den Samstag investieren und die Sachen in Eigenregie tauschen. Mit dem richtigen Werkzeug und viel Geduld kann es tatsächlich klappen. Bedingt durch die Einbaulage ist eine Hebebühne und ein Helfer von Vorteil.


In diesem Bus arbeitet der 2.5l Fünfzylinder Turbodiesel mit Ladeluftkühler und 101PS (Motorkennbuchstabe AUF). Je nach Motor können sich die einzelnen Arbeitsschritte unterscheiden, darum empfiehlt sich ein Blick in die Einschlägige Werktstattliteratur oder im T4-Wiki. Der grobe Ablauf sieht so aus: Haube auf, Ladeluftkühler sowie Luftfilter und Gebläse Geraffel abbauen bzw aus dem Weg räumen. Unterm Auto die Verkleidung entfernen, das Hosenrohr am Turbo und Schalldämpfer lösen und selbiges abnehmen. Dabei fällt auf das die Verbindung vom Rohr zum Turbo tatsächlich ohne Dichtung auskommt und trotzdem dicht hält.


Am Turbo von oben und unten die Ölleitungen abschrauben. Der Turbo wird nun noch an drei Punkten am Motor gehalten, zwei Muttern von oben am Flansch sowie eine Vielzahnschraube von unten mitten durch den Krümmer. Für diese besitzen VW Werkstätten eine spezielle Vielzahnnuss mit eingebautem Winkelgelenk, ohne hat man deutlich(!) mehr Arbeit. Irgendwann sollte es hoffentlich doch gelingen und der Turbo ist frei. Nun kann er vorsichtig nach oben abgehoben werden.


Im Vergleich zum Neuteil sieht man dem alten Lader die Jahre schon etwas an, hoch oben am Motor gibt es keine Korrossionsprobleme doch der Ölschmier lässt sich nicht aufhalten. Nun kann der Wagen wieder zusammengebaut werden und läuft im Anschluss hoffentlich noch besser als vorher. Denn so bald will sich niemand die Arbeit nochmal machen.

1 Kommentar:

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