Montag, 21. November 2016

Neuer Zahnriemen im alten Kadett


Kaum hat der Kadett seine ersten Kilometer nach jahrelanger Pause erfolgreich zurückgelegt, steht er schon wieder hier auf dem Hof. Aber dieses Mal zur vorsorglichen Wartung; der Zahnriemen und die Wasserpumpe sollen erneuert werden. Wie lange die alten Teile noch durchhalten werden kann niemand so ganz genau sagen und wir wollen doch lieber keinen Motorschaden riskieren.


Abgesehen davon sind die Teile auch gar nicht teuer. Für Zahnriemen und Wapu zahlen wir im Internet keine 35€ - dafür bekomme ich nicht mal Öl für mein Auto. Und weil wir gerade sowieso das Kühlwasser ablassen müssen um an die Pumpe zu kommen, wird es auch getauscht. Bald wird es wieder richtig kalt und wenn nicht genug Frostschutz im Wasser ist könnte uns das teuer zu stehen kommen. Mit allem drumm und drann wurden Teile und Betriebsstoffe für knapp 100€ verbaut (inkl. Batterie).


Vorrausgesetzt alle Teile und Werkzeuge sind bereit, können wir nun eigentlich beginnen. Zurerst noch ein Sicherheitshinweis: die korrekte Durchführung dieser Arbeit ist von größter Wichtigkeit! Wenn die Steuerzeiten nicht genau eingehalten werden, können Kolben und Ventile kollidieren was den Motor zerstört. Sollten Zweifel am eigenen Talent oder Werkzeugfundus bestehen, empfehle ich die ganze Aktion besser an eine Werkstatt zu übertragen. Oder man sucht sich kundigem Beistand und spezielles Werkzeug in der Mietwerkstatt. Bei diesem Wagen reicht normales Werkzeug und die Reparaturanleitung.


Sofern das Auto nicht gerade erst gelaufen ist, fangen wir direkt mit dem abklemmen der Batterie an. Andernfalls muss der Motor zuvor komplett abkühlen, damit wir uns nicht mit dem Kühlwasser verbrühen. Dann folgt der Keilriemen, dazu lösen wir die Klemmschraube der Lichtmaschine und schwenken sie Richtung Kühler. Da die Lichtmaschine den Zugang zur Wasserpumpe ohne Opel Spezialwerkzeug erschwert, wird sie komplett demontiert. Zwei Muttern fixieren Kabel auf der Rückseite vom Gehäuse, darunter sitzt noch die Schraube welche die LiMa am Motor hält. Wenn hier alles abgeschraubt ist kann der Generator komplett abgenommen werden. 


Weil dieser Kadett einfach keine Ausstattung hat, muss der Keilriemen hier wirklich nur dieses eine Aggregat antreiben, in den meisten anderen Autos hängt hier noch die Servopumpe, der Klimakompressor oder die Wasserpumpe mit dran. Manchmal bin ich wirklich dankbar für dieses einfache Kassengestellauto. Jetzt haben wir ein bisschen mehr Platz und können die Zahnriemenverkleidung abbauen, fünf kleine Schrauben sind zu lösen und schon kommt auch dieses Teil an die Seite. Spätestens zu diesem Zeitpunkt ziehen wir die Handbremse an und schalten das Getriebe in den Leerlauf, für den nächsten Arbeitsschritt soll der Motor nicht blockiert sein. 


Jetzt beginnt der wichtige Teil unseres Arbeitsplans; die Kurbelwelle (KW) und Nockenwelle (NW) müssen korrekt positioniert werden und dürfen sich danach kein bisschen verändern, bis alles wieder zusammengebaut ist. Damit wir wissen wo die richtige Stelle ist, befinden sich am Zahnrad der Nockenwelle und an der Kurbelwellen-Riemenscheibe jeweils Markierungen die mit ihrem Gegenstück am Motorblock korrespondieren müssen. Ein Schraubenschlüssel auf der Kurbelwelle erleichtert das Drehen, aber Achtung; es darf nur im Uhrzeigersinn und nur an der Kurbelwelle gedreht werden - nicht an der Nockenwelle! Da KW und NW nicht mit der gleichen Drehzahl laufen, muss man eventuell den Motor nochmal eine volle Umdrehung weiter drehen bis die Markierungen oben und unten passend stehen. Hier sollte man sich wirklich Zeit nehmen und genau arbeiten. 


Sofern alles stimmt und der 1. Zylinder sich im oberen Totpunkt befindet (dafür steht die Markierung auf der KW), legen wir den 4. Gang wieder ein und Schrauben die Riemenscheibe von der KW ab. Das geht am besten von der Radhausschale, wenn die Räder nach rechts eingeschlagen sind. Von hier aus werden nun auch die drei Inbusschrauben entfernt welche die Wasserpumpe im Motor fixieren. Spätestens jetzt sollte auch die ganz große Auffangwanne unterm Auto bereit gestellt werden um den Schwall Kühlwasser aufzunehmen. Ein paar zärtliche Schläge mit dem Gummihammer lösen die Pumpe und schon läuft es bei uns, am Motor hinunter und in die Wanne. Der Zahnriemen müsse sich jetzt einfach abnehmen lassen, wenn nicht hilft eine Wasserpumpenzange (heißt die vielleicht genau deshalb so?) um das exzentrische Pumpengehäuse in ihrem Sitz zu verdrehen bis die Spannung nachlässt. Danach hindern uns nur mehr drei Schrauben daran die Blechverkleidung vor der Wasserpumpe abzunehmen und das ganze Geraffel an die Seite zu legen.


Weil wir ordnungsliebende und gründliche Menschen sind, lassen wir jetzt nicht einfach das Wasser aus dem Motor tropfen sondern helfen mit etwas Pressluft nach um auch möglichst alle Reste aus dem Kühlsystem zu bekommen. Im Anschluss wird der Kühler mit neuem Frostschutzmittel befüllt und das verträgt sich unter Umständen nicht gut mit dem alten Zeug. Auch die Dichtfläche der Wasserpumpe wird von alten Ablagerungen befreit - schließlich wollen wir doch dass die neue Pumpe schön dicht wird und kein Rinnsal entsteht. Dafür haben wir auch extra neue Dichtungen zur Wasserpumpe gekauft, die sind nicht immer im Lieferumfang enthalten!


Eine schnelle Gegenüberstellung noch um sicher zu gehen, dass wir auch die korrekten Teile bekommen haben und schon können wir mit dem zusammenbauen beginnen. Die neue Pumpe kommt samt neuer Dichtung an ihren Platz und die drei Halteschrauben werden erstmal nur leicht angezogen, schließlich muss die Pumpe noch verdreht werden um dem Zahnriemen die nötige Spannung zu geben. Ein etwas anderes System als viele Hersteller verwenden, normalerweise hat der Zahnriemen eine extra Spannrolle die ihn immer ausreichend straff zieht. Danach folgt die Blechverkleidung und erst dann der Zahnriemen. Idealerweise dreht man nun mit der Wasserpumpenzange die Pumpe im Uhrzeigersinn bis der Riemen gespannt ist und zieht die Halteschrauben mit 8Nm an.


Die Riemenscheibe kommt wieder auf die Kurbelwelle und wird mit 55Nm angezogen. Wenn hier alles fest ist, schalten wir wieder in den Leerlauf um den Motor durchzudrehen. Erst nachdem der Motor eine volle Umdrehung gemacht hat, können wir eine Aussage treffen ob die Riemenspannung korrekt ist und ob die Steuerzeiten passen (wenn nicht stossen jetzt Kolben und Ventil aufeinander). Mangels Opel Spezialwerkzeug zur Messung der Spannung, muss das Alternativverfahren angewendet werden; mit Daumen und Zeigefinger soll sich der Riemen am längsten freien Stück (hier zwischen KW und NW) um 45° verdrehen lassen und mit höherem Krafteinsatz bis maximal 90°. 


Sollte alles passen, können wir nun das Kühlwasser auffüllen und alle sonstigen Verkleidungsteile sowie die Lichtmaschine wieder installieren. Sollte die Spannung noch nicht passen kann man die drei Halteschrauben nochmal anlösen und die Pumpe anders drehen. Im Zweifel lieber nicht zu viel drann reissen und den Riemen überlasten. Dann kann endlich der erste Startversuch erfolgen und das Kühlsystem entlüftet werden. In diesem Auto ist das Entlüften keine große Sache und schnell erledigt, einfach Kühlwasser auffüllen, Heizung auf Max und laufen lassen bis das Thermostat öffnet.


Leider hat bei uns, wie so oft im Leben, nicht alles ganz reibungslos funktioniert. Sobald der Motor lief waren deutlich jaulende Geräusche vom Riementrieb zu hören. Auch nachdem wir auf Verdacht nochmal den Keilriemen der Lichtmaschine entfernt hatten (dann läuft der Wagen nur auf Batteriestrom), blieb das Geräusch unverändert. Eine andere Spannung des Zahnriemens bewirkte ebenfalls keine Verbesserung - also nochmal alles auseinander nehmen und die originale Wasserpumpe wieder einbauen. Sofort war der Motor wieder ruhig und lief sauber vor sich hin. Anscheinend war die Pumpe schadhaft, aber mittlerweile sind wir gut trainiert und beim nächsten Mal dauert die Aktion sicher weniger als 60 Minuten.

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