"Es könnte so einfach sein, ist es aber nicht"
Endlich November, endlich wieder Frost und überfrierende Nässe auf dem Weg zur Arbeit. Darüber freuen wir uns eigentlich überhaupt nicht, aber es ist auch mal wieder an der Zeit die Winterreifen aus ihrem Lager zu holen. Eine der wenigen Arbeiten die sich noch immer jeder Autofahrer selbst zutrauen kann - (Autos mit Reifendruckkontrollsystem ausgenommen) wenn nichts schief geht.
Im Frühling machte der Omega Probleme beim Radwechsel als die Sicherungsschrauben der Felgendeckel sich nicht mehr lösen lassen wollten. Nur mit viel Geduld und einigen Kampfspuren ließ sich der Diebstahlschutz doch noch überwinden. Damit sollte dieses Thema ein für alle Mal beendet sein. Was kann jetzt noch schief gehen?
Am Freitag Mittag, bei halbwegs angenehmen Temperaturen stehen drei Autos vorm Haus die auf die Kalte Jahreszeit vorbereitet werden müssen; Jakasters Kobold, der Autogas-Siebener und mein Omega. Genau in dieser Reihenfolge fangen wir auch an. Beim Clio geht es wie immer ganz besonders schnell von der Hand; einmal aufbocken reicht für beide Räder einer Seite und nur vier Radschrauben lassen sich schneller lösen als fünf. Selbst mit Stahlfelgen sind die Radsätze so leicht das man direkt zwei Stück auf einmal schleppen kann ohne ins Schwitzen zu kommen. Sobald der Kleinwagen das Carport geräumt hat und auch das bayrische Dickschiff abgearbeitet ist, kommt endlich mein Auto an die Reihe. Mit vernünftigem Werkzeug und guter Laune geht es ein letztes Mal zur Sache, der Feierabend ist schließlich in Sicht. Mit dem Schlagschrauber lassen sich die ersten paar Radschrauben leicht lösen und schnell sind die frisch geschminkten Winterreifen drauf.
Am rechten Hinterrad jedoch muss der Schlagschrauber deutlich länger ackern bis sich die Schrauben lösen. Aber was solls dafür haben wir den Kompressor doch in der Werkstatt stehen! Das Rad sitzt schon an seinem Platz und die Radschrauben sind in der Hand. Doch was ist das? Eine der Schrauben ist deutlich kürzer als die anderen. Das kann doch nicht richtig sein. Ein Blick auf die Radnabe bestätigt die schlimmsten Befürchtungen; der Radbolzen ist im Gewinde abgerissen. Dreckmist.
Was macht man in so einem Fall am besten? Definitiv erstmal die Ruhe bewahren und nicht mehr aufregen als nötig, so schlimm ist dieser Schaden auch wieder nicht. Immerhin hat das Rad noch vier weitere Radschrauben die alles zusammenhalten können. Aber so lassen können wir es natürlich auch nicht. Also direkt ran ans Werk und schauen dass der Wagen schnell wieder einsatzbereit ist.
Mit einem Körner wird zuallererst die Mitte der abgerissenen Schraube markiert. So kann im folgenden Schritt der 4mm Metallbohrer nicht auswandern oder an der falschen Stelle angesetzt werden, ausserdem kann der Schlag mit dem Hammer helfen die Schraube etwas zu lösen. Wenn das erste Loch gebohrt ist, nehmen wir den 6mm Bohrer zur Hand und wiederholen den Vorgang. Der Versuch ein passendes Torx-Bit mit dem Hammer ins Loch zu schlagen und dann alles rauszudrehen hat leider nicht geklappt, also erstmal wieder Werkzeug holen. Vom ebenfalls heimwerkenden Nachbarn können wir uns einen größeren Linksausdreher samt passendem Windeisen ausleihen. Damit soll, wie der Name schon vermuten lässt, die abgerissene Schraube linksherum ausgedreht werden. Dies ist möglich da die Gewindegänge "falschherum" laufen und sich der Ausdreher immer weiter in das gebohrte Loch frisst, bis irgendwas nachgibt.
Idealerweise wäre das natürlich die Schraube, leider meistens nur der Linksausdreher selbst der nun bombenfest im Loch steckt und sich nicht annähernd so einfach aufbohren lässt. In diesem Fall gab es noch einen dritten Kandidaten dem die Belastung zu viel wurde; das Windeisen. Einfach durchgebrochen. Dreckmist²! Jetzt steckt der Linksausdreher bis zum Anschlag in der Radnabe und kein Werkzeug zum lösen parat. Weder Zange noch Schraubenschlüssel sind stabil genug dafür - ich habs probiert. Auch ein zweites Windeisen ist nicht stabil genug, der Korpus aus Gusseisen ist einfach nicht für diese Belastungen gemacht. Dann bleibt halt alles so wie es ist. Die Felge lässt sich auch in diesem Zustand noch montieren und verlieren kann ich das Teil ganz sicher nicht, so fest wie es jetzt sitzt. Leider hat dieser Plan einen Haken; der Linksausdreher ist deutlich länger als eine Radschraube und seine Spitze ragt durch die Radnabe bis in die Handbremsmechanik hinein. Eine viertelumdrehung vor und zurück, mehr ist nicht möglich ohne das Metall auf Metall trifft. Dreckmist³!
Selbst wenn man nun aufgeben würde, muss der Wagen erstmal in die Werkstatt kommen, ohne zu rollen versteht sich. Also müsste ein Abschleppwagen mit Kran anrücken und alles aufladen. Aber das ist mir zu teuer und ein bisschen Ehrgeiz habe ich immer noch. Dann lieber eine Woche aufs eigene Auto verzichten und im Internet neue Windeisen bestellen. Aus Stahl! In der Größe und Ausführung haben die lokalen Werkzeugläden und Baumärkte ohnehin nichts vorrätig und die Lieferung träfe frühestens am Montag ein. Dann bin ich schon längst wieder weg.
(Eine Woche später, Freitag Mittag) Endlich wieder zuhause und endlich vernünftiges Werkzeug zur Verfügung, jetzt muss es klappen. Mit ordentlich WD40 auf dem Gewinde und etwas Krafteinsatz ist der Linksausdreher wieder draussen. Nochmal versuche ich das nicht. Neuer Plan; aufbohren bis zum Kernlochdurchmesser und ein neues Gewinde schneiden. Das sollte funktionieren, solange ich mittig bohre und keine Fehler mache. Leichter gesagt als getan. Mit einem 8mm Bohrer soll das Loch aufgeweitet werden - mit stumpfen Bohrern ist das gar nicht so leicht und wenn man nicht aufpasst bricht der Bohrer auch noch ab. Zu meinem Glück bleibt er dabei nicht stecken.
Die nächste Stufe ist ein 10mm Bohrer. Das Kernloch müsste theoretisch 10,5mm groß sein für das M12 x1,5mm Gewinde, aber so große Bohrer sind gerade nicht zur Hand. Die Schrauben haben einen gemessenen Aussendurchmesser von 11,4mm - da zwischen müssen wir uns bewegen um die Radnabe nicht zu beschädigen. Mit neuen scharfen Metallbohrern lässt sich wesentlich leichter arbeiten und schnell ist das Loch groß genug. Ohne den passenden Gewindeschneider bleibt jetzt nur noch der Trip zur Werkstatt des Vertrauens. So teuer wie das Teil wäre, kann man auch jemanden dafür bezahlen. Der Mechaniker ist mit dem Problem vertraut und hat das richtige Werkzeug direkt parat - man merkt das es Winterreifensaison ist.
Dank des langen Schaftes muss das Rad noch nicht einmal abgenommen werden. Draussen auf dem Parkplatz geht es zur Sache. Glücklicherweise ist ein Teil vom alten Gewinde noch greifbar, so dass der Gewindeschneider direkt die richtige Spur findet und sich durch die alten Schraubenreste frisst. Ein paar mal vor und zurück damit sich der Span leichter bricht und schon ist alles wieder frei. Wenigstens das hat funktioniert. Nur hört man nun auf dem Heimweg mahlende Geräusche vom Rad. Da sind sicher Späne in der Bremstrommel unterwegs.
Zur Demontage der Bremsscheibe muss der Bremssattel runter, eigentlich kein Problem mit dem Schlagschrauber lassen sich die beiden Schrauben einfach lösen. Bloß muss dazu der Stoßdämpfer aus dem Weg und dessen untere Befestigung lässt sich einfach nicht abschrauben. Jetzt habe ich keine Lust mehr lange zu kämpfen und greife direkt zum Gasbrenner (mein neues Lieblingswerkzeug), damit lässt sich die Schraube etwas aufheizen und schon ist alles wieder leichtgängig. Auch die widerspenstige Arretierschraube der Bremsscheibe wird ohne viel Mitleid aufgebohrt und ein Torxbit mit Hammerschlagpassung sorgt dafür das sie dochnoch gelöst werden kann.
Mit Pressluft und Bremsenreiniger wird nun die Region hinterm Radflansch gründlich gesäubert und von allen Bohrspänen befreit. Bei der Gelegenheit kann ich auch gleich die Handbremsbeläge etwas nachstellen. Danach kommt die Scheibe wieder drauf und der Sattel wird komplett mit Bremsbelägen an seinen Platz geschoben. Die zwei Schrauben bekommen 80NM Drehmoment und einen Tropfen Schraubensicherungsmasse verpasst. Mit einer neuen Radschraube aus dem Autoteileladen kann nun auch das vierte Rad am Wagen wieder vollständig festgeschraubt werden.
Was eine schwere Geburt! Nochmal brauche ich das nicht. Die Ursache für den Schaden vermutet der Mechaniker ist wohl ein bisschen Rost zwischen Schraube und Radnabe. Dafür lasse ich mir in Zukunft was einfallen. Die Schrauben entrosten wir schließlich schon jetzt immer bei jedem Radwechsel.
Was macht man in so einem Fall am besten? Definitiv erstmal die Ruhe bewahren und nicht mehr aufregen als nötig, so schlimm ist dieser Schaden auch wieder nicht. Immerhin hat das Rad noch vier weitere Radschrauben die alles zusammenhalten können. Aber so lassen können wir es natürlich auch nicht. Also direkt ran ans Werk und schauen dass der Wagen schnell wieder einsatzbereit ist.
Mit einem Körner wird zuallererst die Mitte der abgerissenen Schraube markiert. So kann im folgenden Schritt der 4mm Metallbohrer nicht auswandern oder an der falschen Stelle angesetzt werden, ausserdem kann der Schlag mit dem Hammer helfen die Schraube etwas zu lösen. Wenn das erste Loch gebohrt ist, nehmen wir den 6mm Bohrer zur Hand und wiederholen den Vorgang. Der Versuch ein passendes Torx-Bit mit dem Hammer ins Loch zu schlagen und dann alles rauszudrehen hat leider nicht geklappt, also erstmal wieder Werkzeug holen. Vom ebenfalls heimwerkenden Nachbarn können wir uns einen größeren Linksausdreher samt passendem Windeisen ausleihen. Damit soll, wie der Name schon vermuten lässt, die abgerissene Schraube linksherum ausgedreht werden. Dies ist möglich da die Gewindegänge "falschherum" laufen und sich der Ausdreher immer weiter in das gebohrte Loch frisst, bis irgendwas nachgibt.
Idealerweise wäre das natürlich die Schraube, leider meistens nur der Linksausdreher selbst der nun bombenfest im Loch steckt und sich nicht annähernd so einfach aufbohren lässt. In diesem Fall gab es noch einen dritten Kandidaten dem die Belastung zu viel wurde; das Windeisen. Einfach durchgebrochen. Dreckmist²! Jetzt steckt der Linksausdreher bis zum Anschlag in der Radnabe und kein Werkzeug zum lösen parat. Weder Zange noch Schraubenschlüssel sind stabil genug dafür - ich habs probiert. Auch ein zweites Windeisen ist nicht stabil genug, der Korpus aus Gusseisen ist einfach nicht für diese Belastungen gemacht. Dann bleibt halt alles so wie es ist. Die Felge lässt sich auch in diesem Zustand noch montieren und verlieren kann ich das Teil ganz sicher nicht, so fest wie es jetzt sitzt. Leider hat dieser Plan einen Haken; der Linksausdreher ist deutlich länger als eine Radschraube und seine Spitze ragt durch die Radnabe bis in die Handbremsmechanik hinein. Eine viertelumdrehung vor und zurück, mehr ist nicht möglich ohne das Metall auf Metall trifft. Dreckmist³!
Selbst wenn man nun aufgeben würde, muss der Wagen erstmal in die Werkstatt kommen, ohne zu rollen versteht sich. Also müsste ein Abschleppwagen mit Kran anrücken und alles aufladen. Aber das ist mir zu teuer und ein bisschen Ehrgeiz habe ich immer noch. Dann lieber eine Woche aufs eigene Auto verzichten und im Internet neue Windeisen bestellen. Aus Stahl! In der Größe und Ausführung haben die lokalen Werkzeugläden und Baumärkte ohnehin nichts vorrätig und die Lieferung träfe frühestens am Montag ein. Dann bin ich schon längst wieder weg.
(Eine Woche später, Freitag Mittag) Endlich wieder zuhause und endlich vernünftiges Werkzeug zur Verfügung, jetzt muss es klappen. Mit ordentlich WD40 auf dem Gewinde und etwas Krafteinsatz ist der Linksausdreher wieder draussen. Nochmal versuche ich das nicht. Neuer Plan; aufbohren bis zum Kernlochdurchmesser und ein neues Gewinde schneiden. Das sollte funktionieren, solange ich mittig bohre und keine Fehler mache. Leichter gesagt als getan. Mit einem 8mm Bohrer soll das Loch aufgeweitet werden - mit stumpfen Bohrern ist das gar nicht so leicht und wenn man nicht aufpasst bricht der Bohrer auch noch ab. Zu meinem Glück bleibt er dabei nicht stecken.
Die nächste Stufe ist ein 10mm Bohrer. Das Kernloch müsste theoretisch 10,5mm groß sein für das M12 x1,5mm Gewinde, aber so große Bohrer sind gerade nicht zur Hand. Die Schrauben haben einen gemessenen Aussendurchmesser von 11,4mm - da zwischen müssen wir uns bewegen um die Radnabe nicht zu beschädigen. Mit neuen scharfen Metallbohrern lässt sich wesentlich leichter arbeiten und schnell ist das Loch groß genug. Ohne den passenden Gewindeschneider bleibt jetzt nur noch der Trip zur Werkstatt des Vertrauens. So teuer wie das Teil wäre, kann man auch jemanden dafür bezahlen. Der Mechaniker ist mit dem Problem vertraut und hat das richtige Werkzeug direkt parat - man merkt das es Winterreifensaison ist.
Dank des langen Schaftes muss das Rad noch nicht einmal abgenommen werden. Draussen auf dem Parkplatz geht es zur Sache. Glücklicherweise ist ein Teil vom alten Gewinde noch greifbar, so dass der Gewindeschneider direkt die richtige Spur findet und sich durch die alten Schraubenreste frisst. Ein paar mal vor und zurück damit sich der Span leichter bricht und schon ist alles wieder frei. Wenigstens das hat funktioniert. Nur hört man nun auf dem Heimweg mahlende Geräusche vom Rad. Da sind sicher Späne in der Bremstrommel unterwegs.
Zur Demontage der Bremsscheibe muss der Bremssattel runter, eigentlich kein Problem mit dem Schlagschrauber lassen sich die beiden Schrauben einfach lösen. Bloß muss dazu der Stoßdämpfer aus dem Weg und dessen untere Befestigung lässt sich einfach nicht abschrauben. Jetzt habe ich keine Lust mehr lange zu kämpfen und greife direkt zum Gasbrenner (mein neues Lieblingswerkzeug), damit lässt sich die Schraube etwas aufheizen und schon ist alles wieder leichtgängig. Auch die widerspenstige Arretierschraube der Bremsscheibe wird ohne viel Mitleid aufgebohrt und ein Torxbit mit Hammerschlagpassung sorgt dafür das sie dochnoch gelöst werden kann.
Mit Pressluft und Bremsenreiniger wird nun die Region hinterm Radflansch gründlich gesäubert und von allen Bohrspänen befreit. Bei der Gelegenheit kann ich auch gleich die Handbremsbeläge etwas nachstellen. Danach kommt die Scheibe wieder drauf und der Sattel wird komplett mit Bremsbelägen an seinen Platz geschoben. Die zwei Schrauben bekommen 80NM Drehmoment und einen Tropfen Schraubensicherungsmasse verpasst. Mit einer neuen Radschraube aus dem Autoteileladen kann nun auch das vierte Rad am Wagen wieder vollständig festgeschraubt werden.
Was eine schwere Geburt! Nochmal brauche ich das nicht. Die Ursache für den Schaden vermutet der Mechaniker ist wohl ein bisschen Rost zwischen Schraube und Radnabe. Dafür lasse ich mir in Zukunft was einfallen. Die Schrauben entrosten wir schließlich schon jetzt immer bei jedem Radwechsel.
Ich hatte Glück das bei mir der Felgenschloß gehalten hat. Die Bolzen habe ich im Januar bei FOH gekauft, extra um sicher zu sein das nichts passiert
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