Auf nach Essen! Und das schon zum zweiten Mal in diesem Jahr. Nach der Techno Classica im Frühjahr folgt zum Ende der Saison noch die Essen Motor Show. Seit 2009 sind wir nicht mehr da gewesen, aber jetzt ist die Zeit gekommen sich die neuesten Tuningkarren anzuschauen.
Dass es sich bei der Motor Show nicht um eine reine Autotuner Veranstaltung handelt wird schon in der ersten Halle deutlich; statt krass tiefergelegten Neuwagen finden sich hier die Oldtimer zusammen. Zwar schon deutlich älter und meistens im guten bis sehr guten Originalzustand, aber definitiv nicht langsam oder günstig. Bei dem riesigen Aufgebot von Porsche 911 der 80er und Mercedes der Nachkriegszeit fühlt man sich wie auf der Techno Classica. Kein Wunder wenn viele Aussteller zu beiden Terminen ihre Exponate mitbringen.
In den restlichen Hallen wird dann doch wieder deutlich mehr von dem gezeigt wofür die meisten der Besucher auf diese Messe gekommen sind; stark modifizierte Fahrzeuge mit Felgengrößen ab 20 Zoll aufwärts und im besten Falle keinerlei sichtbare Bodenfreiheit mehr. Dank Luftfahrwerk ist selbst so ein Gefährt zumindest in der Theorie noch fahrbar - wobei sich dann die Frage stellt wer andauern die Felgen und den Unterboden putzen will.
Noch weniger Alltagstauglich, aber umso auffälliger sind Lederüberzüge überall am und im Auto. Egal ob Außenspiegel oder kompletter Motorraum. Abgestepptes Leder und Alcantara soweit das Auge reicht. Wer schonmal mit diesem Material arbeiten musste, weiß wie viele Stunden dabei ins Land gehen. Trotzdem sind den Tunern diese Hürden wohl nicht zu hoch wenn es darum geht dem eigenen Vehikel noch mehr Individualität aufzuprägen.
Auffallen um jeden Preis ist nach wie vor das Motto der meisten Fahrzeuge die hier rum stehen. Mit grellen Folierungen, riesigen Felgen und Tieferlegung auf Airbags ist hier die schnelle Show und möglichst wenig Aufwand das Ziel. Dadurch kommen die einzelnen Autos immer weniger zur Geltung und man muss schon genau hinsehen um mal was wirklich neues zu entdecken. Der Opel Combo mit Mittelmotor zum Beispiel oder ein VW Amarok mit Golf R Armaturenbrett sowie umgebauter Heckklappe aus einem alten Caddy.
Selbst vor den ganz teuren Sportwagen und Luxuskarossen macht der Umbauwahn keine Ausnahme, egal ob Maserati Ferrai oder Lamborghini mit aufgetackerten LibertyWalk oder Rocketbunny Anbauteilen (und den obligatorischen Riesenfelgen) stehen auch diese Preziosen auf der Messe herum und ich stelle mir die Frage; wer macht sowas? und wer kauft sowas? Andererseits werden hier gebrauchte Ferrari F430 zum Preis eines neuen Q7 verkauft, da bleibt wohl noch etwas Budget für Umbaumaßnahmen.
Wem der Sinn nach mehr Motor und weniger Show steht, kann sich in Halle 6 das Trommelfell wegblasen lassen. Hier heizen die Drifter um den Indoorparcours, mal allein und mal als Tandem. Selbst auf dieser kurzen Strecke erreichen die Fahrer schon ordentliche Geschwindigkeiten und lassen die Rauchwolken aufsteigen. Neben den typischen Japanern finden sich auch echte Einzelstücke wie der niederländische Manta B mit BMW Motor.
Zur Beruhigung der Ohren gehts im Anschluss weiter in eine der Hallen mit Zubehörhändlern. Egal ob Felgen, Scheinwerfer oder HifiZubehör - hier wird wirklich alles angeboten. Von teuer bis günstig und legal bis scheißegal - und es sind genügend Leute mit ihrem Einkauf auf der Schulter über die Messe gewandert. Das Geschäft scheint zu laufen, besonders mit Teilen die schnell und einfach installiert werden können.
Diese Entwicklung hat mittlerweile alle Bereiche des Tunings erreicht; wo möglich wird alles über die Elektronik geregelt, die Finger muss man sich nur im Ausnahmefall schmutzig machen. Leistungssteigerung per Chiptuning ist schon ein alter Hut, die elektronische Tieferlegung eines Serienfahrwerks per Steuergerät zur Zeit bei jedem Händler im Angebot. Ganz neu und viel gefragt sind Aktivsound Auspuffanlagen die selbst dem schmalsten Turbodiesel noch ein sattes V8-Blubbern andichten können. Sowas kann man als Betrug empfinden oder dankbar sein dass der Wagen auf Knopfdruck wieder flüsterleise sein kann.
Apropos Elektronik, es fällt vielleicht schwer zu glauben aber auf der Motor Show sind auch Autos ohne Verbrennungsmotoren willkommen. Aktuelle Elektromobile und Hybridfahrzeuge stehen direkt neben einer Kollektion Ferraris und wirken gar nicht Fehl am Platz - nur die entsprechenden Tuningteile lassen derzeit noch auf sich warten. Bis dahin müssen andere Felgen und wilde Folierungen erstmal reichen. Und vielleicht findet dann noch jemand raus wie man am besten die fette Stereoanlage im Kofferraum an die Fahrbatterie anschließen kann.
Mein persönliches Highlight waren die vielen kleinen Hersteller mit selbst entworfenen Rennwagen (Donkervoort, Radical) und Rinspeed mit einer ganzen Palette von einzigartigen Entwürfen die kein Hersteller so auf die Straße bringen würde und damit mal wieder beweisen was falsch läuft in der Welt. Hoffentlich wird sich das in Zukunft noch ändern und diese Schönheiten kommen raus in die Realität.
Vor lauter Spoiler und Sponsorenaufklebern fallen die echten Rennwagen zwischen all den Straßenautos kaum noch auf, aber wenn man sich die alten DTM Boliden und Rallyeautos anschaut wird erst so richtig deutlich welche riesigen Fortschritte die Technik gemacht hat. Komplexe Fahrwerke und Bremsanlagen die damals der neueste Stand waren, stecken heute schon in normalen Serienautos - von den getunten Sportmodellen ganz zu schweigen. Auch bei der Motorleistung holen die Normalos immer weiter auf, mit Turboaufladung und der richtigen Software kann ein Audi TT RS mehr Leistung haben als der 92er Audi V8 DTM. Auf diesem Zusammenhang von Motorsport und Straßenauto reiten in diesem Jahr besonders Ford und BMW herum.
Am Ende des Tages lässt sich eines mit Sicherheit sagen; hier ist für jeden was dabei. Selbst wenn es ein historischer Trecker sein soll. Wenn der Wunsch besteht kann man sich noch direkt auf der Messe von den meist fachkundigen Ausstellern beraten lassen welches Teil nun am besten zum eigenen Auto passen würde. Schon darum ist so ein Ausflug angebracht - die Bilder im Katalog erzählen doch nie die ganze Geschichte. Das ist auch mein Abschlussfazit, am besten kommt man einfach mal selbst nach Essen und schaut sich das Spektakel mit eigenen Augen an.
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