Montag, 7. März 2016

Ist das Stufenheck tot?


Wenn wir im Straßenverkehr die Augen aufhalten, können wir etwas feststellen: Heutzutage fahren überwiegend Fahrzeuge mit Steilheck auf unseren Straßen. Die klassische Stufenhecklimousine erblickt man kaum noch. Wie der Spiegel bereits im Jahr 2006 zitierte, waren damals laut Zulassungsstatistik bereits nur noch knapp 10% der zugelassenen Fahrzeuge hierzulande Stufenhecklimousinen. Die Atraktivität dieses Fahrzeugaufbaus ist innerhalb der vergangenen Jahrzehnte drastisch zugunsten anderer Erscheinungsformen gesunken. Doch warum ist das so? Versuchen wir uns mal ein paar subjektive Gedanken zu machen . . .


Selbstverständlich haben Schräg- und Steilheckfahrzeuge enorme Vorteile, was die Variabilität und auch Flexibilität betrifft. Nicht nur, dass man beim Kombi als Urform der variablen PKW die Rücksitze umklappen und zum Stauraum umfunktionieren kann. Im Fall des Falles lassen sich in (Mini)Vans im Kofferraum sogar zwei weitere Sitze hervorholen, so dass hier zwei weitere Gäste Platz finden können. Keine Frage, die Praktikabilität ist viel höher als bei einer Stufenhecklimousine. Doch braucht jeder so viel Praktikabilität und Variabilität?


Ein Blick in die Historie des Automobilismus zeigt, dass das Stufenheck noch vor wenigen Jahrzehnten der Standardaufbau für die meisten Fahrzeuge war. Vor der Markteinführung eines Kombi-Modells liefen zuerst die Stufenheckmodelle von den Produktionsbändern, und zwar bereits mehrere Monate oder sogar Jahre vorher. Kleinwagen wie Polo und Corsa gab es ebenfalls in Stufenheckausführung. Mittelklassefahrzeuge wie der Opel Vectra A wurden bewusst nur als Stufenheckversion angeboten. Kurzum: das Stufenheck war beliebt. Dabei spielte es auch scheinbar keine Rolle, ob es sich um eine Premium-Marke handelt oder nicht. Auch im Hause Mercedes war eine Stufenhecklimousine der Standard. Woher kommt also dieser Sinneswandel?


Laut Spiegel-Artikel ist es die Konsequenz eines stetigen gesellschaftlichen Wandels, der dem Ausdruck nach Individualität, Erlebnislebensführung, Flexibilität und Variabilität gerecht wird, was eine Stufenhecklimousine in der Form scheinbar nicht erfüllen kann. Da trotz der Preisatraktivität von Stufenhecklimousinen die Wahl der Käufer auf andere Karosserieformen fällt, können wirtschaftliche Gründe ausgeschlossen werden. Es scheint daher neben der vom Spiegel angeführten Wandlung der gesellschaftlichen Haltung und Einstellung kaum weitere Gründe zu geben. Es stellt sich nun die Frage, ob es wohl einen Zeitpunkt gibt an dem man einen Umbruch in der Denkweise festmachen kann.


Immer wieder liest und hört man, dass der Mercedes W123 der erste "Lifestyle"-Kombi sei, mit dem sich junge und begeisterte Amateur-Sportler und andere Enthusiasten mit überdimensionierten Hobbys jenseits der kleinbürgerlichen Welt an Heim und Herd selbstverwirklichen können. Nicht zuletzt wird im hauseigenen Filmmaterial zur Geschichte von Mercedes-Fahrzeugen dieses Bild propagiert (Hier könnte man sicherlich weiter forschen, indem man Fahrzeugwerbungen analysiert). Ausgehend vom Statussymbolcharakter eines Automobils, könnte man diese vom Spiegel angeführte Entwicklung durchaus bejahen. Der Wunsch einer Selbstverwirklichung spiegelt sich im Automobil wieder. Hierbei scheint insbesondere die Vielseitigkeit (also das nicht festgelegt sein auf etwas) eine große Rolle zu spielen. Neben der Möglichkeit also im Falle des Falles die Variabilität und Praktikabilität des Fahrzeugs ausnutzen zu können und uns dadurch keine Grenzen zu setzen, spielt also die Selbstwahrnehmung und Selbsteinstellung eine große Rolle. 


Es scheint, als finden unsere Wünsche, Wahrnehmungen, und Gedanken, Gefühle und letztendlich unser Selbstkonzept bei der Wahl der Karosserieform eine viel größere Rolle, als dies die bitteren Fakten eh schon unterstreichen können. Mit diesem Blick, sind die Chancen auf eine Zukunft für das Stufenheck eher düster. Doch was heißt das nun für den Schlagzeilenkäfer? Bei uns im SZK-Fuhrpark ist die Quote an Stufenheckfahrzeugen deutlich höher als im Straßenverkehr (2x E38, 1x Omega B, 1x Vectra A, 1x Audi A4). Wenn wir unsere ehemaligen Fahrzeuge ebenfalls mit einbeziehen steigt unsere Qoute noch mehr (1x E32, 1x Mitsubishi, 1x Omega). Insofern lässt sich schonmal sagen, dass wir nicht gerade Trendkonform sind. Doch was für ein Gefühl, Einstellung, Wahrnehmung und Selbstkonzept steckt dann hinter der Entscheidung eine Stufenhecklimousine zu fahren? Sind Stufenheckfahrer weniger individuell und flexibel? Fallen diese unter den übrigen Steil- und Schrägheckfahrern nicht sogar viel individueller auf? 


Fragen über Fragen, die euch Anreiz bieten sollen mal darüber nachzudenken, ob nicht vielleicht das Stufenheck in den vergangenen Jahren marketingtechnisch vernachlässigt worden ist und es sich bei der ganzen Misere "nur" um ein Imageproblem handeln könnte . . . . 

1 Kommentar:

  1. Das es keine Schande ist mehr zu haben als man braucht, für den Fall wenn man es eben doch mal braucht, habe ich immer schon gesagt. Doch in den letzten paar Jahren gab es nur ein paar mal die Situation in der mir ein Kombi tatsächlich geholfen hätte; entweder kriege ich es son in den Kofferraum oder es ist gleich so groß dass ein Anhänger her muss.
    Comickus

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