Freitag, 30. September 2016

Auf der IAA Nutzfahrzeugmesse 2016


Auch in diesem Jahr waren wir wieder in Hannover auf der Nutzfahrzeugmesse. Wo sonst kommt man so leicht hinters Steuer der neuesten Fahrzeuge aller großen Hersteller und sieht woran die Zulieferer gerade mit Hochdruck arbeiten. Die wichtigsten Entdeckungen haben wir hier mal zusammengetragen.



Morgens um zehn Uhr betreten wir das Freigelände und bahnen uns den Weg durch die Reihen von Tiefladern, Holztransportern, Containerchassis und Silofahrzeugen bis zur Halle 27. Dort stehen viele kleinere Aufbauhersteller und Sonderfahrzeugkonstrukteure mit den neuesten Entwicklungen. Besonders interessant war der ausfahrbare Heckspoiler für Auflieger. Das insgesamt 90kg schwere Teil verlängert bei höheren Geschwindigkeiten das Fahrzeug um knapp 50cm. Obwohl die Paneele relativ klein sind und nicht die ganze Höhe vom Anhänger erfassen, sollen sie doch einen spürbaren Aerodynamikvorteil liefern. Mal abwarten wann das Teil in die Serie findet.


Ein paar Gänge weiter steht ein Mercedes Sprinter als Mini-Sattelzugmaschine mit passendem Auflieger. Das Gespann bietet einige Handfeste vorteile zum normalen 7,5t Solo-LKW. Da der Zugwagen unterhalb der 3,5t Grenze läuft, reicht zum Fahren ein normaler BE/3er Autoführerschein aus. Auch das Sonntagsfahrverbot gilt nicht für Sattelzüge unter 7,5t - in Verbindung mit der langen durchgehenden Ladefläche sowie mehr Nutzlast als ein konventioneller Lastwagen. Dieses Fahrzeug dient einer Monteurskolone als Dienstfahrzeug mit dem sie bis Samstag Nachmittag arbeiten und dann am Sonntag legal (und ohne Maut) nach Hause fahren.


Weil nicht alle Ladung auf kleineren Fahrzeugen untergebracht werden kann, versuchen sich die Fahrzeugbauer und Spediteure immer weiter daran den bestehenden Konzepten mehr Nutzlast abzutrotzen. Egal ob durchlöcherte Rahmen, Sandwichplatten für Kofferaufbauten oder Muldenkipper die nurmehr aus Wanne und Fahrwerk bestehen - das muss alles leichter werden. Oder länger, das ist der zweite Wunsch den alle haben. Wenn schon der 25m Lang-LKW in Deutschland auf wenig Akzeptanz stößt, wäre ein um 130cm längerer Auflieger vielleicht noch eher realisierbar.


Neben diesen altbekannten und allgegenwärtigen Themen sind die steigenden Anforderungen für das Abgasverhalten der Motoren und ihr Kraftstoffverbrauch die wichtigste Herrausforderung für alle Hersteller. Erdgasmotoren könnten eine mögliche Lösung sein - wobei die aktuellen Schlagzeilen die Technik leider in Verruf gebracht haben - und für den Stadtverkehr böte sich ein Elektrofahrzeug an. Damit kann auch mitten in der Nacht oder früh am Morgen lautlos und lokal Emissionfrei ausgeliefert werden. 


Doch auch die modernsten und sparsamsten Zugmaschinen benötigen nach wie vor einen menschlichen Fahrer der Stundenlang hinter dem Steuer sitzt und die Fuhre zwischen den weißen Linien hält ohne dem Vordermann zu dicht auf die Pelle zu rücken. Dafür gibt es zwar schon einige mehr oder weniger gut akzeptierte Fahrassistenzsysteme doch ein vollständig eigenständig agierendes Nutzfahrzeug auf öffentlichen Straßen ist noch weit weg von der Realität. Stattdessen konzentrieren sich die Entwickler darauf den Fahrer zumindest bei den ganze monotonen Aufgaben so weit wie möglich zu entlasten. Entweder alleine oder im Convoy, bei dem sich alle einreihen und nur der erste Fahrer wirklich arbeiten muss.

Bis vor die eigene Haustür schaffen es aber auch die besten autonomen Fernverkehrslkws nicht. Dafür sind kleine Verteilerfahrzeuge und Lieferwagen notwendig. Diese letzte Meile sollen nach dem Willen der Konstrukteure entweder Flugdronen oder mitgeführte Emobile übernehmen die sich wie bei einem Flugzeugträger nur bedingt vom Mutterschiff entfernen können, aber dafür leise und wendig sind. Die Deutsche Post ließ bei der RWTH genau für ihre Zusteller ein eigenes Elektromobil entwickeln das mittelfristig in größerer Stückzahl die üblichen Diesel-Postautos ersetzen soll.


Mal abgesehen von den richtig großen LKW, in die sich jeder mal reinsetzen muss weil man selten die Gelegenheit dazu hat, tummeln sich viele Besucher ganz interessiert um die Pickups welche mittlerweile wieder fast jeder Hersteller im Programm hat. Mit dem überraschenden Markterfolg des VW Amarok haben auch Renault und Fiat den Mut gefunden sich in dieser Sparte aufzustellen. Zwar nur mit umettiketierten Nissan Navara (Renault Alaskan) bzw Mitsubishi L200 (Fiat Fullback), aber die bewährte Technik ist sicher kein Nachteil. Leider werden sämtliche Pickups primär als Liftestyle Fahrzeuge mit beschränktem Nutzwert angeboten oder als radikal umgebaute Spezialversion für Rettungskräfte, ein niederländisches Unternehmen hat sich zwei zusätzliche Varianten des VW Amarok einfallen lassen; mit zwei möglichen verlängerten Ladeflächen passt nun auch ein Motorrad hinten drauf oder wahlweise die große Wohnkabine für mehr als zwei Erwachsene. 


Im Gespräch mit den Ausstellern waren wir immer wieder positiv überrascht über die Fachkompetenz und Offenheit mit der man unsere Fragen beantworten konnte. Egal ob Ford, Bosch, Mahle oder ein kleiner Fahrzeugbaubetrieb. Mit verdientem Stolz auf die eigene Arbeit verstecken sie sich nicht hinter leeren Worthülsen sondern erklären was sie tun und warum es so am besten ist. Selbst die Hostessen bei den größeren Ständen kennen sich mit der Materie aus und dienen nicht bloß zur Dekoration. Wenn dann auch noch einer der Entwickler von dem einen oder anderen Aggregat zufällig daneben steht kann man sich wirklich tiefergehende Einblicke in die Hintergründe verschaffen. Allein dafür hat es sich schon gelohnt wieder hierher zu kommen.


Den Abschluss unseres Messetages bildet die Halle 22 wo sich gefühlte 90% des Chrom und der Haubenfahrzeug hin verzogen haben. Hier stehen die Oldtimer und US Trucks im Mittelpunkt. Und wieder fällt auf wie alt manche der Ideen sind mit denen man sich ganz aktuell wieder beschäftigt. Egal ob Lang-LKWs mit zwei Anhängern vollintegrierte Fahrerkabinen mit aerodynamischer Form oder Holz-Leichtbau - das gab es alles schonmal. Nur das die neue Technik und Erkenntnisse der letzten 40 Jahre die Sache noch besser machen können.  Davon überzeugen wir uns dann hoffentlich beim nächsten Mal - auf der IAA 2018.

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