Freitag, 21. Oktober 2016

Erste Lebenszeichen nach 2 Jahren Standzeit


Nachdem der geschenkte Gaul ein paar Monate draußen auf der Wiese ausharren musste, ist jetzt endlich die Zeit gekommen ihn wieder startklar zu machen. Wenn das Auto jemals wieder auf die Straße soll, müssen Motor Karosserie Bremsen und Fahrwerk in Ordnung sein. Damit es keine bösen Überraschungen gibt fangen wir mit einer gründlichen Bestandsaufnahme aller wichtigen Baugruppen an.


Die durchgerostete Karosserie wird uns mittelfristig wohl die meiste Arbeit machen. So viel steht schon fest während der Wagen noch auf dem Anhänger festgezurrt wird. Bei unserer letzten Begegnung stand der Kadett noch im halbdunkel der Garage, jetzt bei hellem Sonnenschein und dem Schweller auf bequemer Arbeitshöhe fallen die bröseligen Blechpartien sofort ins Auge. Im Nachhinein wäre es sicher schön gewesen diese Inspektion schon vor dem "Kauf" zu machen, aber im schlimmsten Fall brechen wir die ganze Aktion ab und haben doch kein Geld dabei verloren. Geschenkt ist geschenkt!


Zuhause angekommen zeigt sich mal wieder wie anstrengend es sein kann ein ganz alleine ein Auto mit vier ziemlich platten Reifen und mindestens einer festsitzenden Bremse zu schieben. Aber solange der Motor nicht läuft habe ich keine Alternative. Darum beginne ich auch hier mit der Arbeit. Sollte die Maschine irgendwelche gravierenden Schäden aufweisen hat es keinen Sinn sich mit den restlichen Komponenten auseinanderzusetzen.


Schon der alte Golf III eines Bekannten war nicht nur ein bisschen störrisch als er nach gut zwei Jahren Standzeit wieder starten sollte. Unbedachtes Handeln kann große Schäden provozieren auf die wir gut verzichten können. Darum gehen wir lieber methodisch vor und bringen den Motor schonend wieder in Schwung. Zunächst mal werden alle Betriebsflüssigkeiten inspiziert; Kühlwasser ist drin und das Öl sieht nicht so furchtbar aus wie man meinen sollte. Da habe ich schon fahrende Autos gesehen mit schlimmerer Brühe in ihrer Ölwanne. Soweit so gut, nun ist die Zündanlage dran. 


Offenbar handelt es sich bei der Verteilerkappe und den Zündkabeln nichtmehr um die Originalteile, was erstmal keine schlechte Sache ist. Ein Blick auf die Kontakte in der Kappe zeigt starke Ablagerungen die mit Schleifpapier und Bremsenreiniger beseitigt werden wollen. Wenn hier kein Funke sauber überspringt hat man sicher keinen gut laufenden Motor. Ganz ähnlich sehen die Zündkerzen aus nachdem sie nach Jahren mal wieder Tageslicht zu sehen bekommen; Grünspan auf den Kupferlektroden. Abgesehen davon scheint der Motor bis zum Ende ganz ordentlich verbrannt zu haben. Wieder hilft etwas Schleifpapier zumindest mittelfristig guten Funken zu gewährleisten. 


Die Batterie ist wie nicht anders zu erwarten war komplett entladen und alle "intelligenten" Ladegeräte im Fundus wollen nichtmal versuchen ihr etwas Leben einzuhauchen. Da hilft nur der Totmacher, so heißt unser Uralt-Ladegerät das ohne Rücksicht auf Verluste Strom schiebt - zur Not auch bis die Batterie überkocht. Schauen wir einfach mal was passiert, im schlimmsten Fall muss eben eine Neue her. Bei dem bescheidenen Strombedarf tut es auch die ganz Kleine für 30€ vom Grabbeltisch. Im BMW wäre sowas unmöglich gewesen.


Während das Ladegerät seinen Job macht,  geht es für mich weiter mit dem Motor. Wo die Zündkerzen schon mal draussen sind, kann ich direkt einen Schuss Kriechöl in die Brennräume sprühen und einwirken lassen. Man könnte sicherlich auch einfach den Anlasser betätigen, aber wenn die Kolbenringe an den Zylinderwänden festgerostet sind, hat ein gewaltsames Losbrechen langfristige folgen für die Motorlebensdauer. Darum gehen wir auf Nummer sicher und lassen uns Zeit.


Das heißt selbstverständlich nicht das wir tatenlos herum sitzen und Däumchen drehen. Die Unterbrechung nutzen wir um die Reifen stramm aufzupumpen und zu schauen welche Bremse nun festsitzt. Den Schleifgeräuschen nach zu Urteilen muss es das linke Vorderrad sein, also hoch mit dem Auto und runter mit dem Rad. Der äußere Bremsbelag ist schon fast bis auf den letzten Millimeter abgenutzt, aber die Scheibe sieht noch gut aus. Mit dem Schraubendreher zwischen Scheibe und Belag lässt sich der Kolben ein kleines Stück zurückdrücken und schon dreht das Rad frei. Das ist natürlich nicht die endgültige Lösung für unser Problem, aber es erleichtert mir das Rangieren ungemein.


Bevor noch irgendwas anderes passiert, wird der nun wieder rollfähige Opel jetzt endlich mal wieder gewaschen! So macht die Arbeit doch keinen Spaß wenn alles voller Baumharz ist und permanent Insekten aus den Fugen krabbeln. Abgesehen davon erleichtert ein sauberes Auto die Fehlersuche (in diesem Fall die Suche nach Roststellen). Dankenswerterweise ist es in unserer Gemeinde legal sein Auto Zuhause zu waschen, zwar nicht mit dem Dampfstrahler oder mit Reinigungsmitteln aber für die erste Wäsche reicht auch der Hochdruckreiniger. Schließlich stand der Kadett fast vier Monate auf der Wiese bis er abgeholt wurde (immerhin auf einer Plane so dass die Feuchtigkeit am Unterboden keine Spuren hinterließ) und das merkt man am Grünbewuchs und Laub in allen Ecken der Karosserie. 


Nach der Wäsche ist das Auto nicht nur sauber und hat ein bisschen von seinem alten Glanz wieder gefunden (ob Opa den wohl mal poliert hat?), wir wissen jetzt auch das er noch immer wasserdicht ist. Das ist keine Selbstverständlichkeit, auch nicht bei jüngeren Autos im SZK Fuhrpark. Ohne den Staub auf den Fenstern wirkt der Wagen von innen noch immer Neuwertig, genau wie damals in der Garage. Allein schon dafür lohnt es sich dem Wagen etwas Arbeit zu widmen und ihn nochmal auf die Straße zu bringen.


Am nächsten Tag ist die Karosserie abgetrocknet und das Kriechöl sollte fertig gekrochen sein. Mit einer Ersatzbatterie unter der Haube könnten wir jetzt eigentlich mal einen Startversuch wagen. Laut Anzeige ist der Kraftstofftank fast Randvoll und so wie der Sprit riecht ist er noch nicht so alt. Und falls das Benzin doch nicht mehr taugt, läuft so ein Motor auch nur mit Starthilfe-Spray halbwegs rund. Die Zündkerzen müssen wir dafür natürlich wieder einbauen, aber zuvor setze ich nochmal den 17er Schlüssel auf die Kurbelwellenriemenscheibe und teste ob sich alles frei drehen lässt. Wie erhofft lässt sich die Kurbelwelle ohne Geräusche oder hakeln durchdrehen. Nun drehen wir den Zündschlüssel mal eine Stufe weiter und lassen den Anlasser orgeln bis die rote Warnlampe für zu geringen Öldruck erlischt. Damit ist gewährleistet, dass der Motor an allen Stellen mit Öl versorgt ist bevor er richtig startet. Gerade nach so langer Standzeit braucht das Öl eine ganze Weile bis es ankommt. Im Vertrauen darauf das keine Nagetiere ihr Zuhause im Endschalldämpfer gefunden haben, bereiten wir nun alles für den Start vor.


Ohne Luftfilterkasten auf dem Vergaser haben wir freien Blick auf die Drosselklappe und den Choke. Beide müssen freigängig sein, nicht dass uns der Motor sofort hoch dreht weil das Gaspedal in Vollgasstellung hängen bleibt. Ein paar Tritte aufs Pedal sorgen dafür das der Pierburg Vergaser eine kleine Menge Kraftstoff direkt in den Ansaugkanal sprüht. Damit ist alles getan was zu tun ist und wir drücken die Daumen das der Motor ohne Zurhilfenahme von Starthilfe-Spray anspringen wird. Mit Kerzen im Motor muss der Anlasser sich schon ein bisschen mehr ins Zeug legen um den Motor durchzudrehen doch schon nach der zweiten oder dritten Umdrehung zündet der Sprit und die Maschine läuft! Ohne Gefummel und ohne Hilfe! Wer hätte das Gedacht, aber ein alter Opel ist nicht ohne Grund für seine Zuverlässigkeit bekannt. Sicher läuft der Motor noch nicht perfekt und der Vergaser müsste mal gereinigt werden. Aber für heute sind wir einfach nur sehr zufrieden.  

Beim nächsten Mal befassen wir uns eingehend mit der Karosserie. Jetzt wo der Motor läuft haben wir einen Grund weiterzumachen. Es besteht Hoffnung für unseren Kadetten.

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