Freitag, 3. November 2017

Gespanne und Kuppeleien VI


Der letzte Beitrag zur Gespanne&Kuppeleien Reihe liegt schon eine ganze Weile zurück. In der Zwischenzeit hat sich zwar so einiges auf gesetzlicher Ebene geändert (Ergänzungen im jeweiligen Artikel), aber nichts wirklich grundlegendes um ein weiteres Kapitel anzufangen. Jetzt ist es wieder soweit; mit dem Anhänger ins Ausland lautet unser aktuelles Thema. Tatsächlich gibt es dabei schon innerhalb der EU einige wichtige Unterschiede die es zu beachten gilt. Was genau, lest ihr hier.



Die wichtigste Grundlage zuerst; das Wiener Übereinkommen zum Straßenverkehr von 1968 schreibt vor, das alle Staaten die sich dem Vertrag anschließen es jedem Fahrzeug aus anderen Mitgliedsstaaten gestatten ihr Hoheitsgebiet zu befahren, so wie sie in ihrem Heimatland legal zugelassen sind - auch wenn die Vorschriften im Gastland vielleicht einer Zulassung im Wege stehen. Das bedeutet das ein Autofahrer sein Auto nicht extra anpassen muss um damit im Ausland fahren zu dürfen (von solchen Dingen wie dem asymmetrischen Abblendlicht für Links/Rechtsverkehr mal abgesehen). Dennoch gibt es Staaten die dieses Übereinkommen strenger auslegen als Deutschland, so zum Beispiel die Art und befestigung von Abreißleinen an Anhänger und Zugfahrzeug. Dreh und Angelpunkt ist dabei die Neuregelung vom 1. November 2014, an diesem Tag entfiel die alte Richtlinie 94/20/EG und wurde durch ECE-R55 ersetzt, diese schreibt vor das alle neuen Anhängekupplungen über eine Öse/Aufnahme für das Fangseil verfügen müssen. Fahrzeuge ohne diese Öse müssen entsprechend modifiziert werden.


In den Niederlanden genügt es nicht das dünne Drahtseil der Handbremse einfach um die Kugelstange zu schlingen, es muss zusätzlich gegen abfallen gesichert werden. Der Hintergrundgedanke ist, dass die Deichsel beim Lösen der Kupplung unter Umständen nach oben schnappen und das Seil einfach von der Kugelstange ziehen könnte - die Notbremse wäre dann wirkungslos. Sofern man ein etwas jüngeres Fahrzeug (oder eine neuere nachträglich installierte Anhängekupplung hat) sollte an der Kugelstange selbst oder an der Konsole eine Öse oder Langloch vorhandensein durch das die Leine ebenfalls gezogen werden muss. Ist nichts derartiges vorhanden, kann man sich im Anhänger-Zubehör eine entsprechende Nachrüstlösung besorgen und an der Kugelstange festschrauben. Dabei ist es für die niederländischen Behörden irrelevant ob es sich um eine starre oder abnehmbare/schwenkbare Kupplung handelt. Es macht natürlich viel Sinn das Seil an einem festen Teil des Autos zu verbinden um eine zusätzliche Sicherung zu haben, falls die Kugelstange aus welchen Gründen auch immer doch mal abfallen sollte.


Ungebremste Anhänger müssen in den Niederlanden ebenfalls gegen Verlieren gesichert werden. Diese "Losreißvorkehrung" besteht schlicht aus einem dickeren Stahlseil oder Kette das den Anhänger am Auto hält, wenn die reguläre Kupplung versagt. Auch diese dürfen nicht einfach um die Kugelstange geschlungen werden sondern müssen besonders gesichert sein. Inwieweit ein losgerissener Trailer sich vom Zugfahrzeug entfernen darf, bevor die Leine zu ende ist, wird nicht weiter beschrieben. Die im Handel verfügbaren Nachrüstteile lassen jedenfalls nur geringe Abstände zu und wenn die entsprechende Öse nicht direkt an der Kugelstange ist, muss man das Seil unter Umständen noch verlängern. 


In Österreich verhält es sich im Grunde ganz ähnlich zu den Vorgaben der Niederlande. Alle Anhänger müssen eine Verliersicherung haben, die Ungebremsten eine Kette oder ausreichend dickes Stahlseil und die Gebremsten ein Abreißseil. Wie das Seil am Zugfahrzeug befestigt werden muss, wird nicht näher definiert. Die deutsche "lose" und holländische "Ösen" Variante sollen zulässig sein. Jedoch wird im Gesetzt ausdrücklich beschrieben das der Anhänger sich im Fall einer unfreiwilligen Trennung nur geringfügig aus der Spur des Zugfahrzeuges begeben und die Zugdeichsel nur geringfügig herunterfallen kann. Insofern sollte das Seil idealerweise ziemlich knapp bemessen sein.


In der Schweiz wird die Sache noch strenger gehandhabt; eine nachträgliche Umrüstung der Anhängerkupplung mit anschraubbaren Ösen wie in Holland wird nur bei starren oder schwenkbaren Kupplungen akzeptiert. Allerdings gibt es bei der Art von Nachrüstösen widersprüchliche Aussagen was akzeptiert wird und was nicht. Am besten wäre es wenn eine serienmäßige Öse oder Langloch an Kugelstange oder Konsole vorhanden ist. Für abnehmbare Kupplungen ist die einzige akzeptable (und zweifelsfreie) Nachrüstlösung ein stabiles Stahlseil das um die Traverse der Kupplung geschlungen und durch Karabinerhaken mit dem Gegenpart vom Anhänger verbunden wird. Die Pflicht für eine Verliersicherung gilt für alle Anhänger, egal ob gebremst oder ungebremst. Desweiteren muss in der Schweiz für Zugfahrzeug und Anhänger jeweils eine eigene Maut Vignette für die Autobahnnutzung gekauft werden.


In den übrigen europäischen Nachbarländern gibt es diese speziell präzisierte Vorschrift für Anhänger nicht. Aber auch so unterscheiden sich viele Gesetzte und Regeln, je nachdem in welchem Land man unterwegs ist. Beispielsweise muss man in Frankreich die Gasflaschen im Wohnwagen und Wohnmobil während der Fahrt immer zu drehen. Ansonsten sind "nur noch" die unterschiedlichen Geschwindigkeitsbeschränkungen nach Fahrzeuggewicht, Straße, Tages&Jahreszeit zu beachten. Das alles aufzulisten würde hier den Rahmen sprengen, nur so viel: auch wenn in manchen Länder Gespanne legal schneller als 100kmh fahren dürfen ist dringend davon abzuraten dies auch zu tun. Nach deutscher Zulassungsrichtlinie sind Anhänger grundsätzlich nicht für Geschwindigkeiten über 100kmh ausgelegt. Sollte es bei höherem Tempo zum Unfall kommen, kann sich die eigene Versicherung unter Umständen quer stellen.

Allgemeiner Hinweis zum Schluss; der kleine Federhaken an handelsüblichen Abreißseilen soll nicht direkt in die Ösen am Fahrzeug eingehakt werden, sondern wieder zurück an der Leine selbst. Hintergrund ist die Belastung im Ernstfall die den Haken aufbiegen könnte. Alternativ kann das Seil gegen eines mit festem Karabinerhaken (DIN 5299) ausgetauscht werden - diese dürfen direkt an der Öse eingehängt werden. 

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