Freitag, 5. Januar 2018

VW T4: Ärger mit dem Zündschalter und der Wegfahrsperre


Manchmal sind Autos richtig kaputt, dann geht gar nichts mehr. Und manchmal sind Autos heile und alles läuft super. Dieser Bulli ist irgendwie nur halb kaputt. Mal macht er Wochenlang keine Anstalten und plötzlich spinnt die Karre und lässt seinen Fahrer stranden. Die Fehlersuche zog sich über Wochen hin. Jetzt können wir endlich Erfolgsmeldungen bringen.



Das Problem äußert sich folgendermaßen: der Anlasser dreht und dreht und dreht, aber der Motor springt einfach nicht an. Manchmal hilft es den Versuch zwei oder drei mal zu wiederholen und der Motor springt sofort an. Die Temperatur vom Motor und der Umwelt spielt keine Rolle. Länger und kürzer vorglühen macht keinen Unterschied. Anfangs trat das Problem nur ein Mal im Monat auf, mittlerweile kommt es ein Mal in der Woche vor. Zeit sich um eine Lösung zu kümmern. Die Werkstatt tauschte beim letzten Mal den Kraftstofffilter, an sich keine schlechte Idee. Trotzdem tritt der Fehler noch immer auf.


Eine erste schnelle Diagnose zeigt keine Auffälligkeiten der Batterie und Spannungsversorgung. Die Vorglühanlage bekommt Saft, die Kraftstoffpumpe surrt munter vor sich hin und viel mehr braucht der Motor nicht um zu laufen - die Einspritzpumpe ist rein mechanisch ohne Steuergeräte. Da der Motor, abgesehen von den Startschwierigkeiten, absolut einwandfrei funktioniert, gehen wir erstmal nicht von einem gravierenden Schaden am Motor oder der Einspritzpumpe aus. Damit bleibt nur noch die Elektrik, also Zündanlassschalter, Wegfahrsperre und Abschaltventil auf der Liste verdächtiger Bauteile.


Nach ausführlichen Recherchen, wurde die Entscheidung getroffen auf Verdacht einen neuen Zündanlassschalter einzubauen, wie damals im weißen Kadett können die Kontakte im Inneren verschmoren und im falschen Moment die Spannungsversorgung für wichtige Bauteile unterbrechen. Dann dreht der Anlasser zwar weiter munter durch, aber die Zündung (beim Benziner) und das Abschaltventil (beim Diesel) bekommen keinen Saft. Der Austausch sollte kein großer Akt sein - wenn man das passende Werkzeug hat. Erstmal muss die untere Lenksäulenverkleidung abgebaut werden.


Sobald die Schrauben gelöst und die Verkleidung entfernt ist, kann schon der Stecker vom Schalter abgezogen werden. Nun hält lediglich eine einzige Schraube den Schalter am Schlosskörper fest. Blöderweise ist der Platz sehr eng und nur mit einem abgewinkelten Kreuzschlitzschraubendreher kommt man an die Schraube ran. Beim Einbau des neuen Schalters ist darauf zu achten dass sich der Schlitz genau in der selben Orientierung befindet wie im ausgebauten Teil, ansonsten passt der Schalter nicht in sein Loch. Sofern der Bulli noch keine Wegfahrsperre hat, müsste sich der Motor auch nur mit einem Schraubendreher anstelle des Schlüssel im Schlitz vom Zündanlassschalter starten lassen. Unser Exemplar von 1995 verfügt bereits über diese Diebstahlsicherung. 


Die kleine schwarze Box (J362) lebt rechts vom Kombiinstrument, im Armaturenbrett und wird mit zwei Schrauben befestigt. Am Gerät angeschlossen sind zwei Stecker. Abgesehen von etwas Kontaktspray auf die Anschlüsse gibt es hier ohne entsprechende Diagnosetechnik nichts weiter zu reparieren. Also Auto wieder zusammenbauen und weiter zur nächsten Baustelle. Wir haben übrigens alle genannten Reparaturversuche in einem Durchgang gemacht ohne den Wagen auf der Straße im Alltagsbetrieb laufen zu lassen bis der Fehler erneut auftritt. Dafür fehlt uns einfach die Zeit und der Wagen wird im Alltag zu viel gebraucht um dann Zeit mit der weiteren Fehlerdiagnose zu verbringen. Dann lieber alle Möglichkeiten auf einmal probieren und hoffen das es funktioniert.


Die letzte Chance den Fehler zu beseitigen sehen wir beim Abschaltventil an der Einspritzpumpe bzw dessen vorgeschaltetem Steuergerät (J366). Dieses bekommt ein Signal von der Wegfahrsperre im Armaturenbrett und lässt den Strom zum Magnetventil (N109) nur dann durch wenn der Transponder im Zündschlüssel korrekt erkannt wurde. Ohne besagte Wegfahrsperre kommt einfach Spannung vom Zündanlassschalter zum Magnetventil und erlaubt der Pumpe Diesel einzuspritzen. Ohne Strom schaltet das Ventil ab und die Pumpe fördert keinen Diesel - der Motor läuft nicht bzw startet nicht. Um am Abschaltventil selbst die Spannung messen zu können, muss das Gehäuse des Steuergerät entfernt werden. Leider oder zum Glück, hat VW dieses Ventil sehr gründlich gegen äußeren Zugriff geschützt, nicht das man einfach ein Kabel von der Batterie oder vom Zündschloss direkt an das Abschaltventil anschließt und die gesamte Wegfahrsperre umgeht. 


Im Normallfall muss erstmal die Frontmaske abgebaut und das Kühlerpaket nach vorne in die Servicestellung geklappt werden. Dann sieht man die Einspritzpumpe an der Seite vom Motor nicht nur, man kann sie auch mit den Händen erreichen. Dann müssten die Hochdruckleitungen zu den einzelnen Einspritzdüsen entfernt werden um besseren Zugang zur Pumpe zu kriegen. Mit einer Winkelbohrmaschine müssen dann die beiden Abreißschrauben aufgebohrt und entfernt werden. Erst dann lässt sich das Kunststoffgehäuse vom Steuergerät abziehen und die Anschlussmutter vom Magnetventil liegt offen vor uns. Ausnahmsweise haben wir echtes Glück. Irgendwann in den letzten 22 Jahren muss schon mal eine Werkstatt an dieser Pumpe gearbeitet haben. Dabei wurden dankenswerter Weise die Abreißschrauben gegen normalen Inbusschrauben ersetzt. So ist es möglich die Schrauben mit einer Miniatur-Ratsche herraus zu drehen und eine weitere Leitung mit an den Anschluss des Magnetventils anzuschließen. 

Alles wieder zusammenbauen und das Kabel in den Innenraum führen. Hier wird das Kabel an eine kleine Kontrollleuchte angeschlossen. So können wir in Zukunft immer direkt sehen ob das Ventil Strom bekommt und wenn der Motor mal nicht anspringt, können wir zumindest feststellen ob es an der Wegfahrsperre liegt oder an einem anderen Grund. Die WFS komplett auszubauen ist natürlich auch technisch möglich, wenn auch offiziell nicht sehr empfehlenswert. In Deutschland müssen alle nach dem 1. Januar 1998 neu zugelassenen Fahrzeuge über eine elektronische Wegfahrsperre verfügen, unser Bulli ist zwar älter, aber wer weiß wie die Versicherung reagiert wenn der Wagen geklaut wird und keine funktionierende Sperre an Bord war.

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