Manchmal muss man einfach Glück haben, dann wird man vielleicht einfach so gefragt ob man am Wochenende Zeit und Lust hätte zusammen mit der Oldtimer IG Osnabrück eine Reise nach Hessisch Oldendorf zu machen um die Autosammlung von Familie Grundmann zu besichtigen. Da können wir doch gar nicht ablehnen und sitzen am Samstag morgen mit im Reisebus. Die Fahrzeit vertreiben wir uns mit angeregten Gesprächen bis wir endlich vor den heiligen Hallen stehen.
Da wir eine recht große Gruppe sind, werden wir nach der Begrüßung durch Herrn Grundmann Senior in zwei Kohorten aufgeteilt. In den nächsten rund zwei Stunden erwartet uns eine Autosammlung die es in dieser Form ganz sicher kein zweites Mal gibt. Der Anspruch lautet 1.nur Originale, 2. möglichst das älteste Exemplar der jeweiligen Modelversion und (zumindest für die Käfer) nicht jünger als Baujahr Ende der 50er Jahre als die Ovale Heckscheibe durch ein großes rechteckiges Fenster ersetzt wurde.
Also alles was man sehen muss um die komplette Geschichte des Käfer inklusive seiner Abkömmlinge in Form der Transporter Modelle, Sonderkarosserien und Porsche mit Vierzylinder Motor. Damit die Fahrzeuge nicht einfach nur in einer nackten Halle herumstehen, wurde zusätzlich jede Menge Bildmaterial, Werkzeuge und Erinnerungsstücke mitgesammelt die den einzelnen Gebäudeteilen ein ganz eigenes Ambiente verleihen. Man merkt schon das es sich um eine Privatsammlung und nicht um ein normales Automuseum handelt. Entsprechend wenige Hinweis- und Infoschilder gibt es hier.
Dafür kommt man auch nur nach Anmeldung und mit persönlicher Führung hinein in die heiligen Hallen. Vom original amerikanischen Diner Interieur und einem echten Herbie Filmauto im Mittelpunkt gehen wir in die Rometsch Halle. Hier stehen nicht nur eine Hand voll Sonderkarosserien der Berliner Spezialfirma die nebenbei auch Viertürige Käfer Taxis gebaut hat, sondern auch das originale Büro vom Firmenchef selbst nebst diversen originalen Werkzeugen und Karosserieschablonen. Nicht nur das die Autos wunderschön sind und äußerlich nicht viel von ihrer Technikbasis zu erkennen ist, auch die Umstände wie der Automobilbau nach dem zweiten Weltkrieg in Deutschland langsam auf die Beine kam erfahren wir hier.
Eine Tür weiter steht die Stuttgarter Fraktion in Form von mehreren Porsche Modellen. Angefangen mit zwei Porsche Schleppern über die 356 mit geteilter und später nur noch geknickter Frontscheibe über einen Top restaurierten Carrera mit Fuhrmann-Motor der Ende der 50er Jahre schon mit Aluminium Motorgehäuse, vier Nockenwellen sowie Doppelzündung echte Rennwagentechnik auf die Straße brachte. Allein dieser Motor würde heute schon ein kleines Vermögen kosten. Vom Gesamtwert der Fahrzeuge ganz zu schweigen. Dabei lag der Sammlung bei ihrer Entstehung Ene der 70er Jahre kein unbegrenztes Budget zu Grunde. Vielmehr wurde einfach zur richtigen Zeit die richtige Entscheidung getroffen und für kleines Geld unbeliebte Fahrzeuge gekauft.
Speziell nach dem Mauerfall konnte man im Osten Deutschlands viel altes Blech im mehr oder weniger original erhaltenen Zustand abstauben und rüber holen bevor es in der Schrottpresse gelandet ist. Und wenn man genügend Zeit und Energie in die Restauration eines Fahrzeug investiert hat, kann man es später auch gut gegen ein oder mehrere andere Modelle eintauschen - immer mit dem Ansporn das älteste Exemplar zu ergattern. Darum gibt es hier nicht nur einen Käfer und Kübelwagen die sich der Volkswagen Konzern selbst gerne mal ausleiht weil in den eigenen Sammlungen nichts passendes steht. Zusätzlich verfügt die Sammlung über ihre eigene Karosseriewerkstatt.
Hier werden keine Kundenaufträge abgearbeitet sondern nur Fahrzeuge für die eigene Sammlung in Stand gesetzt oder von Grund auf neu aufgebaut. Aktuelle Projekte sind unter anderem eine Aluminium Karosserie für den Berlin-Rom-Rennwagen auf VW Basis. Die Nummer 2 von 3 jemals gebautem Exemplaren soll damit wieder zusammengesetzt werden. Draußen neben der Werkstatt parkt nebenbei nich ein Eisenbahnwaggon inklusive Lokomotive der sich irgendwie hier ins Industriegebiet verlaufen hat. Das Problem manchmal einfach nicht nein sagen zu können hatten wir doch irgendwie alle schonmal.
Im nächsten Gebäude sehen wir soweit das Auge reicht nur Käfer in allen erdenklichen Ausführungen - Polizeiauto (auch als viertüriges Cabrio der Nachkriegszeit), Feuerwehrauto, Post und ADAC. Daneben einfach mal ein Schwimmwagen, ein Flugzeug und ein Hubschrauber jeweils mit Käfer Antrieb sowie ein originaler Plattenwagen der im VW Werk zum internen Gütertransport genutzt wurde und vermutlich die Inspiration für den VW Transporter war. Von dem stehen natürlich auch eine ganze Reihe besonders alte und seltene Exemplare; der älteste Barndoor T1 mit Westfalia Campingausstattung oder der älteste Rechtslenker 21 Fenster Bus. Wie und woher solche Autos ihren Weg nach Hessisch Oldendorf gefunden haben ist teilweise echt unglaublich.
Das finale Kapitel ist zugleich auch das älteste und befasst sich gezwungener Maßen mit dem NS-Regime ohne das der KdF-Wagen als Prototyp des VW Käfer wohl nicht entstanden wäre. Wobei der erste Versuch einen "Volkswagen" zu bauen der dem inoffiziellen Anforderungskatalog enstsprechen würde in Form des ebenfalls ausgestellten Mercedese 170H doch noch ziemlich unausgereift war. Für die Entwicklung und Erprobung des KdF-Wagen wurden 44 Versuchsfahrzeuge gebaut - die Nummer 6 steht hier in der Sammlung, das älteste bekannte Exemplar. Gleich gegenüber sieht man was sich noch aus der Idee entwickeln ließ: der Prototyp des ersten Kübelwagen für die Wehrmacht.
Und gleich dahinter ein Modell Ballonreifen der im Flugzeug nach Libyen verfrachet wurde um seine Wüstentauglichkeit unter Beweis zu stellen. Das genau dieser Wagen dort im Sand verschwand und viele Jahrzehnte später wieder ausgegraben und nach dem Sturz Gaddafis als Fluchtwagen nach Nordeuropa diente macht die Geschichte nur noch ein kleines bisschen unglaublicher als sie ohnehin ist. Aber genau so ist es passiert. Um die Geschichte des KdF-Wagen der Kriegs und Nachkriegszeit abzurunden, stehen hier neben einer originalen Filmkulisse aus "Operation Walküre" einer der letzten noch erhaltenen und technich originale Typ 60 und gegenüber eine unmittelbar nach Kriegsende für die Besatzungsmächte gebaute Frankenstein Version mit vielen Teilen vom Kübelwagen.
Deutlich lebensfroher geht die Reihe weiter vom Anfang der 50er bis zum Finalen Ultima Edition Käfer von 2003 der das offizielle Ende der luftgekühlten Heckmotor Pkws bei Volkswagen bekundet. Damit wir uns nach diesem langen und sehr interessanten Rundgang erstmal erholen können gibt es jetzt im Diner, das wir durch die letzte Tür wieder betreten, noch Kaffee und Kuchen für alle Besucher. Danach wartet schon unser Reisebus darauf uns zurück nach Osnabrück zu bringen. Bleiben wir gespannt wohin die Reise beim nächsten Mal gehen mag.
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