Sonntag, 24. Juli 2011

Was machen Sie, wenn's pfeifft? - Ein Ratgeber für heiße Momente!

"Kommt der Dampf etwas aus meiner Motorhaube?"

Soweit darf es eigentlich garnicht erst kommen. Der Dampf bedeutet, dass der Motor schon viel zu heiß geworden ist. Das kann unter Umständen verherende Folgen haben und zum kapitalen Motorschaden führen. Viele Anzeichen lassen sich jedoch bereits früh deuten, so dass man schnell handeln kann - noch bevor etwas passiert. Wie sieht solch ein Krisenmanagement aus? Was passiert wenn der Kühler kocht? Gibt es im Fiat dann Spaghetti und bei BMW Weißwürstchen? Wir wollen es ergründen und euch einige Tipps an die Hand geben.

Dazu ein erster Blick auf das Kühlsystem im Auto. Der Motor verbrennt im Inneren der Zylinder das aufbereitete und verdichtete Kraftstoffgemisch. Alle die schon einmal am Osterfeuer, Holzkohlegrill, Gasherd und ähnlichen Gerät- und Feuerschaften gestanden haben wissen, wie heiß so eine Verbrennung sein kann (hier einen schönen Gruß an die Leute, die am Hochofen arbeiten). Schnell würde sich durch die Verbrennung im Inneren der gesamte Motorblock erhitzen und dabei so heiß werden, dass dieser Gefahr läuft kaputt zu gehen. Wie wir aus der Physik wissen dehnt sich Material bei Hitze aus und zieht sich bei Kälte zusammen. Sämtliche Schläuche, Dichtungen und Motorteile könnten ihre angestammte Form nicht beibehalten und würden schmelzen (weil aus Gummi) oder sich verformen. Die Zylinderkopfdichtung, ist hierbei oft das Bauteil, welches als erstes seinen Ordnungsgemäßen Dienst quittiert. Schon die kleinsten Abweichungen von der Norm, stellt die funktionstüchtigkeit in Frage. Damit all das nicht passiert, müssen Motoren gekühlt werden.

Früher herrschte ein regelrechter Dualismus zwischen luftgekühlten Motoren und Wassergekühlten Motoren. Das bekannteste Fabrikat der Luftkühlung ist wohl der VW Käfer. Heute fahren weitestgehend nur noch Fahrzeuge mit Wasserkühlung im Straßenverkehr. Lediglich Roller und Motorräder werden in der Regel luftgekühlt. Bei der Luftkühlung sind am Motor Kühlrippen angebracht. Diese Kühlrippen ragen in die Luft und bieten dem Fahrtwind somit sehr viel Oberfläche. Durch diese relativ große Oberfläche (im Vergleich zum Motor selbst) ist es möglich, dass der Motor gekühlt wird.


 Hier zu sehen die Kühlmitteltemperaturanzeige eines BMW E32.
Betriebstemperatur ist die goldene Mitte.
 

Die Wasserkühlung hingegen ist eine viel komfortablere Art den Motor zu kühlen, da sie eine kontrollierbarere Kühlung ist, die eine konstantere Kühlung ermölgicht (also den Motor möglichst konstant auf einer Temperatur hält) und neben dem Motor auch gleichzeitig den Innenraum heizt (Ja richtig gelesen! Kalt und Warm sind alles realtive Begriffe). Hierbei werden die Brennräume mit dem Kühlmittel umspült. Gerade die Heizung im VW Käfer ist ja dafür berühmt und berüchtigt, dass sie in der Regel nicht funktioniert bzw. ihre Heizleistung sehr gering ist. Wäre der Käfer wassergekühlt, so hätte es der Käferfahrer sicherlich ebenfalls im Winter warm und gemütlich. Das liegt daran:

Ganz eindeutig. Die Kühlrippen sind nicht zu übersehen. Man erkennt deutlich, wie weit
sie vom eigentlichen Gehäuse in die Luft ragen und quasi nach ihr "schnappen"!

 Der Kühlkreislauf in einem Fahrzeug mit Wasserkühlung ist (vereinfacht dargestellt) zweigeteilt. Und das hat seinen Grund. Der eine Kreislauf ist immer geöffnet. Er umspült die Brennräume und führt in den Innenraum - zum Wärmetauscher. Dieser Wärmetauscher ist hinter dem Armaturenbrett angebracht und über ihn ist es möglich den Innenraum zu beheizen. Er ist quasi wie ein Heizkörper. Die Betriebstemperatur eines Motors liegt (früher bei 80°C) heute bei 90°C. Diese Temperatur ist in Relation zu den Verbrennungstemperaturen im Motor sehr niedrig, weshalb man auch von Kühlung spricht. Für uns Menschen, die beim Badewasser über 40 Grad schon Hautverbrennungen erleiden können, sind diese 90 Grad eine wohlwonnige Temperatur, die uns das Heizen im Innenraum ermöglicht. Die Wassertemperatur im Heizkessel einer Zentralheizung liegt ebenfalls etwa bei 80 Grad. Wir nutzen hier also im Auto das selbe Prinzip wie in der Wohnung. Dieser Kreislauf ist immer geöffnet.

Hier sieht man sehr gut die Kühlrippen eines Wasserkühlers. Es ist ganz normal, dass 
an den feinen Lamellen schon mal etwas hängen bleibt. Das kann die Kühlleistung verhindern. Deshalb regelmäßig säubern!


Fährt man nun einige Zeit, so heizt sich der Motor auf. Sobald eine Temperatur von etwa 75 Grad überschritten wird, schaltet ein Thermostat um und aktiviert den zweiten Kreislauf. Dieser Kreislauf transportiert das Kühlwasser nun nicht nur in den Innenraum, sondern auch zum Fahrzeugkühler. Dieser Kühler ist ähnlich den Kühlrippen bei der Luftkühlung ein System aus Leitungen und Lamellen mit großer Oberfläche. Durch sie hindurch wird die Kühlflüssigkeit nun befördert und durch die große Oberfläche der Lammellen und Leitungen wird die Temperatur der Kühlflüssigkeit mit Hilfe des Fahrtwinds gesenkt.


An diesem (zugegeben schon etwas antiquierten Motor) kann man ganz deutlich den
Ventilator und den Kühler erkennen, die für zusätzliche Kühlung sorgen.

Angetrieben wird der Kühlkreislauf über die Wasserpumpe. Sie ist zumeist fest an der Steuerkette bzw. dem Zahnriemen montiert und ist auch immer dann im Betrieb, wenn der Motor gestartet wird. Sollte dennoch die Kühlleistung des zweiten Kreislaufes nicht ausreichen, so gibt es an jedem Fahrzeug einen Lüfter der hinter dem Kühler angebracht ist. Sollte die Temperatur eine kritische Grenze übersteigen, so schaltet dieser sich ein und "pustet" zusätzlich Luft durch die Lammellen und Rippen des Kühlers, was für eine extra Kühlleistung sorgt. Es gibt aber auch Motoren, die besitzen einen festmontierten "Propeller" der während der ganzen Betriebsdauer Luft durch die Lamellen bläst.

Hier sieht man was passiert wenn der Kühlkreislauf zu heiß wird. Bei alten
Fahrzeugen regelt ein Überdruckventil die Druckzunahme.


Überschreitet der Druck eine Grenze, so öffnet das Ventil und lässt
das Kühlwasser auf die Straße plätschern




Tipp 1:
Sollte deshalb die Temperaturanzeige im Kombiinstrument aus welchen Gründen auch immer gefährlich hoch ansteigen, so sollte man immer das HEIZUNGSGEBLÄSE einschalten und den Temperaturwahlschalter auf die heißeste Position drehen. Wenn nun alle Heizungsdüsen geöffnet sind, kann das Gebläse über den Wärmetauscher im Innenraum die Hitze abführen. Gerade an heißen Sommertagen wird das Kühlsystem vor Herausforderungen gestellt. Nach wenigen Augeblicken sollte allerdings eine Besserung eintreten und die Temperatur abfallen. Sollte das Kombiinstrument jedoch etwas anderes anzeigen, so sollte man nicht hardern und lamentieren, sondern zügig eine geeignete Stelle zum Parken ansteuern bzw. in noch dringlicheren Notfällen sofort rechts ranfahren und den Motor ausstellen.


Tipp 2:

Problematisch wird es allerdings bei einem Defekt vom Thermofühler oder des Thermostates. Ist das Thermostat defekt, so hängt es in einer Position fest. Entweder ist der zweite Kreislauf geschlossen oder geöffnet. Hängt es in der offenen Position, so wird es mit hoher Wahrscheinlichkeit recht kühl im Fahrzeuginneren, da sich nun das eh schon recht kalte Kühlwasser zu Beginn im Kühler abkühlen kann und die Betriebstemperatur erst garnicht erreicht wird. Hängt es in der geschlossenen Position, sollte man schleunigst das Heizungsgebläse wie oben beschrieben einschalten. Beides wird ersichtlich duch die Anzeige im Kombiinstrument. Sollte diese auch nach längerer Fahrt nicht ausschlagen, so sollte man Acht geben, die Heizleistung überprüfen und die Werkstatt des Vertrauens ansteuern.

Tipp 3:
Man sollte - besonders in heißen Monaten - den Kühlmittelstand des Fahrzeugs kontrollieren und ausreichend nachfüllen. Hierbei empfielt es sich unterwegs immer etwas Leitungswasser bzw. Sprudel dabei zu haben. In Notfällen zahlt sich sowas aus. Aber Vorsicht! Der Ausgleichsbehälter für die Kühlflüssigkeit steht unter Druck. Lässt man den Motor vorher nicht genügend auskühlen bzw. schraubt den Verschluss zu schnell auf, spritzt das siedende Kühlwasser in alle Richtungen und kann schlimme Verbrennungen hervorrufen. Daher immer vorsichtig!

Tipp 4:
In Zeiten der teuren Spritpreise und des Klimawandels, empfielt es sich sowieso früh hochzuschalten. Doch gerade bei einem überhitzten Motor sind hohe Drehzahlen tabu. Deshalb so früh wie möglich hochschalten (aber nicht Untertourig fahren). Außerdem sollte man alle Verbraucher ausschalten, die zusätzlich den Motor belasten. Je mehr elektrische Verbraucher eingeschaltet sind, desto mehr muss die Lichtmaschine leisten, desto mehr muss der Motor gegen die Lichtmaschine "ankämpfen". Klimaanlagen fordern ebenfalls erheblich Leistung vom Motor ab. Diese ist - sofern vorhanden - ebenfalls auszuschalten. 

Ansonsten kann man es ja auch auf die konventionelle Art versuchen - beten. In diesem Sinne: Möge Gott euch behüten und beschützen, auf euren Wegen. Amen. 

1 Kommentar:

  1. Und ruhig schon mal den Motor ausschalten, wenn eine rote Ampel in Sicht kommt und absehbar ist, dass man stehen bleiben muss. Bereits ab 20 Sekunden spart man so Benzin, denn ab diesem Punkt verbraucht das erneute Anlassen weniger Sprit als das Laufenlassen.

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