"Nach allen möglichen Kombinationen von Telefonaten ... entschloss ich mich nun endlich mal meine ADAC Mitgliedschaft auszunutzen und mich abschleppen zu lassen. [...] Nebenbei erzählte sie mir auch, dass aufgrund des strengen Wintereinbruchs über Deutschland und NRW der ADAC mit allen Einsatzkräften viel zu tun hätte und ich eine Wartezeit von zwei Stunden einplanen müsste." -Nikograf
Wie der Nikograf am eigenen Wagen erfahren hat kann es manchmal (oder immer) ganzschön nervig sein wenn 1. die Kiste nichtmehr fahren will und 2. der Abschleppwagen länger auf sich warten lässt. Damit man in Zukunft nicht stundenlang in der Kälte oder Hitze tatenlos rumstehen muss kann man entweder sein Auto zuverlässig(er) machen oder sich ein Abschleppseil in den Kofferraum packen und wenns mal soweit ist einfach mit einem zweiten Wagen in die nächste Werkstatt gezogen werden.
Doch einfach die Autos zusammenbinden und drauflosfahren ist vielleicht nicht der beste Weg. Zunächst mal sollte man sich klar machen das ein Auto ohne Motorkraft ganz anders fährt als wenn sich Fahrzeug selbst fortbewegt. Schließlich funktionieren ohne Motor auch Servolenkung und Bremskraftverstärker nicht. Zusätzlich wollen manche Autos auch garnicht abgeschleppt werden und danken diese Behandlung durch Schäden am Antriebsstrang (Stichwort Automatikgetriebe).
Theoretisch hat jeder in der Fahrschule mal gelernt was man beim Abschleppen beachten sollte und welche besonderen Regeln für Schleppverbände gelten. Aber wer weiß das nach der langen Zeit in der man niemals dieses Wissen hervorkramen musste schon noch so ganz genau?
Am besten fangen wir ganz am Anfang an, bei dem Teil ohne das wir garnicht Abschleppen können: dem Abschleppseil. Im Prinzip eine einfache Sache im Baumarkt oder an der Tankstelle ins Regal gegriffen und voila wir haben ein Abschleppseil. Doch man kann sich auch etwas mehr Zeit nehmen und darauf achten ein gutes Seil zu erwischen. Zunächstmal sollte man sich überlegen wie stark das Seil sein muss also welche Gewichte man ziehen will. Dazu sei gesagt das es vom Gesetzgeber keine Beschränkung für die Zuglast beim Abschleppen gibt. DIe Anhänger-Anhängelast spielt keine Rolle! Man dürfte sogar mit einem Smart einen 40Tonner abschleppen. Nicht das der Smart es schaffen würde, aber erlaubt wäre es trotzdem.
Die Anhängelast ist aber ein guter Richtwert für den Schleppbetrieb, den letztenendes macht es doch keinen Unteschied ob ich einen 2t Anhänger vom Fleck ziehen muss oder ein Auto. Da die meisten Pkws nicht mehr als 2t Anhängelast haben sind die üblichen 2500kg Seile vollkommen ausreichend. Nur wer schwere Fahrzeuge wie Transporter oder Geländewagen ziehen will sollte gleich zu einem 4000kg Seil greifen. Oder doch einen Abschleppwagen bemühen...
Aber nicht nur die Zugkraft ist entscheidend beim Seilkauf, auch die Verarbeitung ist wichtig, wer schonmal im dunkeln auf dem Boden vor seinem Auto gelegen hat um einen kleinen Schäkel an die Abschleppöse zu friemeln weiß den Nutzen von großen Karabinerhaken die einfach eingeklickt werden sehr zu schätzen. Das Material der Abschlepp-Seile kann ebenfalls varieren. Geflochtene Hanfseile wie früher finden sich heute kaumnoch, Kunstfaserseile haben ihren Platz übernommen. Ob man ein elastisches oder relativ starres seil nimmt ist fast egal, nur erspart das elastische Seil den Insassen den starken Anfahrruck wenn das Seil vorher nicht schon straff gespannt war. Auch Drahtseile sind möglich, die durch ihre geringe Größe wenig Platz in anspruch nehmen. Allerdings sind sie etwas empfindlicher was das Anfahren an geht und beim Bruch unter Spannung peitschenartig zurückschlagen können. Aus diesem Grund soll man sich auch nich in der nähe des Seils aufhalten wenn der Schlepper losfährt.
Abschleppstange, Einschrauböse und verstecktes Loch in Stoßstange
Eine weitere Möglichkeit neben den klassichen Abschleppseilen sind die starren Abschleppstangen. Diese sorgen für eine feste Zug- und Druckverbindung zwischen Schlepper und Havaristen. Der Zugwagen bremst den Hintermann mit ab so das dieser weniger ackern muss um auf Distanz zu bleiben. Bei schweren Fahrzeugen wie LKWs wird ausschließlich mit Stangen geschleppt da bei diesen Gewichten ein sicheres fahren sprich Lenken und Bremsen ohne Motorkraft sonst nicht gegeben ist.
Das gleiche gilt in abgeschwächter Form auch für PKWs die heute praktisch immer über eine Servolenkung verfügen. Ohne diese ist es nur unter großer Kraft möglich das Fahrzeug zu lenken, schließlich ist das Lenkgetriebe so übersetzt das man mit wenigen Umdrehungen am Volant von Anschlag zu Anschlag kommt. Bei Autos ohne Servolenkung ist die Lenkung anders Übersetzt schließlich muss man immer ohne Hilfe lenken können (und die Fahrer haben solche Unterarmmuskulatur das sie den Wagen aus eigener Kraft steuern können). Auf die Servobremse möchte man auch nicht verzichten gerade wenn man mit wenigen Metern abstand einem anderen Auto folgt und beide Autos verzögern muss, darum gilt es vorrausschauend zu fahren und durch Handzeichen anzukündigen wenn es zu schnell vorran geht.
vordere Abschleppöse hinter dem Grillgitter
Hier nocht ein paar Tipps zum Abschleppen:
- Ausreichend große und starke Zugfahrzeuge verwenden
- Sanft anfahren und das Seil dabei stets straff halten
- Nicht stark bremsen und dieses durch Handzeichen ankündigen
- die Warnblinkanlage an beiden Fahrzeugen einschalten
- den Schlüssel ins Zündloss stecken und die Lenkradsperre lösen
- die Route vorher besprechen und stark befahrene Straßen meiden
- Nicht schneller als 30kmh fahren
- Autobahnen und Schnellstraßen so schnell wie möglich verlassen
Beachten sollte man unbedingt auch den Paragraphen 43 der StVZO: "...Bei Verwendung von Abschleppseilen/Stangen darf der lichte Abstand zwischen den beiden Fahrzeugen maximal 5m betragen. Abschleppseile/Stangen sind ausreichend erkennbar zu machen beispielsweise durch einen roten Lappen..."
Wenn man sich nun für die eine oder andere Abschleppseil-Variante entschieden hat kann es endlich ans verkuppeln gehen. Wo sich am Fahrzeug die Abschleppösen befinden ist von Model zu Model unterschiedlich. Im Handbuch lassen sich die nötigen Informationen nachlesen. Bei vielen neueren Fahrzeugen muss die Abschleppöse erst in ein Gewinde eingeschraubt werden. Die Ösen liegen meist im Bordwerkzeug und haben ein Linksgewinde!
Nachdem beide Autos verbunden sind sollte man die Warnblinkanlage aktivieren, den Leerlauf einlegen, den Schlüssel ins Schloss stecken und die Lenkradsperre lösen, sonst gibt es in der ersten Kurve eine böse Überraschung. Da der Hintermann das Seil durch bremsen straff gespannt halten muss darf der Schlepper nicht bremsen, zumal man leicht überschätzt wie schwer es ist ein Auto ohne Motorhilfe abzubremsen und die drei Meter Luft zwischen den Autos sind schon so knapp genug. Darum alle Brems- und Abbiegemanöver mit Handzeichen ankündigen. Diese sollte man ebenfalls VOR der Abfahrt ausgemacht haben.
In manchen Fällen ist aber dringend davon abzuraten das defekte Fahrzeug mit allen vieren auf der Straße zu schleppen. Speziell Hybridautos, Allradfahrzeuge und solche mit Automatikgetriebe vertragen keine längeren Strecken und hohen Geschwindigkeiten da die Getriebe ständig mit Öl versorgt werden müssen welches nur fließt wenn der Motor läuft. Wenn ein Auto davon betroffen ist, steht dies in den Hinweisen im Handbuch.
Rechtliche Tipps:
- Es dürfen nur betriebsUNfähige Fahrzeuge ABgeschleppt werden
- Abschleppen gilt als technische Nothilfe, im gezogenen Auto muss kein Führerscheininhaber am Steuer sitzen, er muss das Fahrzeug nur "beherschen".
- Wenn das Fahrzeug auf einer Autobahn strandet muss der Schleppverbund die AB an der nächsten Abfahrt verlassen und darf sie auch nicht wieder befahren.
- Abgeschleppt werden darf nur bis zur 'nächsten' Werkstatt (bis 50km) oder bis nach Hause (bis 100km). Bei weiteren Strecken handelt es sich im Rechtssinne nicht um Ab-Schleppen.
- Motorräder dürfen nicht abgeschleppt werden
- Die Warnblinkanlage muss an beiden Fahrzeugen eingeschaltet werden
Das Schleppen ist ein Vorgang der rechtlich nicht mit dem Abschleppen zu vergleichen ist. Beim Schleppen wird ein Fahrzeug (egal ob betriebsfähig oder nicht) bewusst von einem Ort zum anderen Transportiert, nicht nur von dem Ort der Panne in die Werkstatt. Wer soetwas machen will muss sich eine Schleppgenehmigung besorgen. Zudem muss der Fahrer im Zugfahrzeug einen Enstsprechenden Anhänger-Führerschein haben und der Fahrer im gezogenen Fahrzeug muss im Besitz der Führerschein Klasse B sein. Ob das gezogene Fahrzeug abgemeldet sein darf (zb für die Fahrt zum Schrottplatz) oder nicht ist nicht endgültig geklärt und eine rechtliche Grauzone in die man sich besser nicht begeben sollte.
Für solche Fälle empfiehlt sich ein Autotansportanhänger oder besser noch ein Abschleppwagen, denn die meisten Autos sind so schwer das sie (mit Anhänger) die Anhängelast gängiger PKWs leicht übersteigen würden. Dann bedarf es eines Geländewagens oder größeren Transporters.
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