Seit dem Safetycheck im Juni, wissen wir leider ziemlich genau was diesem betagten Fünfer noch zur Erfolgreichen Hauptuntersuchung fehlt. Heute ging es an der Vorderachse um zwei ausgeschlagene Querlenker. Diese kleine Aktion dauerte auch nur mehrere Tage, aber was muss das muss.
Meist lässt sich die Ursache nicht so schnell auf ein kaputtes Teil eingrenzen. Dann kann man nur nach und nach Komponenten ersetzen und beobachten wann die Probleme aufhören. Oder man geht gleich aufs Ganze und macht den Rundumschlag an der Vorderachse. Mit rund 300€ plus Stoßdämpfer ist man gut bedient.
Da dieser Wagen noch in der Probezeit ist und keiner sagen kann ob und wie lange er noch durchhält, wollen wir keine Unsummen investieren. Darum beschränken wir uns vorläufig auf zwei obere Querlenker und diese auch im unteren Preissegment. Sofern die restlichen Fahrwerkskomponenten irgendwann auch nochmal überholt werden, kommen die Querlenker schlimmstenfalls nochmal neu.
Hier und jetzt gilt es einzig und allein irgendwie erfolgreich durch die Hauptuntersuchung zu kommen. Das ist mit diesem Fahrwerk leicher gesagt als getan. Überall ist minimales Spiel in den Gelenken und Buchsen vorhanden. Alles zusammen ist schon deutlich fühlbar -das brauchen wir so garnicht erst zu versuchen. Am schlimmsten sehen die Buchsen beiden Querlenker aus. Mit der bloßen Hand kann das Gummi aus dem Auge der Strebe gedrückt werden. Dabei müsste hier eigentlich alles bombenfest sitzen um das Rad exakt zu führen.
Diese Beobachtung passt auch zu den Symptomen im Fahrbetrieb: beim Bremsen und Beschleunigen Schlaggeräusche aus der Vorderachse, knacken beim langsamen Rangieren und poltern beim befahren von Bordsteinkanten. Wenn Eisen auf Eisen schlägt, macht das schonmal deutliche Geräusche.
Nachdem der Paketdienst einen kleine aber schweren Karton vor die Haustür gebracht hat, können wir endlich mit der Arbeit loslegen. Das Auto aufbocken und beide Vorderräder abnehmen. Jetzt darf man sich das ganze Elend mal in Ruhe anschauen und versuchen es zu durchblicken.
Der Querlenker ist unten am Achsträger über ein Kugelgelenk und an der Karosserie mit einem Gummilager verbunden. Wenn man die Schraubverbidung lösen kann und den Lagerkonus ausgeprest bekommt, ist es garkeine große Sache. Altes Teil raus, neues Teil rein und fertig. Doch so einfach klappt es nur im Buch.
Auf der Fahrererseite beginnt meine Odysee. Die dicke M14 Schraube kann gerade so noch mit Schraubenschlüssel und gezielten Hammerschlägen überzeugt werden. Auch die Schraube unten am Kugellager bekam ich noch irgendwie gelöst. Doch das Ausdrücken wollte einfach nicht gelingen.
Die Altgesellen-Methode mit zwei dicken Hämmern von beiden Seiten gegen den Achsschenkel zu schlagen funktionierte nicht, weil die Bremsscheibe das Teil verdeckt. Und versehentlich gegen die Bremsscheibe zu schlagen wollte ich auch nicht riskieren. Stattdessen kommt einfach das Federbein weg.
Der Fuß vom Federbein wird durch drei M12er Schrauben am Achsschenkel gehalten. Diese müssen nur gelöst weren und schon baumelt das Federbein lose im Radkasten, nur das Domlager und die Pendelstütze halten es fest. Letztere wird auchnoch abgenommen, so bleibt mehr Spielraum für die folgenden Arbeiten.
Jetzt ist endlich genug Platz um mit grobem Werkzeug und einem anständigen Abzieher den Konus auszudrücken. Die Hammerschläge sollen den Bolzen lockern und der Ausdrücker presst ihn raus. So war der Plan -alles in allem hat die erste Seite fast 6 Stunden bis zu diesem Punkt gedauert. Erst mit dem passenden Werkzeug ging es weiter.
Nun kommt endlich das neue Teil an seinen Platz -jede Seite ist verschieden und durch Buchstaben markiert. Mit dem Wagenheber als Helfer kann der Achsschenkel so positioniert werden, dass der neue Kugelkopf ins Loch passt. Für mich war es am einfachsten erst oben den Bolzen durchzustecken und dann unten den Bolzen einzufädeln. (Falls sich der Konus beim festschrauben mitdreht, kann man ihn mit der Schraubzwinge ins Loch drücken, so dass er stehenbleibt.)
Mit dem Wagenheber wird auch das Federbein auf den Achsschenkel gepresst, so das die drei Schrauben wieder ins Gewinde fassen. Etwas flüssige Schraubensicherung ist an dieser Stelle sehr wichtig. Andernfalls könnte sich im schlimmsten Fall das Federbein lösen. Mit den richtigen Dremomentwerten wird der Lenker erst dann angezogen wenn die Federung bis auf Fahrtniveau komprimiert ist. Die untere Mutter bekommt 80NM und die obere Schraube 110NM.
Die Beifahrerseite blieb bis zum Schluss ähnlich störrisch. Erst mit noch größeren Hämmern und Abziehern gab das Kugelgelenk nach. Dafür musste die obere Schraube zerstört werden um sie lösen zu können. Mit einem kleinen Bohrer wurde die Mutter Stufenweise aufgebohrt. Am Ende sprang sie einfach von der Schraube.
Auch die drei 10.9er Schrauben vom Achsschenkel waren rundgedreht und mussten erneuert werden. Leider hat kein einziges Geschäft Schrauben dieser Güte und Größe auf Lager. Und bei BMW bestellen hätte zu lange gedauert. Zum Glück gibts hier noch eine LKW-Werkstatt mit großem Schraubenlager -da wird man geholfen. Mit Schraubenkleber und 110NM fanden auch diese Schrauben endlich ihren Weg ins Gewinde.
Zum Abschluss wird nochmal jede zuvor gelöste Verschraubung kontrolliert auf Sicherung und korektes Drehmoment -Fehler sind an dieser Stelle äußert Gefährlich für die Verkehssicherheit. Mit ettlichen Fahrten um Werkzeug und Kleinteile zu besorgen dauerte die Aktion (mit Unterbrechungen) drei volle Tage. Mit besserer Vorbereitung kann man sicherlich auch in einem fertig werden. Geschafft ist man am Ende so oder so.
Die Probefahrt zeigte dann eine positive Wirkung der neuen Querlenker. Das Flattern beim bremsen aus hoher Geschwindigkeit ist verschwunden, genauso wie die Spurrrillenempfindlichkeit. Nur das vibrieren bei Tempo 110 ist nach wie vor ganz leicht spürbar. Für die HU reicht es aber in jedem Fall aus.
Oh oh - welch Aktion Comickus.
AntwortenLöschenGute Dokumentation wie man es von dir kennt.
Und nicht vergessen: Ohne Helm und ohne Gurt - einfach Kurt!
Munter bleiben :)
Tja, mein Sohn, war wirklich `nen hartes Stück Arbeit.
AntwortenLöschenArbeiten am Fahrwerk von älteren Autos sind leider meistens eine echte Geduldsprobe.
AntwortenLöschenNur mit vernünftigem Werkzeug und dem großen Hammer kommt man voran.
Zum Glück kommen diese Reparaturen nicht allzu oft vor. (Wenn ich an den weißen
Siebener vom Nikografen zurückdenke....)
Comickus