Freitag, 2. Januar 2015

In the bleak midwinter . . .

Über Nacht war es kalt geworden und der bislang eigentlich recht warme Winter zeigte sich bei Temperaturen um den Gefrierpunkt auch mal von seiner frostigen Seite. Ich war auf der Autobahn unterwegs nach Hannover um zwei Freunde zu besuchen, als mir auffiel dass die Temperaturanzeige die meiste Zeit über im "Keller" blieb und die 70°C kaum erreichte. Sollte der Passat nicht eigentlich auch seine Betriebstemperatur bei 90°C erreichen? Da fehlen locker zwanzig Grad! Auf der Rückfahrt wurde es nicht besser. Immer wieder pendelte die Temperaturanzeige zwischen Auflagepunkt und der 70 Gradmarke. Nur nach einer längeren Ampelphase am Autobahnzubringer konnte der Passat kurzzeitig die 80 Gradmarke knacken. Doch nachdem die Ampel den Weg wieder freigab sank die Kühlwassertemperatur wieder herab. Was ist denn hier los?  

 


Der Fall ist klar: Das Thermostat ist hinüber. Das Thermostat soll ja eigentlich die beiden Kühlkreislaufe des Autos miteinander verbinden und durch teilweises (oder vollständiges) Öffnen und Schließen der beiden Kreisläufe das warme und das kühlere Wasser so miteinander vermischen, dass ein annähernd konstanter Temperaturwert gehalten werden kann - die 90 Grad Betriebstemperatur. Wenn das nicht der Fall ist, hat es vermutlich einen leichten Schaden. Entweder bleibt es offen oder zu -hier war wohl ersteres der Fall.

Doch viele erfahrene Passatfahrer werden hier wohl aufschrecken. Im Passat hat eine schwankende Temperaturanzeige nämlich nicht immer sofort etwas mit einem defekten Thermostat zu tun. Im  Kombiinstrument befindet sich ein sogenannter Spannungskonstanter, der die Instrumente mit ausreichend Strom versorgen soll. Geht dieses Bauteil kaputt, was beim Passat 35i wohl häufiger der Fall ist, so merkt man dies an pendelnden Zeigerbewegungen der Instrumente. Doch in meinem Fall war es nicht der Spannungskonstanter der die Nadel tanzen ließ. Ansonsten wäre die Tankanzeigennadel auch betroffen gewesen. Diese zeigte jedoch pausible Werte an. Außerdem gab es noch einen eindeutigen Hinweis darauf, dass die angezeigten Temperatuwerte echt sind: Als ich an der Ampel stand und die Kühlwassertemperatur stieg, wurde auch die Luft die aus der Heizung kam spürbar wärmer. Defakto ist der Temperaturunterschied also definitiv spürbar und das Thermostat ist defekt. Nun muss es ausgetauscht werden. Eigentlich ein einfaches Unterfangen. Damals im Vectra ging es auch relativ leicht von der Hand (habe ich mir sagen lassen). Doch der Passat verstand es uns das Leben nicht so leicht zu machen.


Das Thermostat im Passat sitzt genau an der vom Keilriemen angetriebenen Wasserpumpe, die das Kühlwasser durch den Kreislauf pumpt. Also verwundert es nicht, dass wir am Riementrieb danach suchen müssen. Aber wie genau bahnt man sich einen Weg zu dem kleinen Gehäuse, in dem das Thermostat verbaut ist? Von oben? Von unten? Oder anders gefragt: Reicht es nur die Servopumpe abzubauen oder müssen wir die Anbauaggregate oben auch noch ausbauen? Lichtmaschine, Klimakompessor, Ankerplatte mit Spannrollenvorrichtung . . . Gibt es denn keinen Hinweis der uns helfen könnte? Wozu so lange tüfteln, wenn es vielleicht schon Lösungen gibt? Man muss das Rad nicht neu erfinden.


Leider waren hier die Suchergebnisse weniger hilfreich. Bestenfalls fanden sich Anleitungen für den Nasenbärvorgänger des 35i, der keine Federspannrollenvorrichtung des Rippenriemens besaß, sondern über eine Längenverstellung an der Lichtmaschine. Auch im Selbstschrauberreparaturhandbuch stand nicht mehr alsw wir ohnehin schon wussten. Die wenigen Hinweise für den B4 betrafen nur Fahrzeuge ohne Klimaanlage. Etwas irritiert von der Tatsache, dass man das Thermostatgehäuse im Schummerlicht der Werkstatthandlampe nicht erkennen konnte und die leicht fragile Servopumpe mit ihren starren Leitungen den Abbau etwas schwerwiegender erscheinen ließ, entschlossen wir uns zunächst von oben an die Sache heranzugehen. Die Batterie war im Nu abgeklemmt und die Lichtmaschine schnell ausgebaut. 


Doch dann kamen schon die nächsten Probleme auf. Wie löst man die Ankerplatte? Muss dazu auch der Klimakompressor von der Ankerplatte gelöst werden oder kann man ihn zusammen mit der Ankerplatte abnehmen? Wir entschlossen uns dafür den Klimakompressor montiert zu lassen und hatten letztendlich Glück mit unserer Entscheidung. Alle Schrauben für die Ankerplatte zu finden war garnicht so einfach und letztendlich die größte Hürde bis dahin. Eigentlich waren wir der Meinung alle Schrauben gefunden zu haben, doch  fanden wir im Dreck einer Nische doch noch die eine entscheidende Schraube und so hielten wir wenig später die Ankerplatte in den Händen. Allerdings mussten wir nun feststellen, dass die letzten Arbeiten wohl anscheinend allesamt überflüssig waren. Jetzt wo die Ankerplatte den Blick auf den Motorblock frei gab, konnte man den Deckel des Thermostatgehäuses eindeutig erkennen, etwa eine Etage tiefer in Höhe der Servopumpe. Herzlichen Glückwunsch, sie haben die Arbeitsbeschaffungsmaßnahme soeben erfolgreich absolviert.


Wie ärgerlich. Also muss nun doch auch die schon leicht lecke Servopumpe weichen. Mit einem Trick 17 war das dann aber doch nicht mehr so undenkbar, wie es zunächst bei erster Betrachtung schien. Die Servopumpe hingen wir mit Hilfe eines quer über den Motorraum gelegten Besenstils auf und konnten durch Lösen der Halterung am Ende der Leitung etwas Spiel und Arbeitsraum zum Handtieren gewinnen.Jetzt war auch der Deckel vom Thermostatgehäuse frei.



Da wir nun sowohl Servopumpe als auch Ankerplatte gelöst hatten, war definitiv ausreichend Platz zum Arbeiten vorhanden. Allerdings stellte sich uns nun die Frage ob es nicht auch gegangen wäre, wenn wir die Ankerplatte montiert gelassen und nur die Servopumpe gelöst hätten -denn ein Stück weit ragt die Ankerplatte trotzdem über den Deckel des Thermostatgehäuses. Schwer zu sagen ob dies möglich wäre. Allerdings werden wir es wohl nur beim nächsten Mal herausfinden indem wir es probieren, denn nach dieser Verlängerung und Nachspielzeit, sollte nicht nun auch noch das Elfmeterschießen stattfinden. Also fix den Eimer zur Hand, Kühlwasserschlauch gelöst und "platsch", das Kühlwasser ergoss sich in drei Schritten in unseren Auffangeimer. Als der Deckel vom Thermostatgehäuse abgeschraubt war und ein erneuter Schwall im Eimer landete, konnte man den Übeltäter endlich erblicken. Kleinvieh macht also auch Mist.


Das alte Thermostat klemmte so sehr fest, dass nur eine Zange uns weiterhelfen konnte. Als noch ein Schwall restliches Wasser dann endlich im Eimer war, konnte nun das neue Thermostat eingesetzt werden und eigentlich müsste es nun doch schnell und einfach von der Hand gehen, alles in umgekehrter Reihenfolge wieder dem ursprünglichen Zustand anzunähern. Doch das war es nicht. Auch wenn sich der Deckel vom Thermostatgehäuse, die Schläuche und auch die Servopumpe wieder annähernd leicht befestigen ließen, bereitete uns doch die Ankerplatte wiedermals Probleme. Die Flucht für die Bolzen wollte nicht passen und nur mit einigem Überredungspotential (Hammer) und einiger Ausdauer saß dieses Monstrum wieder an seinem ursprünglichen Platz. Bis heute eigentlich unverständlich woran es gehakt haben soll.




Aber nun ein Endspurt, draußen dunkelt es unaufhaltsam. Jetzt schnell das Kühlwasser wieder aufgefüllt und dann vorsichtig den Motor im Stand warmlaufen lassen und immer wieder den Pegel im Ausgleichsbehälter kontrollieren. Nachdem sich das Wasser erstmal im System verteilt hat, dauert es noch einige Minuten bis dass das Thermostat den Heizungskreislauf öffnet und auch dort das Kühlwasser ankommt. In diesem Augenblick sinkt der Pegel ein weiteres Mal im Ausgleichsbehälter und muss wieder durch Wasser bzw. Kühlerfrostschutz ausgeglichen werden (der Passat hat übrigens das gelb-grün-bläuliche G11 als Frostschutz). Anschließend folgte eine Probefahrt. Relativ schnell erreichte der Passat jetzt seine Betriebstemperatur von 90 Grad und aus der Heizung kam derartig heiße Luft, dass ich den Passat fast nicht wiedererkannt habe. Phänomenal und unglaublich, was etwa zwanzig Grad Temperaturunterschied für eine Heizung bedeuten können.



Doch plötzlich blinkte auf dem Rückweg von der Probefahrt im Kombiinstrument die Kontrollleuchte für den Pegel des Kühlmittelstandes im Ausgleichsbehälter. Wir hielten an der nahgelegenen Tankstelle an und mussten noch etwa einen Liter Kühlwasser auffüllen. Vermutlich war es eine Luftblaste im Heizungssystem, die sich nun bis zum Ausgleichsbehälter vorgearbeitet hatte und kein Leck, denn bislang ist der Pegel danach recht konstant geblieben.



Nachdem nun auch einige Kilometer hinter der Aktion liegen, hat sich der Frostschutz im System gut verteilt und eine letzte Kontrollmesserung zeigt an, dass genügend Frostschutz aufgefüllt wurde: bis etwa -30 Grad ist der Motor vor Frost geschützt; Temperaturen die wir in diesem Jahr wohl nicht mehr erwarten müssen. Ich bin froh, dass der Passat endlich wieder seine Betriebstemperatur erreicht, die Heizung angenehm warme Luft in den Innenraum bläst und wir bei der Gelegenheit das Kühlwasser teilweise erneuern konnten. Beim nächsten Mal sind wir schlauer, man lernt eben jeden Tag dazu.

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