Freitag, 9. Januar 2015

Im Cabrio durch die Winternacht

 

Die Winterzeit und Cabrios sind keine ganz glückliche Kombination. Wenn der Eine vor der Tür steht, verkriecht sich der Andere in die stille Ecke und wartet bis seine Zeit gekommen ist. Viele Cabrios verbringen sie kalten Monate daher im Winterlager unter einer Decke oder sie bekommen das Hardtop aufgepflanzt um damit gegen Schnee und Eismassen gewappnet zu sein. Doch es gibt auch Ausnahmen.


Diese Minderheit stellen Winter-Cabriofahrer(innen) dar. Hardtopklappdach-Modelle ignoriere ich hier mal großzügig, schließlich ist das Auto kein Cabrio solange selbiges über den Passagieren geschlossen ist. Hier geht es vielmehr um jene abgebrühten Menschen die mit Stoffverdeck unterwegs sind. Nichtnur dass sie ihren Auto mehr zumuten (Stoffdächer mögen kein Eis), sie frieren dabei meist auch mehr -da könnte man das Dach doch eigentlich auch gleich offen lassen. 

 

Ziemlich genau diesen Gedankengang hatten wir auch als sich uns die Möglichkeit bot für eine Nacht ein Cabrio zu bekommen. Nachts und im Winter ist zwar absolut nicht die perfekte Zeit um Cabrio zu fahren -aber dem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul. Darum störte es uns auch nicht allzusehr, dass wir kein "richtiges" Cabrio bekommen -auch wenn es so heißt. Das Fiat 500 Cabrio, ist genau so viel ein Cabrio wie die Citroen 2CV oder ein Baur-BMW mit Targadach. 


Bei diesem Fahrzeug lässt sich das "Verdeck" nicht wie bei eigentlichen Cabrios oder Roadstern samt Dachholmen wegfalten, sondern nur die Dachhaut verschwindet nach hinten. Also ein großes Stoff-Schiebedach welches sich auf Wunsch inklusive Rückfenster zusammenlegt und über dem Kofferraumdeckel aufschichtet. Darum nennt sich diese Fahrzeuggattung auch Cabriolimousine.


Damit soll nicht gesagt werden das ein 500C keinen Spaß macht und seiner Funktion als Schönwetterauto abträglich wäre, aber es ist doch nochmal was anderes wenn der Himmel komplett frei ist und nur die Windschutzscheibe vor dem Fahrtwind schützt. Andererseits ist es Nachts bei knapp 4°C Lufttemperatur auch nicht zu verachten wenn man ziemlich gut geschützt mit offenem Dach durch die Stadt fahren kann.


Genau so haben wir es nämlich gemacht. Raus aus dem warmen Parkhaus. Verdeck runter. Mützen auf und Kragen hoch schlagen. Die Heizung läuft selbstverständlich auf Maximum. Wenn man sich etwas nach vorn beugt, föhnt das Gebläse die Hände während der Kopf abkühlt. Ständig braucht man das nicht erleben, aber bei Stadttempo lässt es sich aushalten. Andere Autofahrer sind um diese Zeit kaum noch unterwegs, aber die LKW-Fahrer an der Ampel neben uns schauten doch recht verwirrt aus dem Fenster zu uns runter.


Den härtetest machten wir auf der Kraftfahrstraße: Mit geschlossenem Verdeck schafft der Wagen knapp 170 Sachen und ohne Verdeck wird es ab 120kmh so laut, dass man sich nur noch anschreien kann. Der ausklappbare Windabweiser an der vorderen Dachkante macht wirklich einen deutlichen Unterschied, ohne ihn wäre es noch lauter im Innenraum. Genauer gesagt ist der 500C mit offenem "Schiebedach" leiser als ein Ford Escort Vollcabrio aus den 90ern mit geschlossenem Dach. (Aber vielleicht lag das auch am schlechten Zustand des Fords)

Mal abgesehen von den guten Wintereigenschaften (die Heizung bringt die Kabine schnell auf angenehme Temperaturen -solange das Dach zu bleibt. Ist der Fiat 500 eine nette Mischung aus vernunftorientiertem Stadtfloh und Schönwetter-Zweitwagen mit viel Retrodesign. Das hat natürlich alles seine Vor- und Nachteile wenn man versucht zwei Fahrzeugkonzepte zu vereinen. Die Frage ist einfach, was man von dem Auto erwartet.


Mit einem winzigen Zweizylinder Turbobenziner und nicht einmal 0,9L Hubraum sind die Erwartungen der Beschleunigung eher gering. Dabei machen die 85 PS einen sehr lebhaften Eindruck und treiben den Italiener mit steigender Drehzahl zügig vorran. Dazu passt auch der unter Last kernig röhrende Auspuffsound, zwar nicht so wie bei einer Harley aber deutlich besser als so manch anderer Kleinwagen mit Nähmaschinenmotor.


Mit einem Fahrwerk das für die Innenstadt mit vielen schlechten Straßen und engen Parklücken ausgelegt ist, machen schnelle Landstraßenritte eigentlich nicht viel Spaß -die Rückmeldung der sehr leichtgängigen Lenkung lässt zu wünschen übrig und in Verbindung mit den glatten Sitzen rutscht man in Kurven hin und her. Der Kurze Radstand bringt den Wagen bei Bodenwellen zum Wippen, eine straffere Federung könnte das wohlmöglich vermindern, aber dann sind die Komforteinbußen im Alltagsverkehr wieder zu groß. 


Apropos Alltagsverkehr: Für den Einkaufstrip in die Stadt eignet sich so ein Kleinwagen ideal, nur sollten die Einkäufe nicht allzu umfangreich sein, denn durch die kleine Kofferraumluke lässt sich der schmale Laderaum schlecht erreichen. Dann legt man das Gepäck doch besser gleich auf die Rücksitzbank. Für normale Menschen ist dort ohnehin kein Platz vorhanden, nur Kinder und Menschen mit Beinen wie Zahnstocher können dort länger als ein paar Minuten bequem sitzen. 

 

In der ersten Reihe ist das Platzangebot schon deutlich besser. Durch die großen Türen kommt man leicht auf seinen Sitz und auch die Kopffreiheit ist ausreichend für größere Menschen. (Mit offenem Verdeck können die ganz großen Fahrer auch über die Dachkante nach draußen schauen. Die Bedienelemente befinden sich übersichtlich angeordnet auf dem in Wagenfarbe lackierten Armaturenbrett und lassen sich bequem von den recht hohen Sitzen erreichen, Ohne ausgeprägte Sitzwangen bieten letztere keinen guten Halt in schnellen Kurven, aber dafür stören sie auch nicht wenn man mehrfach am Tag ein und aussteigen muss. 


Mit den lackierten Innenerkleidungen und Schaltern in Klavierlackoptik macht der Innenraum einen sehr freundlichen und wertigen Eindruck. Nur das sehr vollgepackte und schwer ablesbare Kombiinstrument sowie die Blinker und Wischerhebel die ohne Veränderung aus dem FIAT-Nutzfahrzeugprogramm stammen gefallen mir nicht gut. Aber damit lässt sich gut leben wenn man weiß wie günstig so ein 500C im Vergleich zu ähnlich positionierten Fahrzeugen ist (besonders der Mini Cooper). Mit der (ebenfalls) eher durchwachsenen Langzeitqualität muss man sich in beiden Fällen abfinden.

So oder so war es ein schöner Ausflug mit einem interessanten Auto das viele Rollen spielen kann. Modernes Citymobil mit viel Sicherheits und Spritspartechnik -unter anderem Start&Stop-Automatik sowie Schaltpunktempfehlung für das Fünfganggetriebe sowie Retrodesign und komfortables Freizeitauto für Ausfahrten bei strahlendem Sonnenschein und offenem Verdeck.

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