Freitag, 23. Januar 2015

Fürs Handling abgestimmt; Toyota Corolla Sportfahrwerk


Warum Teile nur austauschen wenn man auch gleich optimieren kann? Getreu diesem Motto nutzen wir so ziemlich jede Möglichkeit ein kaputtes oder verschlissenes Anbauteil an unseren Fahrzeugen durch eine verbesserte Variante zu ersetzen. Das Fahrwerk ist ein besonders dankbares Feld für Modifikationen, schließlich soll der Hersteller für jede Situation eine Lösung bieten. Damit sind aber nicht längst alle Autofahrer zufrieden - so wie Nic mit seinem Toyota Corolla, dessen Straßenlage lässt doch einiges zu wünschen übrig und verlangt nach Zuwendung.

An dieser Stelle verwende ich bewusst das Wort "Tuning" für diesen Umbau, schließlich heißt tunen im ursprünglichen Sinne Einstellen oder Abstimmen und genau das wird hier gemacht, der Wagen wird für ein besseres Handling abgestimmt und kann/muss nicht mehr primär komfortabel sein - wobei letzterer nicht wirklich gelitten hat.

In den Ohren normaler Mitmenschen klingt Auto&Tuning in erster Linie nach tiefer breiter härter und Fahrzeugen deren Optik mehr verspricht als Fahrer und Technik halten können. Das ist bei diesem Toyota allerdings nicht der Fall - im Gegenteil, rein äußerlich deutet nichts auf den gehoben fahrdynamischen Anspruch hin den das Auto erfüllen kann. Motorseitig sind dazu keine Veränderungen notwendig gewesen, nur das Fahrwerk und die Karosserie wurden optimiert. Man kann auch mit nur 75PS seinen Spaß haben, solange man den Schwung nicht verliert und die Strecke zwischen den Kurven nicht zu lang wird. 


Bevor es jetzt mit dem Umbau des Fahrwerks inklusive neuer Federn und Dämpfer losgeht noch ein bisschen Vorgeschichte zum Auto und wie eines zum anderen führt. Gebaut wurde dieser Corolla im Januar 1996 und ging durch zwei Paar leidlich pflegliche Rentnerhände bevor er mit knapp 36.000km zu seinem jetzigen Besitzer kam. Den guten Erhaltungszustand hat er sich bis heute bewahrt, doch in den letzten 6 Jahren und 50.000km Kilometern kam schon das eine oder andere Zubehörteil ans Auto. Manchmal muss ein bisschen Veränderung sein und wenn es auchnoch der Sicherheit (und Dynamik) dient kann man es doch nur befürworten. 


Neben den vier Hella Zusatzscheinwerfern (zweimal Fernlicht, zweimal Nebelscheinwerfer), wurden auch noch eine Domstrebe im Motorraum und Zugstreben am Unterboden angebracht. Letztere sind gebraucht und stammen aus einem Toyota Corolla E11  und wurden beim Nachfolgemodell serienmäßig eingebaut um die Verwindungen der Karosserie zu reduzieren. Jede Flexibilität und Bewegung der Karosserie reduziert die Lenkpräzision und damit die Straßenlage. Fürs Federn ist das Fahrwerk zuständig, nicht die Karosserie.


Sobald die ungewollten Verwindungen der Karosserie und Achsaufnahmen in der Kette von Einflüssen auf die Straßenlage reduziert wurden, geht es weiter mit den Reifen. Etwas breitere Reifen (185 zu 165mm) bieten mehr Verbindung mit der Fahrbahn und können mehr Kräfte in Längs- und Querrichtung übertragen, sowohl die Kurvenlage als auch das Bremsverhalten profitieren davon. Solange man sich dabei im Herstellerseitig vorgesehen Rahmen bewegt, gibt es damit auch keine Platzprobleme (Schleifen bei starkem Lenkeinschlag) oder Schwierigkeiten bei der Eintragung/Hauptuntersuchung.


Zwischen Reifen und Karosserie muss das Fahrwerk vermitteln und dafür sorgen, dass sowohl die Reifen immer optimalen Bodenkontakt behalten und die Insassen nicht zu sehr durchgeschüttelt werden. Ein Kompromiss für gute und schlechte Straßen muss ebenfalls gefunden werden wenn das Auto später für normale Menschen im Alltagsverkehr geeignet sein soll. Dabei ist ein tiefes und bretthartes Fahrwerk kein Garant für gute Straßenlage und schnelle Kurventempi - im Gegenteil, wenn man es übertreibt ist das Auto am Ende langsamer als mit dem Serienfahrwerk. Solange man nur über die Bodenwellen hüpft und bei jedem Asphaltflicken das Rad abhebt kann es keine Seitenführungskräfte übertragen und das Fahrzeug eiert nervös über die Fahrbahn.


Den passenden Mittelweg zwischen komfortablem Alltagsbetrieb und ausreichender härte für flottere Reisegeschwindigkeit (ich verwende in diesem Zusammenhang nicht den Begriff "sportlich" das klingt zu sehr nach Möchtegern-Schumi und Geschwindigkeitsübertetung) zu finden ist eine hohe Kunst und jeder Autohersteller gibt viel Geld für die optimale Abstimmung seiner Fahrzeuge aus. Entsprechend teuer und aufwendig entwickelt sind daher alle guten Nachrüst-Fahrwerke namenhafter Hersteller.


Hier am falschen Ende zu sparen hat negative Folgen für das Fahrverhalten mit den obigen Symptomen. Darum machen wir es auch etwas anders: Da ein wirklich gutes Gewindefahrwerk was alle Anforderungen erfüllen könnte über dem Budget liegt, kommen die straffer abgestimmten Fahrwerksfedern vom Toyota Corolla E11 G6-R zum Einsatz. Der E11 G6-R ist der Nachfolger dieses Corolla und die Homologationsbasis für den Rallyeeinsatz. Neben einem anderen Fahrwerk und natürlich einem stärkeren Motor verfügt er unter anderem über eine Motorhaube aus Aluminium.

 

Die Federn sind gebraucht, aber noch in gutem Zustand, alle anderen Teile wie Manschetten Anschlagpuffer und Schwingungsdämpfer kommen neu. Bei den Dämpfern handelt es sich um japanische Kayaba Ultra SR, bei dem etwas eingeschränkten Angebot (es ist halt kein Golf) und durch die guten Kritiken in einschlägigen Japanauto-Foren bestätigt, erhielten sie den Zuschlag. Die Kombination aus quasi-Serienkomponenten und etwas strafferen Dämpfern sollte für eine deutlich verbindlichere Straßenlage sorgen ohne jede schlechte Straße zur Folterpiste werden zu lassen.

 

Der Einbau erfolgte werkstattmäßig, aber in Eigenregie. Mit einer Hebebühne ist die ganze Aktion in wenigen Stunden erledigt und ohne anschließende Achsvermessung sollte man ohnehin nicht allzuweit fahren. Da dieser Wagen rundum MacPherson-Federbeine hat, müssen die Federn samt Dämpfer vom Auto getrennt und auf der Werkbank demontiert werden. Bevor das möglich ist, müssen erstmal die Pendelstützen welche den Stabilisator an der Hinterachse mit den Federbeinen verbinden gelöst werden. Wie bei einem nicht mehr ganz jungen Auto zu erwarten ist, sind die  Schrauben nichtmehr ohne etwas Überredungskunst zu lösen, aber mit Kriechöl und dem Feuerschlüssel (Acetylenbrenner) gelingt es doch. Auch das ABS-Kabel und die Bremsanlge bzw deren Leitungen müssen ebenfalls vom Federbein/Achsschenkel gelöst werden, im Anschluss wurde die Bremse entlüftet (nicht vergessen!). Dann halten nurnoch jeweils drei Muttern oben am Domlager und zwei Schrauben unten am Achsschenkel die Federbeine an ihrem Platz. Im Kofferraum verstecken sich die Federbeindome unter einer Plastikverkleidung, diese lässt sich aber einfach entfernen.

 

Da in unserem Fall sämtliche Komponenten des Federbeins (bis auf den Federbeinteller) getauscht wurden, können wir an dieser Stelle alle neuen Teile zusammenstecken und mit einem Federnspanner die Feder soweit komprimieren bis der Federteller oben auf die Kolbenstange passt und sich die Mutter aufschrauben lässt. Erst wenn diese korrekt angezogen ist darf der Federnspanner gelöst werden. Andernfalls kann sich die Feder selbstständig machen und mit großer Wucht davonspringen, wer davon getroffen wird kann sich schwer verletzen! Das gleiche gilt für die Demontage des alten Federbeines um an die Teile zu kommen die wiederverwendet werden müssen.

Mit neuen (gebrauchten) Federn, neuen Dämpfern, Endanschlägen und Staubschutzmanschetten kann nun der Zusammebau erfolgen. Zum Abschluss erfolgen dann die Entlüftung der Bremsanlage und die Einstellung der Scheinwerfer (neue Fahrhöhe) sowie Sturz und Spurwerte auf dem Achsvermessungsstand. Dort wurden die Einstellungen der Fahrwerksgeometrie und dem angestrebten Verwendungszweck angepasst. Mit etwas mehr Vorspur an Vorder und Hinterachse (die Vorderkanten der Räder zeigen jetzt minimal zusammen) sollte der Wagen ruhig liegen und sich selbsttätig stabilisieren. Außerdem trägt die größere Vorspur zu einem gleichmäßigeren Reifenverschleiß bei erhöhtem negativen Sturz bei.


Die erste Probefahrt nach erfolgreichem Umbau bestätigte den gewünschten Effekt dieser Operation unmittelbar. Wo vorher ein Aufschaukeln der Karosserie und starkes Eintauchen beim Bremsen waren, liegt der Wagen jetzt deutlich satter ohne übermäßige Neigung bei Längs- oder Querbeschleunigung auf der Straße. Lenkbefehle werden präziser von den Rädern auf den Asphalt übertragen und auch das Bremsverhalten wurde deutlich verbessert, da die Karosserie sich nichtmehr so stark bewegt und die Räder besseren Bodenkontakt haben. Negative Einflüsse auf den Fahrkomfort sind kaum feststellbar und das Verhalten im Grenzbereich ist weiterhin gutmütig und neutral. Als netter Nebeneffekt hat der Corolla durch den Umbau vorne knapp 2cm und hinten 1cm an Bodenfreiheit gewonnen und liegt so wieder auf dem Niveau das er 1996 schonmal hatte. Die neuen Federn sind ~0,5mm dicker und in den letzten Jahren wohl nicht so stark zusammengesunken wie die 86.000km alten Originalteile - obwohl sie eine deutlich höhere Laufleistung haben (rund 150tkm).


Der Umbau ist nun schon gut einen Monat her und die neu entdeckte Freude am Fahren hat kein bisschen nachgelassen. Die nächsten Modifikationen sind schon geplant, aber fürs erste sind wir mit dem aktuellen Stand sehr zufrieden. Trotz des kleinen 1,3L 4E-FE Motors, kann der Corolla auf Landstraßen zügig bewegt werden - man darf einfach nicht den Schwung verlieren.

In diesem Sinne. Gute Fahrt und Munter bleiben.

1 Kommentar:

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