Montag, 2. Mai 2016

Wenn Kunststoff und Metall aufeinandertreffen

Wäre die Leuchtdiode für die Kühlwasserkontrollanzeige im Kombiinstrument des Passat B4 grün, so könnte man diese dank des intervallartigen Aufleuchtens fälschlicher Weise für einen Blinker halten. Zu dumm, dass die Blinkfrequenz zu schnell ist, die Leuchtdiode rot und mit Beenden des Abbiegevorgangs und dem Zurückschnellen des Blinkerhebels die Diode nicht erlischt. Folglich bleibt festzuhalten: Houston, wir haben ein Problem! Es scheint Kühlwasser zu fehlen. 




In der Tat fehlte ein halber Liter. Die ersten beiden Male hatte ich mich noch gewundert und alles erdenkliche abgesucht. Nichts zu sehen. Liegt etwa ein Zylinderkopfdichtungsschaden vor? Nein, keine weißen Ablagerungen im Öl. Also muss der Motor es doch irgendwo verlieren. Aber wo? Alle Schläuche scheinen dicht und nicht porös. Sehr merkwürdig. Doch mir kam ein Verdacht. 

Ich erinnere mich noch gut an den Tausch des defekten Thermostats im Passat und was für eine elendige Scheißmaloche es war, diesen doofen Kunststoffdeckel vom Thermostatgehäuse nach dem Austausch wieder abzudichten. Da half auch keine Dichtmasse. Unzählige Male das Wasser wieder ablassen, Deckel neu abdichten, wieder festschrauben, neu befüllen und ausprobieren. Und mit jedem Mal leckte es schlimmer. Das konnte doch nicht so schwer sein. Letztendlich half nur ein neuer Thermostatgehäusedeckel. Einmal gelöst, kann dieser Kunststoffdeckel wohl nicht mehr gut genug abdichten. Wer weiß, ob der neue nach den Problemen die wir dort hatten, nicht auch etwas verliert? Doch auch am Deckel war erstmal nichts zu erkennen. Alles merkwürdig. Doch ohne konkreten Beweis flickschustern, ist auch keine Lösung. Seit jenen Tagen war es daher immer so, dass alle paar Wochen ein halber Liter Kühlwasser aufgefüllt werden musste. 


Letzte Woche jedoch machte ich bei warmen, laufenden Motor die Haube auf, um nach einem merkwürdigen Geräusch zu gucken, als ich auf dem Getriebe und dem Motorrumpf Wasser stehen sah. Da es nicht wie Öl aussah, konnte es sich nur um Kühlwasser handeln. Die rosa Farbe vom C12+, war ebenfalls deutlich zu erkennen. Ich verfolgte die Kühlwasserspur dem Motor hinauf und entdeckte nun endlich das Kühlwasserleck. Eigentlich gar nicht so überraschend, da es sich um eine bekannte Alterungserscheinung beim 35i handelt. Der Kühlwasserflansch aus Kunststoff, der vorne am Zylinderkopf an die Kühlwasserkanäle angeschraubt wird, ist undicht. Inzwischen war es schon so undicht geworden, dass rosa Rückstände rund um den Flansch die Austrittsstelle verraten haben. Der Schwerkraft folgend, floss das Wasser deshalb den Motor hinab. Der Spezialpassat hat eine derartige Operation schon hinter sich und wurde damals in der Werkstatt beim Servicemarathon 2013 direkt mit ausgetauscht. Damals waren dort auch rosa Ablagerungen zu sehen und verrieten die Undichtigkeit. Na bitteschön. Manchmal muss man einfach nur beharrlich bleiben und abwarten. 


Da bei unserem VW-Händler aufgrund irgendwelcher Idioten, die ihre bestellten Teile nicht abgeholt haben, per Telefon keine Teile mehr bestellt werden, habe ich mich auf zum Teilemann gemacht. Doch bereits beim Aufrufen der Explosionszeichnung am PC kam Verwirrung auf. "Mein Motor hat aber nur einen Temperatursensor und braucht daher auch nur eine Öffnung oben. Der auf dem Bild hat aber zwei". Der Teilemensch und ich schauten verdutzt auf dem Bildschirm. "Sind sie sicher? Das mit nur einer Öffnung ist eigentlich nur für Dieselfahrzeuge!" Ein Handyfoto vom Kühlwasserflansch bestätigte uns aber darin, dass nur ein Sensor am Wagen vorhanden war. Sehr merkwürdig, das alles. "Ach, diese Zeichnung ist ja universell. Vielleicht passt diese nicht zu 100% genau. Wir bestellen mal nach Liste, was zu ihrem Motor passen muss." Er soll es wohl wissen - dachte ich mir. Als ich die Teile bei seiner Kollegin am nächsten Tag abholen wollte, staunte ich nicht schlecht, als dort zwei Öffnungen für zwei Temperatursensoren zu mir aufblickten. Mehr oder weniger verwirrt sprach ich die Frau an und wollte sie nun bitten das "richtige" Teil zu bestellen, als sie mir sagte, dass dies das richtige Teil wäre, allerdings ein Blindstopfen fehle. 


Ein Blindstopfen? Wie kann das denn sein? Sie klärte mich auf, dass es einfacher wäre für VW nur noch einen Wasserflansch anzubieten und einen entsprechend kleinen Blindstopfen mit Dichtung für das überflüssige Loch zu vertreiben, als zwei verschiedene Wasserflansche. Sehr logisch die Erklärung. Schade allerdings, dass ihr Kollege das nicht wusste. "Normalerweise hätte da im Bestellsystem ein Vermerk aufblinken müssen, dass der Stopfen mitbestellt werden muss. Aber dem ist irgendwie nicht so." Ich wollte mich gerade schon damit abfinden, dass ich den besagten Blindstopfen nochmal bestellen muss, da verschwand die gute Frau im Lager und kam wenige Augenblicke später mit einem besagten Stopfen und einer Dichtung zurück. Das hätte ich wirklich nicht geglaubt. "Glück gehabt". 


Wieder zuhause angekommen konnte nun endlich die eigentliche Arbeit losgehen - Austausch des Wasserflansches. Weitestgehend ist alles selbsterklärend: Schläuche ab, Kühlwasser auffangen, Stecker vom Sensor ab und den alten Flansch losschrauben. Um das Kühlwasser auffangen zu können, habe ich einen leeren Margarinebecher genommen, da dieser klein genug war, um unter den Flansch zu passen. Er reicht vollkommen aus, um die auslaufende Wassermenge aufzufangen. Ein wenig schwieriger war es die Schlauchschellen zu lösen, da diese sich in den vergangenen Jahrzehnten in das Gummi eingearbeitet haben und sich zunächst einfach nicht trennen wollten. Hier muss man dann das gesamte zur Verfügung stehende Spiel der Schelle (und der Zange) ausnutzen. 


Im ausgebauten Zustand konnte man dann schon sehr schnell erkennen, dass die Dichtung vom Flansch defekt war. Als nächste Hürde stand nun an, den Stopfen und den alten Temperatursensor im neuen Flansch zu verbauen. Während das Lösen des alten Temperatursensor noch sehr einfach war (Klemme hinausziehen und durch rückelnde Bewegungen den Sensor nach oben herausziehen), war der Einbau wesentlich schwieriger. Die neuen Dichtungen für Blindstopfen und Temperatursensor sind nicht so plattgedrückt wie die alten und leisten daher ordentlich Widerstand. Von Hand fiel es mir sehr schwer Sensor und Stopfen weit genug hineinzudrücken, so dass man mit dem Klemmbügel die Nut getroffen hat. Daher habe ich mir geholfen und beides behutsam im Schraubstock eingespannt und so hineingedrückt. Der Klemmbügel lies sich dann ganz leicht hineinschieben.


Bevor nun der bestückte neue Flansch wieder an den Motor geschraubt werden konnte, musste noch die Kontaktfläche am Motor gereinigt werden. Die rosa Rückstände ließen sich größtenteils mit Bremsenreiniger gut entfernen. Für zwei "festgebackene" Stellen musste VORSICHTIG mit dem Schraubenzieher / Spachtel / Stecheisen nachgeholfen werden. Nun ist der Rest ein Kinderspiel. Den Flansch mit den zwei Schrauben wieder festschrauben, die Schläuche aufstecken und mit den Schlauchschellen fixieren. Fertig ist die Reparatur. Bei einem Testlauf zeigte sich dann, dass alles dicht ist. Prima! Nun sollte sich das Kühlwasserreservoire nicht mehr so schnell entleeren. . . . Wenn nicht wieder irgendwo anders am Motor Kunststoff und Metall aufeinandertreffen . . .

   

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