Ich finde es immer wieder erstaunlich, welche Geräusche einem Wagen Charakter bescheren. Bereits vor dem Aufschließen des Wagens höre ich mit meinem inneren Ohr, wie sich das Geräusch anzuhören hat. Meine Erwartungshaltung ist dabei nicht nur auf ein Geräusch beschränkt: das Ziehen am Türgriff, das Öffnen der Türen, das Schließen der Türen, das Anschnallen, das Einstecken des Schlüssels in das Zündschloss, das Drehen des Zündschlüssels, das Drehen des Anlassers, alles höre ich bereits bevor es passiert und die Wirklichkeit bestätigt mich darin . . . Alles wohlbekannte Geräusche . . . oder wirklich alle?
Nachdem der Anlasser des Vectra verstumme und der Motor startete, unterbrach die Erwartungshaltung beim Geräuschekino. Was war das? Ein vollmundiger und basslastigerer Klang bahnte sich trotz geschlossener Fenster seinen Weg in den Fahrgastraum. Wo ist das liebliche leise Säuseln des leicht überdrüssigen X16SZ geblieben? Es versank nahezu gänzlich im Bass. Man könnte dem Klang fast Glauben schenken, dass es sich hierbei um einen Motor mit mehr als 100 PS handelt. Doch die Eingeweihten unter uns wissen, dass weiterhin lediglich die 71PS zur Verfügung stehen und der Schein trügt. Mit jedem Gasstoß und jeder Beschleunigung entfaltete sich ein wohltuendes und nicht übertriebendes Bassfundament. Eigentlich etwas, auf das Soundingenieure im Hause Opel hätten stolz sein müssen. Doch leider spielt dort wieder die Erwartungshaltung rein und hält mir vor Augen: Da stimmt was nicht mit deiner Abgasanlage.
Ein Blick unter das Auto bestätigte dann auch die Vermutungen. Dort wo Mittelschalldämpfer und Endschalldämpfer ineinandergesteckt werden, ist entlang der Kante des Endschalldämferrohres das Rohr des Mittelschalldämpfers verrostet. Das gelöste Rundstück Rohr hing nur noch am seidenen Faden. Hier schallten alle Abgase hinaus, bevor sie überhaupt eine Chance hatten den Endschalldämpfer zu erreichen. Einen Trennschleifer mussten wir nun nicht mehr zur Hand nehmen. Zwei gezielte Bewegungen nach oben und unten ließen die verbliebene Drahtbrücke reißen. Schon war das Rohr des Mittelschalldämpfers etwa fünf Zentimeter kürzer. Und nun? Anschweißen? Neuer Mittelschalldämpfer?
Angesichts der derzeit angespannten Zeitlage und dem vollem Programmplan, machen wir es uns einfach. Da das Stück rohr "sauber" abgerostet war, stecken wir einfach beide Enden wieder ineinander. Zusammen mit der verschraubbaren 54mm Rohrschelle hält alles ausgezeichnet fest und dank der freizügig konstruierten Rohranlage, bleibt über der Hinerachse noch genügend Spiel für die Auspuffrohre, um auch bei eingefederten Stoßdämpfern nicht anzuecken. Wenn das nicht mal eine reparaturfreudige Konstruktion ist, dann weiß ich es auch nicht. Binnen zehn Minuten war unsere Reparatur erledigt. Wenn ich da so an die letzte Auspuffreparatur am Omega denke, ist das wohl der gelungene Ausgleich.
Schnell noch ein Geräuschvergleich. Zündschlüssel umdrehen und Starten. Ein wenig vom Bass ist geblieben. Vielleicht ist das alles aber auch nur Einbildung und das wiedergewonnene Säuseln war vorher vielleicht doch garnicht so unbassig wie immer vermutet. Vielleicht ist die Rohrreparatur aber auch nicht so dicht wie erhofft. Doch darauf lässt sich an dieser Stelle keine Rücksicht nehmen. Bis zum nächsten Reparieren der sich bereits ankündigenden nächsten Schwachstelle am Mittelschalldämpfer, soll diese Reparatur wohl halten. Nicht immer muss man sofort schwere Geschütze auffahren. Wenn wir vom SZK an dieser Stelle mal den Luxus haben der Einfachheit halber auch mal so zu verfahren, sollten wir die Chance nutzen. Schlafende Hunde soll man nicht wecken. In diesem Sinne, säuseln wir mal leise weiter . . .
Wenn dieser tieffrequenze Motorsound so sehr deinem Geschmack entspricht, empfiehlt es sich vielleicht bei nächster Gelegenheit in eine entsprechende Zubehör-Abgasanlag zu investieren. Die klingt, auch wenn sie nicht durchgerostet ist. ;-)
AntwortenLöschenMfg Comickus