Montag, 12. Dezember 2016

Ventilspiel auf der Freilicht-Arbeitsbühne


Als Motorradfahrer ist der Winter entweder die Zeit sich noch dickere Klamotten überzuziehen als sonst und weiter zu fahren wie bisher oder man schiebt das Moped in eine Ecke der Garage,  wo es bis zum Frühjahr stehen bleibt. Die zweite Gruppe hat jetzt alle Zeit sich mal in Ruhe um den technischen Zustand der Maschinen zu kümmern. Und genau das machen wir jetzt auch.


Die graue F700GS braucht nur einen Ölwechsel, das ist keine besondere Erwähnung wert - aber bei der blauen R1100RS wollen wir dieses Mal auch das Ventilspiel überprüfen. Schauen wir mal wie es läuft. Um uns die Arbeit etwas zu erleichtern und weil das Teil gerade im Angebot war, haben wir jetzt auch eine eigene Motorrad-Hebebühne. Damit muss es einfach funktionieren!


Nachdem im Unterstand genügend Platz zum Arbeiten geschaffen wurde und die Hebebühne mittig aufgestellt ist, kommt die erste Maschine an die Reihen. Mit frisch aufgeladener Batterie sollte der Motor auch nach ein paar Monaten Standzeit anspringen - das tut er auch, aber ohne ein bisschen Unterstützung geht er im Leerlauf direkt wieder aus. Einen Augenblick später hat sich der Motor wieder gefangen und läuft selbstständig weiter. 


Die Zeit bis das Öl ausreichend warm gelaufen ist, nutzen wir um das Motorrad auf der Bühne zu verzurren und hoch zu pumpen. Das geht eigentlich ganz einfach, aber in unserem Fall haben die Haltebacken direkt ein paar unschönen Schrammen im Vordererad verursacht. Eine großflächigere Gummiummantelung würde hier sicher helfen. Immerhin steht alles fest und sicher auf der Arbeitsfläche und in der höchsten Stufe kann man bequem im an der Unterseite vom Motorrad arbeiten. 


Das ist in unserem Fall auch bitter nötig da das Schutzschild demontiert werden muss um den Filter zu erreichen. Ohne selbigen benötigt man lediglich den passenden Ölfilterschlüssel, ein 10mm Inbus sowie eine geeignete Auffangwanne. Der neue Filter bekommt 14Nm, die Ablassschraube 40Nm. Ob man diese Momente im Handgelenk hat oder doch den Drehmomentschlüssel benutzen soll, muss jeder selbst wissen. Zum Abschluss noch 2,9Liter neues Motoröl rein und schon sind wir fertig. 


Wäre diese Maschine nicht nachträglich mit Sturzbügeln und Schutzblechen ausgerüstet worden, wäre die ganze Aktion in nichtmal 15 Minuten erledigt. So dauert es schnell eine halbe Stunde. Aber wir haben es nicht eilig und die neue Bühne soll sich schließlich bezahlt machen. Darum kommt jetzt direkt der nächste Kunde an die Reihe. Bei der Boxer-BMW sind die entsprechenden Filter und Schrauben direkt zugänglich, so weit so so gut, aber wir tauschen hier auch jedes Mal die Schmierstoffe vom Getriebe und dem Hinterrad. Dank der herrausnehmbaren Platte unterm Hinterrad können wir einfach den Motor mit eingelegtem Gang warmlaufen lassen und alle Öle werden (mehr oder weniger) mit aufgeheizt. 


Bevor es soweit kommt soll aber noch das Ventilspiel überprüft werden und zwar bei kaltem Motor! Das Handbuch empfiehlt diese Wartung alle 10.000km, aber wir wollen schon jetzt mal nach dem Befinden schauen. An und für sich ist diese Arbeit gar nicht schwer, dank der Bauweise dieses Motors sind eigentlich alle Ventile leicht zugänglich. Nur haben wir es in unserem Fall mal wieder etwas schwerer weil zusätzliche Schutzbügel an den Ventildeckeln montiert sind die nun erstmal wieder abgebaut werden müssen. Danach folgen die Zündkerzen, Ventildeckel und die Abdeckung an der Motorfront. 


Um die Ventile einstellen zu können muss der jeweilige Zylinder auf den oberen Totpunkt (OT) gedreht werden. Das geht am einfachsten sobald beide Zündkerzen ausgebaut sind (Abziehwerkzeug für den Stecker und extralange Nuss für die Kerze sind im Bordwerkzeug) und der Motot wahlweise mit eingelegtem Gang vom Hinterrad aus durchgedreht wird - Motor nur im Uhrzeigersinn drehen - oder so wie wir es machen mit einer 16mm Nuss auf der Kurbelwelle, vorne am Motor. (Bei der Gelegenheit lässt sich auch gut der Keilriemen zur Lichtmaschine inspizieren) 


Als Tipp zum leichteren Finden des OT eignet sich ein dünner Holzstab mit dem durchs Zündkerzenloch nach dem Kolben getastet wird und man schaut wann er sich auf dem höchsten Punkt befindet. Jetzt sollten beide Kipphebel locker sein und sich leicht bewegen lassen. Am Einlassventil soll der Spalt zwischen Ventil und Kipphebel 0,15mm betragen, am Auslass 0,30mm.


Lässt sich die Fühlerlehre mit leichtem Widerstand durch den Spalt hindurch bewegen ohne zu verklemmen, ist alles in Ordnung. Muss man sehr stark drücken oder fällt die Lehre einfach durch, ist das Spiel zu korrigieren. Dazu braucht es einen 10mm Ringschlüssel und Inbusschlüssel zum lösen der Kontermutter und drehen der Einstellschraube. Im Zweifel lieber ein paar Mal korrigieren und auf  der lockeren Seite bleiben, als die Ventile zu stramm einzustellen. 


Auf der anderen Seite wiederholen wir den Vorgang in gleicher Weise (wieder den OT suchen, dann einstellen). In unserem Fall sind 7 von 8 Ventilen komplett in Ordnung gewesen, nur eines mussten wir minimal nachstellen. Aber warum müssen wir uns diese Arbeit überhaupt machen? Da sich das Metall im Motor ausdehnt wenn er warm wird, muss im kalten Zustand ein gewisses Spiel zwischen den Teilen bestehen. Über viele Tausend Kilometer arbeiten die Ventile sich in ihre Ventilsitze ein und verringern den Abstand zum Kipphebel. Im schlimmsten Fall ist das Spiel so klein, dass die Ventile sich nicht mehr vollständig schließen und die Hitze der Abgase nicht an den Zylinderkopf abgeben können, bis sie schließlich verbrennen und im schlimmsten Fall abreißen. 


Woran merkt man aber nun dass es an der Zeit ist die Ventile einzustellen? Ganz pauschal lässt sich diese Frage leider nicht beantworten, aber das empfohlene Intervall des Herstellers ist nicht ohne Grund so gewählt. Wenn der Motor auch im kalten Zustand nicht das kleinste Geräusch vom Ventiltrieb macht, besteht die Möglichkeit das kein ausreichendes Spiel vorhanden ist. Umgekehrt sollte der Motor im Betriebswarmen Zustand wirklich nicht mehr klappern, ansonsten ist das Spiel zu groß oder ein Lager der Kipphebel ausgeschlagen. 


Zum Abschluss der Ventilspielprüfung tauschen wir noch die Ventildeckeldichtungen aus. Diese sind gerne mal der Grund für Ölspuren am Motor und Hosenbein des Fahrers. Ein Satz neue Zündkerzen wäre jetzt auch praktisch zu installieren, aber unsere sind noch nicht so alt und können noch mindestens eine weitere Saison im Einsatz bleiben. 


Damit kommen wir zum Ende des Programms. Beide Maschinen haben neues Öl und mit korrekt eingestellten Ventilen können wir im nächsten Frühjahr direkt durchstarten. Hauptsache das Wetter spielt auch mit!

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