Freitag, 23. Dezember 2016

Roadtrip to Bavaria - Oh Brick


Wie kommt man eigentlich auf die unsäglich dumme Idee 1200 km für ein  28 Jahre altes, rostiges Auto zurück zu legen, das im jetzigen Zustand nichtmal richtig läuft?

Aber von Anfang an, denn die Ausgangsfrage ist eigentlich ganz anders: Wenn man ein gutes Auto besitzt, an dem es außer routinemäßiger Wartung nicht viel zu schrauben gibt und das eigentlich viel zu vernünftig für einen "Autoenthusiasten" ist, wie übt man sich dann in der Schrauberei und erfüllt seine "speziellen Bedürfnisse".


Exklusiv sind die Attribute des Corollas nicht gerade. Dafür tut er seit mittlerweile 70.000 km beim dritten Besitzer seinen Dienst ohne auch nur ein bisschen zu murren. Die (vermeintliche) Lösung des Problems: Ein Zweitwagen muss her. Ein Projektauto, an dem alles gemacht werden kann, darf und eventuell auch muss. Eines bei dem es nicht so sehr drauf ankommt und alles was man unternimmt den Gesamtzustand fast nur verbessern kann.


Nun gibt es schon einige verbrauchte Altfahrzeuge, denen man sich annehmen könnte. Allerdings nicht so viele, die mit einem kleinen Budget und "speziellen Bedürfnissen" in Einklang zu bringen sind. Und so vergehen einige Monate. Angebote werden gewälzt. Vor- und Nachteile der Modelle abgewogen, grobe Pläne durchdacht und ... am Ende meistens verworfen.


Doch irgendwann fand sich ein Angebot. Toyota MR2 der ersten Generation. T-Bar Faceliftmodell mit Baujahr 1988 und knappen 250.000 km auf der Uhr. Austauschmotor mit angeblich 140.000 km Laufleistung. Rost an quasi allen üblichen Stellen. Windschutzscheibe mit Riss, teildefekte Fensterheber. Motor dreht und startet, geht aber nach einer kurzen Weile wieder aus. Verdacht auf defekte Kraftstoffpumpe. Lichtmaschine ist festgegammelt. Die guten Seiten? Schwarz, Mittelmotor, Klappscheinwerfer, legendärer 4A-GE Motor und ein ansich grundsolider Toyota ohne Klimbim der vom Fahren ablenkt. Aber vor allem ist es das billigste Inserat für dieses Modell, dass während der langen Beobachtungszeit aufgetaucht ist. Tatsächlich gibt es nicht mehr viele Fahrzeuge dieses Typs auf unseren Straßen. Im Vergleich zum einige Jahre später erschienenen Mazda MX-5 sind es sogar erschreckend wenige.


Und ein weiteres Detail steht dem Ankauf im Weg: der Transport. Ein Weg zum Fahrzeug sind runde 600 km Fahrstrecke. Ein Trailer muss gechartert werden und ein adäquates Zugfahrzeug noch dazu. Und, ganz wichtig, ein befähigter Fahrer. Mit der Führerscheinklasse B (wie Behelf) lässt sich so eine Aktion leider nicht durchführen. Comickus und sein Omega stellen sich der Aufgabe.


Nach einigen Absprachen hinsichtlich Terminen und Möglichkeiten geht es los. Der Trailer ist ab 13 Uhr an einem Samstag verfügbar. Relativ pünktlich geht es auf die lange Reise. Schließlich hat man gegen 21 Uhr eine Verabredung im Herzen von Bayern. Wie auch auf der Tour nach Seth, um den T4 Bulli nach der Automatikgetriebereparatur abzuholen, erweist sich der Omega als tauglicher Autobahngleiter. Der Anhänger macht sich für den Beifahrer vor allem durch gelegentliche Geräusche bemerkbar. Andererseits ist man so sicher, dass er auch noch da ist.


Die Fahrt verläuft insgesamt sehr ruhig. Samstag nachmittags sind verhältnismäßig wenige LKW unterwegs und daher kaum Überholmanöver notwendig. Wolkenverhangener Himmel und Regen wechseln sich ab. In Bayern angekommen wird es zusehens dunkler (was natürlich nicht an dem Bundesland liegt). Pünktlich gegen 21 Uhr erreichen wir den Zielort. Der Trailer wird abgekoppelt und schonmal am Zielort parkiert. Mit frisch gefülltem Tank (Hinweg 8,62L/100km) geht es zurück zum Übergabeort, an dem der Verkäufer in der Zwischenzeit angekommen ist. Die Besichtigung fällt kurz aus. Es gibt ohnehin nichtmehr viel zu Verhandeln und der Wagen muss auch noch aus seinem Quartier, in dem er schon einige Zeit steht, herausmanövriert werden. Ein Startversuch gelingt mit vereinten Kräften von Batterie und Akkupack. Allerdings rutscht der Keilrippenriemen an der Lichtmaschine durch und fängt alsbald an zu stinken. Die Gasannahme des Motors ist auch nicht gegeben. Also muss notgedrungen geschoben werden. Mit vereinten Kräften geht es in einem engen Bogen rückwärts aus einer kleinen Garage, um dann vorwärts über eine Wiese vom Garten Richtung Straße zu gelangen. Praktischerweise stehen neben diesem Weg Büsche, deren natürlicher Lebensraum hier von hohen Randsteinen eingefasst wird. Der Weg ist kaum breiter als die Spur des doch recht zierlichen MR2. Dieser Umstand degradiert die Unterstellmöglichkeit im Garten zu einer besseren Rasenmähergarage.


Mit der Winde des Trailers wird der kleine Wagen aufgeladen. Um die Uhrzeit noch schuften...was tut man nicht alles, immerhin haben wir die ganze Straße für uns alleine. Während die Ladung fachmännisch verzurrt wird, werden in der Rasenmähergarage noch die Formalien geklärt. Kaufverträge gibt es nur um den rechtmäßigen Eigentumsübergang zu bestätigen. Ein einziger Schlüssel wechselt zusammen mit den Fahrzeugpapieren gegen eine Hand voll Dollar den Besitzer (weniger als 1€/kg!). Noch ist garnicht im Gehirn angekommen, dass man gerade ein Auto gekauft hat. Es soll noch etwas dauern, bis sich dieser Gedanke richtig manifestiert.


Die Abreise gen Heimat beginnt um etwa 22:30. Die Beute ist sicher verladen und so machen wir uns auf Richtung Autobahn. Der Omega hat an den gut 1000 kg des MR2 auf dem Trailer nochmal etwas mehr zu schleppen. Er steckt es weg. Mit zum Teil etwas mehr Drehzahl und etwas geringerer Beschleunigung geht es auf die Reise. Der Verkehr ist zu dieser Zeit noch geringer und dünnt weiterhin aus, je später es wird. Selbst mit teilweise weniger als 80km/h werden wir nicht sehr oft überholt.


Gegessen haben wir noch nicht viel seit der Abreise. Und Aufgestanden sind wir auch schon recht früh. Es wird 1 Uhr. Bald 2. Interessanterweise fängt in erster Linie der Beifahrer an zu schwächeln. Immer wieder fallen die Augen zu und die Gedanken fließen zäher. Auf der einen Seite machen wir gut Meter und auf der anderen sind es immernoch viele Kilometer bis zur Heimat. Gegen 5 Uhr wird mal wieder ein Rastplatz angesteuert. Ruhe zur Widererlangung der Fahrtüchtigkeit steht auf dem Plan. Nach mehr als 15 Stunden auf der Straße ist sie nötig. Sehr nötig sogar für den Passagier.


Der Rest der Nacht ist sehr kurz. 7 Uhr: wir werden wieder wach. Nicht vollständig ausgeruht, aber - nach einem kleinen Frühstück - bereit für die letzten paar Hundert Kilometer. Um kurz nach 10 ist es schließlich soweit. Einlauf in den Heimathafen. Der Wagen wird zügig abgeladen und in der Garage verstaut. Wie lange er darin stehen muss, bis er wieder auf der Straße kann bleibt abzuwarten. Ob eine vollständige Genesung überhaupt realistisch, ist kann erst nach einer gründlichen Bestandsaufnahme festegestellt werden. Zuallererst muss der Motor wieder ans Laufen gebracht werden. Danach kann der Wagen zerlegt und untersucht werden. Und soviel sei gesagt: es gibt einiges zu finden. Darunter nicht sehr viel Gutes.


Geschrieben von Nic
Bilder von Comickus

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