Während das Getriebe scheinbar recht schnell wieder "flott" gemacht werden konnte, gestalteten sich die Arbeiten am Motor etwas aufwendiger. Allein das Reinigen dauerte einige Zeit. Außerdem mussten wir feststellen, dass es mit dem Austausch des Kupplungsbelags allein nicht getan ist und noch andere Arbeiten auf uns warten. Warum? Das gibt es im Folgenden zu lesen:
Nachdem das Getriebe ausgebaut war, offenbart sich der Blick auf die sogenannte Druckplatte. Sie übt einen Druck auf die Kupplungsscheibe aus und sorgt so für Kraftschluss zwischen Motor und Getriebe. Sofern man das Kupplungspedal betätigt, wird der Druck weitestgehend aufgehoben und Motor und Getriebe sind nicht mehr kraftschlüssig miteinander verbunden. Da sich der Kupplungsbelag mit der Zeit ablöst, erneuern wir bei dieser Gelegenheit auch diesen sofort mit.
Der Kupplungsbelag ist eine Scheibe mit einem Loch in der Mitte, durch das später die Getriebeeingangswelle geführt wird. Die Kupplungsscheibe erhält nur durch diese Passung auf der Welle ihre genaue Einbauposition. Denn sie muss beweglich bleiben, da sie sich analog zum Motor mitdrehen muss. Jetzt, wo die Getriebeausgangswelle mit dem Getriebe nicht mehr vorhanden ist, wird sie nur noch über den Druck der Druckplatte in Position gehalten. Um später das Getriebe wieder ansetzen zu können ist es wichtig, dass die neue Kupplungsscheibe sich mit ihrem Loch in einer Flucht befindet. Deswegen muss man jetzt, wo die alte Scheibe sich noch in der richtigen Position befindet, mit Hilfe eines Zentrierstift-Sets den passenden Lochdurchmesser und Konusform herausfinden, um später beim Ansetzen die Getriebeeingangswelle simulieren zu können. Ein geeignetes Zentrierset mit gängigen Durchmessern und Formen gibt es bereits kostengünstig zu erstehen. Nun kann man die Druckplatte lösen. Hierfür ist es wichtig zu wissen, dass die Druckplatte leichten Druck auf die Kupplungsscheibe und das Schwungrad ausübt. Um Verspannungen zu vermeiden, müssen die Schrauben reihum zunächst angelöst und dann weiter gelöst werden.
Als wir die Druckplatte und den Kupplungsbelag abnahmen, konnten wir die Schwungscheibe sehen. Eigentlich muss man diese für einen Wechsel des Kupplungsbelags nicht ausbauen, doch während des Entfernen der Druckplatte mussten wir eine Entdeckung machen.
Generell ist der Motorraum samt Unterboden des Polos sehr ölig. Dass irgendwo Öl austritt, war deutlich zu sehen. Seit den ersten Reinigungsarbeiten vor dem Getriebeausbau sah die Ölwanne inzwischen auch wieder aus, als hätte jemand einen Pinsel genommen und die Wanne ordentlich eingeschmiert. Zunächst wussten wir nicht genau, woher das Öl kommt. Doch nun gab es zwei eindeutige Stellen, die wir nun im ausgebauten Zustands des Massenschwungrades ebenfalls beseitigen können.
1. Der Wellendichtring getriebeseitig hinterlässt einen deutlichen Ölfilm.
Bewegliche Teile im Motor müssen geschmiert werden. Die Kurbelwelle, an der die Schwungscheibe angebracht ist, gehört ebenfalls dazu. Sie abzudichten, ist ein nicht ganz einfaches Unterfangen, da man ziemlich genau und präzise angefertigte Teile benötigt und man sauber und akkurat arbeiten muss. Um den Einbau zu erleichtern, hat VW an dieser Stelle einen integrierten Wellendichtring verbaut. Hierbei handelt es sich nicht mehr nur um eine Gummidichtlippe, die mit Stempeln und ähnlichen Werkzeugen in den Spalt der Welle eingebracht werden muss (ähnlich wie bei der Schaltwellendichtung am Getriebe), sondern um ein ganzes Bauteil. Die Dichtlippe ist in einen Rahmen eingebaut, den man ganz einfach auf die Welle stülpen und anschließend festschrauben kann. Da Gummi unter Einwirkung von Öl und Zeit spröde wird, ist es nicht verwunderlich, dass der alte Wellendichtring nach 20 Jahren nicht mehr richtig abdichtet und das Öl austritt. In der Zwischenzeit gab es auch einige Entwicklungserfolge und so verspricht der neue integrierte Wellendichtring mit PTFE-Dichtlippe eine Verbesserung hinsichtlich der Beständigkeit gegenüber Öl und dadurch eine längere Haltbarkeit.
2. Die Ölwannendichtung ist undicht.
Als auch nach Tagen die Ölwanne immer noch ölfeucht glänzte war es mehr oder weniger deutlich, dass diese auch erneuert werden muss. Jetzt, wo die Getriebeglocke und die Schwungscheibe nicht mehr die letzten Schrauben der Ölwanne verdeckten, kann diese auch mit erneuert werden. Außerdem werden zwei Befestigungsschrauben der Ölwanne auch in den integrierten Wellendichtring geschraubt. Eine passende Gelegenheit, um hier Abhilfe zu schaffen. Hierfür ließen wir das Öl über die Ölablassschraube ab und konnten die unzähligen Schrauben, die die Ölwanne am Motorblock halten lösen. Die Ölwannendichtung beim Polo ist keine Gummidichtung, wie wir es eigentlich vermutet haben. Es handelt sich dabei um Flüssigdichtmasse, die mit einer Tube auf den Rand der Ölwanne geschmiert wird und mit der Zeit aushärtet. Entsprechend schwierig war es, die alte hart gewordene Masse abzukratzen und die Ölwanne rückstandslos auf eine neue Abdichtung vorzubereiten. Die alte Dichtmasse zerbröselte stellenweise und an manch anderer Stelle ließ sie sich gar nicht gut entfernen. Hier half letztendlich nur die Bohrmaschine und ein Bürstenaufsatz. Zur Sicherheit spülten wir die Ölwanne mit Bremsenreiniger aus um mögliche Restbrösel Dichtmasse gänzlich zu entfernen.
Beim Auftragen der neuern Dichtmasse war es zunächst schwierig, eine geeignete Dicke zu finden, mit der die durchgehende Wurst auf den Rand der Wanne gelegt wird. Sie darf nicht zu dünn oder zu dick sein, sonst dichtet sie nicht richtig ab. Ebenso dürfen die Schrauben nicht zu fest angezogen werden, ansonsten wird die Masse aus der Fuge zwischen Wanne und Motorrumpf herausgedrückt und dichtet nicht richtig ab. Hierbei hilft nur das Gefühl und das Vertrauen in die im Reparaturhandbuch gefundene Drehmomentangabe von 8 Nm je Schraube.
Achtung Spoileralarm: Wie es scheint, war unsere Ölwannenabdichtung ein Erfolg!
Nun kann alles wieder zusammengebaut werden. Das Schwungrad passt nur in einer Position auf die Kurbelwelle, da ein Schraubenloch versetzt angeordnet ist. Nun kann mit dem Zentrierstift Kupplungsscheibe und Druckplatte aufgesetzt werden. Reihum werden die Schrauben der Druckplatte wieder angesetzt und festgeschraubt. Wichtig vor dem Zusammenbau ist jedoch noch, alles ölfrei zu hinterlassen. Aus diesem Grund haben wir das Schwungrad und alles was in Ansätzen noch nach Ölrückständen ausgesehen haben könnte mit Bremsenreiniger gereinigt. Nicht auszudenken wie ärgerlich das wäre, wenn der Kupplungsbelag aufgrund eine Ölfilms auf dem Massenschwungrad keinen halt finden würde. Wenn die Schrauben der Druckplatte alle festgezogen sind, kann der Zentrierstift wieder entfernt werden. Die Druckplatte hält nun die Kupplungsscheibe fest in Position. Eigentlich ist nun alles vorbereitet, um das Getriebe wieder einzubauen. Doch davon gibt es dann im nächsten Teil mehr zu lesen.
Für die Neugierigen: Wir haben die Druckplatte ebenfalls ausgetauscht, da eine neue im Kupplungsset dabei war. Wir gehen jedoch davon aus, dass die alte Druckplatte auch noch einige weitere Jahre ihre Dienste erwiesen hätte.
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