Was tut man nicht alles für die liebe Verwandtschaft. Man fährt zum Beispiel 500km mit dem Autotransporter bis nach Stuttgart um ein liegengebliebenes Auto abzuholen. Bringt es den ganzen Weg zurück nach Hause um es dort zu reparieren. Blut ist wohl doch dicker als Motoröl.
Alles hat damit angefangen das die Wasserpumpe des betroffenen Opel Corsa B kaputt gegangen ist, genauergesagt hat sie sich samt Riemenscheibe in Tausend Teile zerlegt. So steht der Wagen mitten in Stuttgart und kann nicht mehr gefahren werden. Eine Reparatur in der Werkstatt könnte recht teuer werden, falls sich herausstellt das der Motor noch weitere Schäden davongetragen hat. Aus dem selben Grund ist eine Reparatur direkt vor Ort am Straßenrand auch keine Option. Der Opel muss irgendwie zurück nach Ostwestfalen kommen um ihn wieder fit zu machen.
Wie praktisch ist in solchen Fällen ein Autotransportanhänger samt entsprechendem Zugfahrzeug. Wir wollen den selben Anhänger nutzen der schon die ausgebeinten Überreste vom grauen Autogas Siebener zum Schrottplatz transportiert hat. Bevor die Reise los geht, müssen wir dem Trailer nochmal etwas Aufmerksamkeit widmen damit unterwegs auch keine Probleme auftauchen. Dazu gehört die Kontrolle vom Reifenluftdruck, die Beleuchtung, Abschmieren der Bremsmechanik und Aufladen der Batterie für die elektrische Seilwinde. Nur für den Fall das der Corsa nicht anspringen will.
Im Februar hat der Anhänger nach langer Standzeit eine neue Hauptuntersuchung durchlaufen. Seit dem funktioniert zumindest die Bremsanlage wieder zuverlässig, was der Trailer in den letzten Monaten auf einigen längeren Fahrten beweisen konnte. Nur um die Beleuchtung hat sich keiner so richtig gekümmert. Eine erste Funktionsprüfung mit dem Lichttestkoffer liefert negative Resultate; die beiden vorderen Begrenzungsleuchten und alle Lichter bis auf die Nebelschlussleuchte am rechten Rücklicht funktionieren nicht. Also her mit dem Multimeter und Kontaktspray. So viel kann da eigentlich nicht dran kaputt sein.
Die vorderen Begrenzungsleuchten sind durch eingedrungenes Spritzwasser korrodiert. Der untere Kontakt für die Soffitte ist komplett weggerostet. Glücklicherweise haben wir noch eine komplette neue Leuchte im Ersatzteilfundus von der wir die Kontakte ausleihen können. So muss nur jeweils der rostige Rest vom alten Kontakt aus dem Gehäuse gepult und die Kabel entsprechend angecrimpt werden. An den Rückleuchten sind einige Glühlampen kaputt und bei den anderen muss der Kontakt gereinigt und etwas zurechtgebogen werden. Damit ist Lichttechnisch alles bereit für die Fahrt. Währenddessen hängt die Bordbatterie am Ladegerät. Zum Abschluss nochmal alle vier Reifen aufpumpen und mit der Fettpresse alle Schmiernippel an der Deichsel abschmieren.
Aus reiner Neugierde wollen wir vor der Abfahrt noch rausfinden wie schwer dieser Anhänger nun eigentlich genau ist. Mit dem kleinen Corsa hinten drauf und einem Mercedes E270 Diesel vorne dran, sollte das Gespanngewicht unsere kleinste Sorge sein. Durch die elektrische Seilwinde samt Batterie hat der Trailer im unbeladenen Zustand bereits eine Stützlast von 50kg auf der Deichsel. Die Fahrzeugwaage beim Futterhändler liefert das Anhängergewicht; der Brocken wiegt genau 800kg. Damit darf der weiße Fiesta GFJ diesen Trailer gerade so noch hinter sich her ziehen und bis zu einer Steigung von 8% sind sogar noch 100kg Zuladung möglich. (Allerdings nur für Inhaber der Führerscheinklasse BE da das Gespanngesamtgewicht über 3,5t liegt) Für einen kleinen Roller oder ein paar Fahrräder würde es also noch reichen. Gut zu wissen.
Am nächsten Tag machen wir uns gegen 16Uhr auf den Weg Richtung Süden. Der Tank ist noch fast drei viertel gefüllt und die Straßen recht leer. Mangels 100km/h-Zulassung müssen wir uns auf der rechten Spur hinter den LKWs einreihen und mit gemäßigtem Tempo fahren. Trotzdem sind wir knapp sechs Stunden später in der Nähe von Pforzheim und die Warnlampe für die Tankreserve leuchtet seit einiger Zeit stumm vor sich hin. Laut Bordcomputer haben wir bergauf eine Restreichweite von 2km und Bergab von 45km. Die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen. Panik macht sich langsam aber sicher breit und erst als wir an der Zapfsäule ausrollen darf aufgeatmet werden. Wenn die Zapfsäule nicht lügt waren noch knapp 3Liter Diesel im Tank. Nächstes Mal sollten wir trotzdem früher auftanken.
Erst bei völliger Dunkelheit und im strömenden Regen erreichen wir Stuttgart. Nach einer kurzen Irrfahrt durch zugeparkte Straßen zwischen endlosen Wohnblöcken haben wir zumindest den Autoschlüssel und eine ungefähre Position wo der Wagen stehen müsste. Tatsächlich finden wir den Corsa an der absolut unmöglichsten Stelle die man sich nur vorstellen kann um das Gespann abzustellen und das Auto aufzuladen; an einer ordentlichen Steigung, auf einer engen zweispurigen Straße im noblen Stadtteil, zwischen zwei Haarnadelkurven, mit geparkten Autos auf beiden Seiten. Ach ja und es ist immer noch dunkel und regnet in strömen. Besser geht es einfach nicht.
Der Opel ist wohl der Meinung das wir noch nicht genug Probleme haben; mit anderen Autos direkt davor und dahinter ist ein Ausparken am Hang ohnehin keine leichte Übung, zusätzlich ist auch noch die Handbremse festgegammelt und da der Keilriemen abgeflogen ist, wird die Batterie nicht mehr aufgeladen. Gezwungener Maßen bleibt uns nichts anderen übrig als mitten auf der Fahrbahn anzuhalten, die Rampen aufzubauen und das Auto hoffentlich ganz schnell aufzuladen. Für einen Startversuch reicht die Batteriekapazität noch aus. Also ein paar Mal vor und zurück fahren bis die Handbremse löst und dann aus der Parklücke raus zirkeln. Der Corsa schafft es gerade so noch aus eigener Kraft auf die Ladefläche bevor die Batterie endgültig leer ist und der Motor ausfällt. Punktlandung! Jetzt nichts wie weg hier, aber vorher noch die Spanngurte anbringen und die Auffahrrampen verstauen. Die ganze Aktion hat keine 10 Minuten gedauert. Gutes Training zahlt sich aus.
Erst nach Mitternacht erreichen wir unser Hotel. Der Anhänger muss allein im Industriegebiet stehen bleiben. Zwei Tage später machen wir uns auf den Heimweg. Die zusätzlichen 900kg am Haken lässt sich der Mercedes kaum anmerken, nur die Automatik hat bei den vielen Steigungen und Gefällstrecken gut zu tun. Die Heimreise dauert gute 7 Stunden und verläuft ohne Zwischenfälle. Am Ziel angekommen muss der Corsa mit Muskelkraft abgeladen und auf seinen Stellplatz geschoben werden. Klarer Pluspunkt für Kleinwagen. Am nächsten Morgen erfolgt die Reparatur; erst muss das Kühlwasser abgelassen werden und dann alle Schrauben und Schläuche von der Wasserpumpe gelöst werden. Am längsten dauert es noch die Trümmerteile vom Impeller aus den Wasserkanälen zu fischen. Mit der neuen Pumpe und ausreichend Wasser im System wird der Motor trotzdem zu heiß. Wie sich später herrausstellt ist auch der Thermoschalter für den Kühlerlüfter kaputt. Solange es mehr nicht ist können alle Beteiligten zufrieden sein und wir haben wieder eine neue Geschichte für den SZK.
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