Freitag, 18. September 2020

Im Ford Taunus zum TÜV


Wenn die Gelegenheit günstig ist, muss man sie einfach nutzen. Egal ob als Chauffeur für eine Hochzeit im T2 Bus oder einen Tag im Käfer über Land fahren. Jetzt bot sich endlich wieder ein Vorwand alte Autos zu fahren. Den Anfang macht dieser 1965er Ford Taunus den wir zur Hauptuntersuchung bringen sollen. Natürlich machen wir das!


Auch wenn der einzige ältere Ford im engeren SZK Fuhrpark zur Zeit mein 91er Fiesta GJF ist, kommt man doch in Kontakt mit anderen Ford-Fahrern aus dem Umkreis und wenn man sich so unterhält kommt man auf alle möglichen Themen. Zum Beispiel ein 55 Jahre alter Taunus 20M TS der dringend mal zur HU muss, dessen Besitzerin aber keine Zeit dafür hat und schon leicht nervös wird weil die Zeit abläuft. Angeblich ist der Wagen in einem ordentlichen Zustand und in der Vergangenheit immer durchgekommen. Klingt nach einer ziemlich entspannten Aufgabe für uns. 


Nur aus alter Gewohnheit schauen wir uns den Taunus zumindest einmal oberflächlich an bevor wir zur Prüfstation aufbrechen. Wäre doch sehr unnötig wegen eines kaputten Bremslicht durchzufallen. Und bei einem 55 Jahre alten Auto kann man alles erwarten. Tatsächlich funktionieren einige elektrische Verbraucher nicht; beide Abblendlichter, die Kennzeichenbeleuchtung und die Instrumentenbeleuchtung. Ausserdem geht der Blinker und Warnblinker ungewöhnlich schnell obwohl alle Lampen funktionieren. Fürs kaputte Abblendlicht fand sich die Ursache nach kurzer Suche direkt am Umschaltrelais von Abblen- auf Fernlicht, hier war einfach der Stecker vom Anschluss abgerutscht. Die restliche defekte Beleuchtung brauchte nur eine neue 8Amp Sicherung, wer weiß was sonst noch an diese Leitung mit angeschlossen wurde.


Jetzt wollen wir aber endlich mal starten. Im Gegensatz zu manchen jüngeren Autos (Opel Kadett E...) hat dieser Ford schon einen Vergaser mit Startautomatik, das heißt wir müssen das Gaspedal am Anfang einmal voll durchdrücken und sonst nur den Schlüssel drehen bis der Motor anspringt. Das klappt tatsächlich auch sehr gut obwohl es draußen ordentlich regnet und der Motor noch kalt ist. Sicherheitshalber lassen wir die Maschine kurz warm laufen und machen uns der weil mit der Bedienung im Innenraum vertraut. Im Großen und Ganzen ist alles da wo es hingehört. Schalthebel auf dem Kardantunnel (4 Gänge), drei Pedale und ein Lenkrad. Wirklich anders ist nur die Handbremse welche aus dem Armaturenbrett rausgezogen wird und die unbeschrifteten Schalter für Licht, Scheibenwischer, Warnblinker usw. Besser wir probieren jetzt alles aus, solange der Wagen noch steht.


Was mich immer wieder überrascht sind die Platzverhältnisse in alten Autos. Zum einen sind sie deutlich kleiner als moderne (Mittelklasse-)Autos, dennoch erscheinen sie sehr offen und geräumig im Inneren. Solange man nicht 2m groß ist findet man hinter dem riesigen Lenkrad genügend Platz. Für längere Strecken bieten die Sitze zu wenig Seitenhalt und sind ausserdem durchgessesen. Anschnallgurte gibt es (noch) keine bei diesem Modell also einfach Kupplung treten und den ersten Gang einlegen, soweit alles ganz konventionell, aber das Gaspedal ist dann doch völlig anders. Erstmal sehr viel Leerweg bis der Motor überhaupt schneller Läuft und dabei ist das Pedal sehr schwergängig. Vielleicht nicht die beste Kombination für einen Vergasermotor im Stadtverkehr.
  

Gut das wir erstmal nicht durch die Stadt sondern nur über Land fahren müssen, das gibt dem Auto zeit auf Temperatur zu kommen und uns Gelegenheit etwas zu üben.  Die Schaltung ist gemessen am Alter sehr leichtgängig und ziemlich exakt, bei nur vier Vorwärtsgängen ist das Fehlerrisiko aber ohnehin gering. Der 2.0l große V6(!) unter der Haube läuft ziemlich leise und zieht für seine 90PS gut durch. Allzusehr treten wir lieber nicht auf Gas, der Motor ist auch nicht mehr der jüngste. Die indirekte Lenkung und das weiche Fahrwerk bringen uns sowieso nicht auf irgendwelche Ideen schneller zu fahren als nötig. Abgesehen davon ist der Weg nicht weit und wir wollen doch so viel wie möglich fahren. Die nachgerüsteten Aussenspiegel auf den Kotflügeln (Talbot Spiegel) sind übrigens nur für die Optik und bieten keinerlei Rücksicht im Straßenverkehr.


An der Prüfhalle ist heute gar nicht viel los so das wir direkt dran kommen. Maske anziehen, Papiere auf den Tisch legen und Abstand halten. Der Prüfer fährt als erstes über den Bremsenprüfstand um die Bremse zu testen (wer hätte das gedacht), hier ist alles in bester Ordnung - vor zwei Jahren hat eine Radbremse gar nicht funktioniert woraufhin das ganze System repariert werden musste. Weiter geht es mit der Beleuchtung alle Lampen gehen an und wieder aus, das Abblendlicht ist passend eingestellt und trotzdem gibt es hier den ersten Mangel; Wirkung der Warnblinkanlage nicht ausreichend. Die Blinkleuchten leuchten nur für den Bruchteil einer Sekunde auf und sind so bei Tageslicht kaum warnehmbar. Im Vergleich dazu sind die normalen Richtungsblinker deutlich langsamer und heller.



Egal wir machen erstmal weiter im Programm. Auf der Grube folgen die schlechten Nachrichten jetzt im Sekundentakt und eine ist schlechter als die andere. Ölverlust am Hinterachsdifferential, Ölverlust mit Abtropfen am Getriebe, starker Ölverlust am Motor. Gummilager der hinteren Getriebetraverse quasi nicht mehr vorhanden. Umlenkhebel Lenkung rechts ausgeschlagen mit Ausfallgefahr (das erklärt dann wohl die indirekte Lenkung und das schief stehende Lenkrad). Wagenheberaufnahme hinten links abgerostet und lose. Der ganze Unterboden ist entweder angerostet oder dick mit Unterbodenschutz eingeschmiert, kein wirklich gutes Zeichen. Wer weiß wie es dahinter aussieht. Durchgefallen ist der Taunus jetzt schonmal.


Was mich aber wirklich beunruhigt ist die Tatsache das auf dem Motorölfilter 05/2011 steht. Wenn der Wagen wirklich jedes Jahr inder Werkstatt war und dort gewartet/repariert wurde (für gutes Geld versteht sich), warum hat dann niemand den Filter getauscht. Die Fahrwerksteile und Gummilager sind sicher auch nicht erst im letzten Winter kaputt gegangen - dann steht der Wagen immer in der Garage. Wenn man sich die Karosserie mal genauer anschaut fallen noch so einige unschöne Dinge auf; der Lack ist stumpf und wellig, alle Radläufe und Schweller wurden dick übergespachtelt und anscheinend mit irgendwas ausgefüllt (hoffentlich kein Bauschaum). Ein bisschen Gebrauchsspuren an der Karosse wären ja nicht schlimm und passen zum originalen Innenraum, aber das ist einfach nur schlecht hingepfuscht.

Nach unserer Rückkehr überbringen wir die schlechten Nachrichten. Daraufhin erfahren wir auch die wahrscheinliche Erklärung warum die Tankanzeige und die Temperaturanzeige nicht funktionieren sowie alle Warnleuchten bzw deren Farbfilter weggeschmolzen sind; der Wagen wurde irgendwann mal auf 12V Bordspannung umgebaut, dabei wurde nur irgendwie fies eine neue Lichtmaschine und andere Batterie montiert. Alle anderen Verbraucher blieben original und wurden dann erneuert wenn sie (frühzeitig) durchgebrannt waren. Seit dem läuft der Scheibenwischer auf jeder Stufe superschnell und das Blinkerrelais kommt aus dem Takt.

Sieht in jedem Fall nach einger ganzen Menge Arbeit aus. Warten wir ab was aus dem Auto wird.

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