Freitag, 4. Februar 2022

A-Klasse Anlasser am A****

 

Morgens früh in einer Garage irgendwo in Deutschland. Es ist kalt und dunkel, weder Auto noch Fahrerin haben richtig Lust in den Arbeitstag zur starten. Aber solange der Lottogewinn ausbleibt muss man sich wohl oder übel in die Arbeit quälen. Immerhin ist der Mercedes nicht eingefroren und kommt normalerweise schnell auf Betriebstemperatur. Also auf mit der Tür, auf den Fahrersitz schwingen, Schlüssel ins Zündschloss stecken und den Motor anreißen.  Und es passiert; nichts. Im Kombiinstrument gehen alle Lampen an, aber der Motor will nicht anspringen. Genauer gesagt der Anlasser versucht noch nichtmal den Motor durchzudrehen.

 


Bloß gut das in der Garage noch ein weiteres Auto steht das auch zur Familie gehört und ausgeliehen werden kann. Jetzt noch den Bus und Zug zu nehmen würde definitiv zu lange dauern und ein Taxi ist definitiv zu teuer auf dieser Strecke. Noch am selben Tag besuchen wir die A-Klasse in ihrer Garage um ein wenig auf Fehlersuche zu gehen. Das die Batterie kaputt ist, schließen wir erstmal aus da die übrigen elektrischen Verbraucher alle voll funktionsfähig sind. Wir könnten jetzt die komplette Befehlskette vom Zündschloss über die Wegfahrsperre zum Starterrelais bis zum Anlasser durchprüfen. Oder wir pokern etwas und gehen gleich zum Hauptverdächtigen. Bei der schwarzen Mercedes E-Klasse war auch der Anlasser kaputt. Mal schauen ob dieser Benz genau so drauf ist.

 


Obwohl der Motorraum deutlich kleiner und ziemlich vollgestopft ist, gelingt es hier (im Gegensatz zur E-Klasse) den Anlasser von oben mit einer dicken Eisenstange zu erreichen und sanft anzuklopfen. Wenn wir richtig liegen, sollte der Motor jetzt wieder normal anspringen. Daumen drücken, Schlüssel drehen und abwarten. Der Anlasser dreht munter los und der Benzinmotor springt direkt an als wäre nie irgendwas gewesen. Entweder die Fahrerin legt sich jetzt eine Eisenstange in den Kofferraum und hofft das sie immer möglichst lange Ruhe hat bevor der Anlasser mal wieder angestoßen werden muss, oder wir besorgen einen neuen Anlasser und lösen das Problem hoffentlich dauerhaft. Plan B erscheint langfristig die bessere Lösung, besonders weil keiner Sagen kann wie oft der Fehler in Zukunft auftritt.

 


Unser Problem ist nur wie wir den alten Anlasser raus und den neuen rein kriegen. Es ist wirklich verdammt eng unter der Motorhaube. Erschwerend kommt dazu das der ganze Antriebsstrang nach vorne geneigt ist um möglichst unter den flachen doppelten Boden zu passen. Entweder wir senken die komplette Vorderachse mit Motor und Getriebe ab um von hinten/unten dran zu kommen oder wir machen es wie andere Leute, ohne Hebebühne, und bauen einmal alles ab was uns von oben im Weg steht. Luftfilterkasten, Motorsteuergerät,Ansaugbrücke, Thermostatgehäuse usw. Da beide Versionen nicht wirklich toll klingen versuchen wir mal eine wilde Mischung aus beiden Methoden. 

 


Auf der Hebebühne angekommen lösen wir die zwei Schrauben vom Katalysator zum Auspuffrohr, damit hier nichts abknickt. Dann müssen beide Vorderräder demontiert werden um zwei kleine Abdeckungen in den Radhausschalen zu lösen. Dahinter verbirgt sich jeweils eine Schraube im Gummilagerblock. Angeblich soll es reichen diese beiden Schrauben zu entfernen damit der ganze Antriebsstrang ein Stück nach hinten/unten kippt und man mit langen Armen an die rückwärtigen Schrauben des Anlasser gelangt. Keine Ahnung was bei unserem A140 anders ist, jedenfalls bewegt sich der Motor bestenfalls 4cm nach unten - beim besten Willen nicht genug um irgendwas von hier unten zu erreichen. 


 

Also müssen wir uns wohl oder übel doch von oben durcharbeiten. Aber bevor das passiert sollte man unbedingt noch das Massekabel von der Batterie entfernen damit es später keinen Kurzschluss gibt - auf dem dicken Kabel zum Anlasser ist Dauerstrom! Das Rohr zwischen Luftfilterkasten und Kühlergrill ist nur eingeklemmt und kann so rausgezogen werden. Dann folgt der 180° Bogen vom Luftfilterkasten zur Drosselkappe; drei Torxschrauben an der Vorderseite entfernen, dann kann die vordere Abdeckung abgenommen werden. Jetzt drei Schrauben (SW10) vom Luftmassenmesser zum Luftfilter entfernen, die beiden Stecker am Motorsteuergerät trennen und den dünnen Schlauch zur Kurbelgehäuseentlüftung abziehen (Federschelle vorher abnehmen). Der Luftfilterkasten muss nur mit etwas mehr Gewalt in Richtung Beifaherseite aus seinen drei Gummilagern geschoben werden. 

 

 

Die Ansaugbrücke soll als nächstes weichen. Hier müssen diverse Leitungen, Stecker und Schläuche entfernt werden. Idealerweise macht man sich vorher einige Detailfotos. Speziell an die vier Stecker der Einspritzdüsen kommt man recht bescheiden dran. Trotzdem darf man nicht  vergessen diese abzustöpseln. Wenn die Spritleitung abgezogen wird läuft noch etwas Kraftstoff aus. Also auf jeden Fall das Rauchen einstellen und die Leitung direkt hochhalten damit nicht unnötig viel ausläuft. Die Ansaugbrücke ist vorne mit zwei Torx-Schrauben von unten und hinten mit einer Reihe Torx-Schrauben (TX40 und E12) befestigt. Da die Schrauben sehr festsitzen sollte man wirklich darauf achten das Torxbit vollständig in den Schraubenkopf zu drücken damit hier nichts durchdreht. Im Idealfall klopft man das Bit mit einem Hammer in seinen Sitz vollständig

 

 

 Natürlich klappt das bei einer einzigen Schraube nicht so das wir deren Kopf absägen mussten um die Brücke überhaupt irgendwie abzuziehen. Dabei muss noch ein allerletzter Entlüftungsschlauch auf der abgewandten Seite gelöst werden bevor das Teil komplett lose ist. Sobald die Ansaugbrücke sich vom Zylinderkopf entfernt, stopfen wir unverzüglich einen Putzlappen in die vier Ansaugkanäle damit dort keine Fremdkörper hineinfallen können. Mit zwei passenden Muttern gegeneinander gekontert, gelingt es den Rest der kaputten Schraube schadlos aus dem Kopf zu drehen. Anderenfalls müssten wir uns jetzt wohl darum kümmern die Schraube auszubohren und ein neues Gewinde in den Kopf schneiden. 

 

 


Nun sehen wir zumindest schonmal wo der Anlasser sitzt, aber das reicht leider noch nicht. Sowohl das Thermostatgehäuse als auch die daran angeschlossenen Kühlwasserschläuche stehen uns im Weg. Zusätzlich sind bei diesem A140 mit manuellem Schaltgetriebe die Seilzüge vom Getriebe zum Schalthebel ebenfalls so positioniert das es wahrscheinlich zu eng für den Anlasser ist. Um die Seilzüge aus ihrer Halterung zu nehmen müssen wir erst die hellgrauen Sicherungsbügel nach oben rausziehen und dann die schwarzen Plastikmuttern gegeneinader verdrehen, dann lassen sich die Seile nach oben rausheben und zur Seite drücken. Währenddessen öffnen wir die Ablassschraube unten am Kühler damit das Wasser ablaufen kann. Würden wir diesen Schritt auslassen, hätten wir spätestens wenn die Schläuche am Thermostat gelöst werden eine mittlere Überschwemmung vor uns - ein bisschen Flüssigkeit wird in jedem Fall auslaufen wenn die drei Schraubenn am Gehäuse gelöst werden, aber bei weitem nicht so dramatisch. 

 


Endlich, nach über drei Stunden inklusive aller Rückschläge können wir uns jetzt endlich um den Anlasser selbst kümmern. Zwei Schrauben (6mm Inbus) und zwei Kabel (SW10 und SW13) nur noch. Dann haben wir den Sausack - theoretisch zumindest. In der Praxis muss erstmal aus zwei bis drei Verlängerungen, einem Winkelgelenk und etwas Panzertape ein passendes Werkzeug gebastelt werden um im großen Bogen von der Seite zum Anlasser zu gelangen. Mit einem kleinen Spiegel und ganz ganz viel Fingerspitzengefühl gelang es zumindest die beiden Halteschrauben und das dicke Pluskabel zu lösen. Nur beim dünnen Kabel zum Magnetschalter wollte es einfach nicht klappen. Letztendlich haben wir einfach den alten Kabelringschuh abgebrochen und werden später einen neuen aufcrimpen. Auch unsere Geduld ist irgendwann aufgebraucht. 

 


Trotz allen bis jetzt getroffenen Vorbereitungen, schafft es der alte Anlasser auch auf den letzten Zentimetern uns nochmal richtig zu ärgern. Der Platz zwischen der Hartplastik-Kühlwasserleitung, Spritzwand,Motorblock und Seilzügen ist gerade so noch zu knapp. Erst wenn man noch die zwei Torxschrauben der Wasserleitung etwas löst, gewinnt man den nötigen Spielraum um den Anlasser doch noch rauszufummeln. Ab jetzt folgen nahezu die selben Arbeitsschritte wieder, nur in umgekehrter Reihenfolge. Bei uns reicht das natürlich noch nicht an Problemen und Hindernissen. Der neue Anlasser kam direkt defekt bei uns an; das Lager für die Ritzelwelle ist offenbar nicht richtig eingepresst. So können wir den Anlasser nicht gebrauchen. Schnell einen neuen besorgen und weiter im Programm. Bei der Gelegenheit besoren wir auch noch eine neue (die letzte?) Thermostatgehäusedichtung beim Mercedes Händler. Angeblich gibt es dieses Teil nicht mehr neu zu bestellen.



Ursprünglich sollten jetzt auch gleich vier neue Ansaugkrümmerdichtungen beschafft werden. Leider waren diese auch nicht kurzfristig verfügbar. Wir testen einfach mal unser Glück mit den alten Dichtungen und hoffen das es auch so dicht wird. Bis dahin muss der neue, kürzere und dickere Anlasser in seine Nische gestopft, elektrisch angeschlossen und dann festgeschraubt werden. Wasserleitungen, Schläuche und Thermostatgehäuse wieder anschließen. Ansaugbrücke aufsetzen (Lappen nicht vergessen), festschrauben - wirklich fest - und alle Schläuche und Leitungen wieder anschließen. Luftfilterkasten, Motorsteuergerät mit Drosselklappe und Luftrohre installieren. Kühlwasser auffüllen und Batterie anschließen. Startversuch machen. 

 


Der Motor springt tatsächlich auf Anhieb an. So sollte das ablaufen. Nachdem die Schrauben der Ansaugbrücke nochmal fester angezogen wurden, läuft der Motor auch wieder rund und wirft keine Fehlermeldungen mehr. Hoffentlich hält der neue Anlasser jetzt wieder 10 Jahre durch. So bald wollen wir das nicht nochmal machen müssen.

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