Montag, 28. Februar 2022

Bremsenservice am Luxus-Fiat

 

Gefühlt sieht man fast keine Lancia Ypsilon im Straßenverkehr. Trotzdem hat sich heute einer dieser Fiat Punto im Galadress zu uns in die Garage verirrt. Schon von weitem hört man ein metallisches Schleifgeräusch von der Hinterachse. Nach knapp 15 Minuten Fahrzeit ist eine der Felgen schon so warm das man sie mit bloßen Händen lieber nicht mehr anfassen sollte. So darf der Wagen nicht mehr weiterfahren, bis wir mit der Reparatur erfolgreich sind. 

 


Aktuell steht noch ein gewisser grauer Ford Sierra auf der Hebebühne, darum arbeiten wir mal wieder auf dem Fußboden mit Wagenheber und Unterstellböcken. Da der Lancia ziemlich klein ist und Frontantrieb hat, sollten die Bremsenteile nicht allzu  groß und schwer sein so das wir keine Probleme haben dürften. Ob die Handbremsseile festsitzen, der Belag festgerostet ist, der Nachsteller klemmt oder der Radbremszylinder kaputt ist können wir erstmal noch nicht sagen. In jedem Fall muss die Bremstrommel abgenommen werden und das heißt Auto aufbocken, sichern und Rad abschrauben. Im Gegensatz zu vielen Autos gibt es bei Fiat und Lancia zwei Zentrierstifte die wir zusätzlich lösen müssen um die Trommel zu entfernen. 

 


Da der Ypsilon nicht mehr ganz neu ist, fällt uns die Bremstrommel auch nach diesem Arbeitsschritt nicht einfach entgegen. Die Trommel ist auf der Radnabe festgerostet und zusätzlich hängen gerne die Bremsbeläge in den Riefen der Trommel fest wenn sie schon etwas tiefer sind (durch die lange Laufzeit schleifen die Beläge irgendwann einen Absatz in die Lauffläche der Trommel). Gegen das erste Problem hilft ordentlich WD40 und sanfte Gewalt, gegen das zweite Problem würde es helfen wenn man den Nachstellmechanismus der die Backen auseinander drückt von aussen zurückstellen könnte. Leider ist das bei diesem Fahrzeug so nicht möglich. 

 


Wenn die Bremse nicht so festsitzen würde, sollte das normale Lüftspiel zwischen Trommel und Belag ausreichen um selbiges aneinander vorbei zu kriegen. Jetzt und hier ist die Bremse teilweise angezogen (warum wissen wir noch nicht) so das die Trommel richtig festgehalten wird und sich bis zum letzten Moment widersetzt. Nur mit zwei Montierhebeln gelingt es die Trommel abzukriegen. Dabei rissen auch noch die Beläge von ihren Trägern ab. Also müssen wir die in jedem Fall auch erneuern. Immerhin sieht man jetzt die Innereien der Trommelbremse. Mit einem Schraubendreher versuchen wir mal den Handbremshebel (dort wo das Handbremsseil eingehakt ist) zu bewegen, das klappt schonmal. Unser nächster Verdächtiger ist der Radbremszylinder; mit einer großen Zange versuchen wir die Kolben zusammenzudrücken. 

 

 

Eine Seite bewegt sich wunderbar leichtgängig, die andere Seite (Fahrtrichtung hinten) sitzt bombenfest. Die schlechten Erfahrungen mit der Fehlersuche am Nissan Micra K13 vor einem halben Jahr haben wir in guter Erinnerung behalten. Das heißt wir brauchen mindestens einen neuen Radbremszylinder und zwei neue Bremsbacken. Letzteres wird sowieso nur im Set für die komplette Achse verbaut und ersteres macht einfach Sinn auf beiden Seiten zu tauschen damit wir nicht in einem Jahr das selbe Problem erneut haben. Bis wir endlich einen Teiledealer finden der uns die Sachen bis zum nächsten Tag besorgen kann braucht es ungewöhnlich lange. Dafür sind die Teile recht preiswert. Knapp 15€ pro Zylinder und 40€ für den Backensatz - da merkt man direkt die Fiat Wurzeln. 



Der eigentliche Bremsbacken und Radbremszylinderwechsel verläuft dann wieder wie bei fast allen anderen Trommelbremsen auch. Die beiden Haltefedern mit einer Zange drücken und drehen bis sie sich lösen. Die Backen am unteren Gegenlager (an der Ankerplatte) aushaken und zur mitte hin zusammendrücken, so steht die untere Zugfeder nicht mehr unter Spannung und kann ausgehängt werden. Damit bleiben nur noch die oberen Spannfedern beim Nachsteller übrig. Hier braucht es ein bischen mehr Kraft und eine gute Zange um die Feder gut packen zu können. Bevor hier alles auseindergenommen wird empfehlen wir nochmal ein paar Detailfotos zu schießen damit es später keine Unklarheit gibt wo welche Feder genau hingehört. 

 


Der Nachstellmechanismus ist zweigeteilt und jeweils mit einer Feder an jeder Backe fest. Am besten baut man diesen direkt wieder mit den neuen Backen zusammen und setzt die Hälften am Auto zusammen. Bei der Gelegenheit können wir die Einstellschraube einige Umdrehungen zurückdrehen um mit den neuen (dickeren) Bremsbelägen genug Abstand zur Trommel einzuhalten. In unserem Fall muss jetzt erstmal der Bremszylinder getauscht werden. Dafür ist nur eine Schraube (SW10) und die Überwurfmutter der Leitung (SW11) zu lösen. Aber Achtung! In unserem Fall wollte sich die Leitung mit der Mutter zusammen drehen und wäre fast verbogen. Viel WD40 und einige mal vor und zurück drehen bis alles freigängig ist, hat bei uns gut funktioniert. Den neuen Zylinder wieder einsetzen und festschrauben, dann kommen die Backen und Federn an ihren Platz. 

 


Mit einem Schraubendreher wird so lange am Nachsteller gedreht bis die Trommel sich noch gut aufstecken lässt und frei dreht. Erst danach entlüften wir die Bremse. Entweder mit einem Helfer oder noch einfacher mit einem Entlüftungsgerät. Wie das geht haben wir hier schon des öfteren erklärt. Bevor wir zur Probefahrt aufbrechen wechseln wir auch noch schnell das Motoröl und den Ölfilter, dann darf der Lancia endlich wieder zurück auf die Straße. Jetzt gibt es keine Schleifgeräusche mehr beim bremsen und der Handbremshebel lässt sich auch nicht mehr bis zum Anschlag hochziehen.

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