Montag, 11. Januar 2016

Mein schönstes Weihnachtsgeschenk Teil II


Keine Weihnachtsfeiertage sind perfekt solange nicht wenigstens ein Tag in der Werkstatt verbracht wird um einer totgeglaubten Maschine wieder neues Leben einzuhauchen. Daran kann ich mich besser erfreuen als an einem frisch gekauften Gerät das einfach nur perfekt funktioniert. Wo ist denn da die Herrausforderung für mich? Darum ist jetzt die Zeit gekommen mich einem Pocketbike zuzuwenden.


Dieses kleine Moped wurde zunächst von zwei Generationen weitervererbt und ausgiebig über die umliegenden Feldwege und Nebenstraßen gescheucht, bis es irgendwann zu heikel wurde und der Motor nicht mehr sauber lief. In den nächsten fünf Jahren stand und lag es nurnoch in der Garage herum. Zusammen mit Frankensteins Motor und noch ein bisschen mehr Bastelkram gelangte die Maschine in unseren Fundus.

Ursprünglich bestand der Plan darin, den Motor mit möglichst wenig Aufwand zum Laufen zu bringen und ein paar Runden um die Halle zu drehen bevor die Feiertage vorbei sind. Leider zeigte sich im hellen Licht auf der Werkbank in welchem Zustand sich das Bike tatsächlich befand - so schnell wird das nichts mit Probefahren. 


Der Vergaser und Motor sind komplett verschlammt von den vielen Querfeldeinfahrten, aus dem Auspuff tropft das Öl da sich die Dämmwolle mit den fetten Abgasen vollgesogen hat. Die Bremsen klemmen fest und die Kette lose. An mehreren Stellen sind Löcher und Risse im Rahmen, vom Rostbefall an allen Chromteilen ganz zu schweigen. Es ist nicht schwer zu erkennen das es sich hierbei weder um ein besonders hochwertiges Modell noch eine Top-Restauration handelt. Nur richtig fahren soll es am Ende schon können.

Bis es soweit ist müssen einige kleinere und größere Arbeiten erledigt werden. Den Anfang machen wir mit einer vollständigen Demontage aller Anbauteile und des Motors. Ohne Frontmaske spart man direkt einen Großteil der Arbeit ein und das Heckteil samt Sitzbank und Benzintank wird nur von fünf Schrauben gehalten. Sobald der Benzinschlauch vom Vergaser abgezogen ist kann die komplette Verkleidung abgenommen werden Ein paar sichtbare Brüche im Kunststoff sollen uns zu diesem Zeitpunkt nicht weiter stören.


Weiter geht es mit dem Motor; da der Auspuff schon abgebaut daneben liegt hängt der Motor nur noch am Gaszug, Stoppschalter, der Antriebskette und mit vier Schrauben am Rahmen fest. Der obere Montagepunkt ist leider samt Haltebügel ausgerissen - der Rahmen ist doch aus sehr dünnem Blech gefertigt und jede Schweißstelle hat kleine Löcher. Das muss nochmal Nachgearbeitet werden oder zumindest provisorisch zusammengeheftet. 

Um die Antriebskette vom Ritzel der Fliehkraftkupplung zu bekommen muss das Hinterrad gelöst und nach vorne geschoben werden. Dazu wird (wie beim großen Vorbild) die Klemmschraube der Achse gelöst und dann die Spannschrauben entspannt bis die Kette lose genug ist. Die Ritzel sehen noch nicht zu angefressen aus, viele Kilometer hat das Bike wohl doch nicht gemacht. Wenn jetzt die vier Inbusschrauben an der Unterseite entfernt werden ist der Motor lose, aber zur vollständigen Trennung müssen jetzt das Kabel vom Stoppschalter (unterbricht die Zündung) und die Überwurfmutter vom Gaszug (betätigt den Gasschieber) entfernt werden.


Während der ölige Motor auf der Werkbank liegt, begeben wir uns nach draußen und den Rahmen mit Kaltreinger und fester Bürste abzuschrubben. So kann der Sand und Ölschlamm vollständig beseitigt werden. Immerhin fallen bei dieser Gelegenheit keine neuen gravierenden Schwachstellen am Rahmen auf. So bleibt es bei ein paar kleineren Schweißarbeiten und einer hoffentlich klugen Lösung für die fehlenden Fußrasten.

Zurück in der halbwegs warmen Werkstatt geht es weiter mit dem Motor; Das Plastikgehäuse mit dem Seilzugstarter ist schnell demontiert und gibt den Blick auf das Polrad samt Zündspule frei. Hier sieht soweit alles gut aus, aber einen Zündfunken kann ich beim Probelauf trotzdem nicht erkennen. Egal, erstmal wird weiter geschaut was sonst noch im Argen liegt. 


Bis es dazu eine stichhaltige Antwort gibt müssen noch ein paar Schrauben gelöst und Teile zerlegt werden. Zum Glück ist so ein Zweitakt-Motor ziemlich simpel aufgebaut und besteht nur aus wenigen Teilen. Leider sind die alle ziemlich verschmutzt und festgegammelt. Mit reichlich WD40 bekommt man auch dieses Problem in den Griff. An Werkzeug braucht man nur ein paar Inbusschlüssel sowie 8,10,13mm Steckschlüssel und Knarre. Damit kriegt man erstmal die Zündspule, dann das Polrad und zu guter letzt die Kupplungsglocke runter.

Beim durchdrehen des Motors von Hand kann man deutlich das mahlen und knirschen im Inneren hören - da muss wohl ein bisschen Schmutz hinein geraten sein. Also reicht es uns diesmal nicht bloß den Vergaser und die Zündkerze zu reinigen. Stattdessen machen wir eine komplette Demontage bis zur Kurbelwelle. Eine bessere Gelegenheit zum Ausprobieren gibt es wohl nicht. Bevor ich es vergesse, bestelle ich noch schnell ein paar neue Dichtungen für den ganzen Motor, kostet nicht viel und wird sicherlich gebraucht wenn die alten Dichtungen einfach zerbröseln.


Der Vergaser sitzt auf einem Stutzen der wiederum an der Vergasermembrane anschließt. Mit ein paar Schrauben wird alles zusammengehalten und die müssen weg. Ein Blick ins Kurbelgehäuse bestätigt die Vermutung: da ist Sand im Motor, nicht viel aber doch keine schöne Sache. Das erledigten wir in einem Abwasch wenn der Motor ohnehin zerlegt werden soll. Um den Zylinderkopf abzukriegen müssen die vier Schrauben oben am Zylinderfuß entfernt werden, dann noch die vier Schrauben lösen welche die beiden Motorhälften verbinden und schon müsste er abgehen. 

An beiden Enden der Kurbelwelle befinden sich Anbauteile welche eine Teilung des Motorgehäuses verhindern. Auf der einen Seite das Polrad welches in unserem Fall durch Schraube und Passfeder gehalten wird (und sich einfach abziehen lässt) und am anderen Ende die Fliehkraftkupplung die ebenfalls durch eine Schraube auf ihren Konus gepresst wird (und sich nicht ohne Abzieher sauber entfernen lässt). Die Kupplungsarme können theoretisch montiert bleiben, aber wir nehmen sie lieber ab um uns die Arbeit zu erleichtern. 


Nach ein paar sanften Schlägen mit dem Gummihammer verabschiedet sich zunächst der Zylinderkopf und dann trennen sich die beiden unteren Gehäusehälften erfolgreich. Dabei geht jede einzelne Papierdichtung kaputt die sich noch am Motor befand. Gut das wir darauf vorbereitet sind. So können wir mehr oder weniger direkt weiter machen und den Motor bzw dessen Kurbelwellenlager mit Benzin auswaschen um den Dreck loszuwerden. Ein paar Tropfen dickes Motoröl obendrauf und schon lässt sich das Lager wieder lautlos drehen. 

Der Vergaser macht ein bisschen mehr Arbeit. Schon im Luftfilter befindet sich viel Schmutz, da kann es im Inneren nicht viel besser aussehen. Darum versenke ich die kleine Gemischfabrik auch erstmal direkt im Wascheimer und lasse sie einweichen, mit der Zahnbürste wird dann weiter geschrubbt - wenn beim zerlegen und zusammenbauen neuer Schmutz ins Innere gelangt war die Arbeit umsonst. Schwimmerkammer und Nadel werden ebenfalls abgenommen, so ist der Weg frei um die Düsen und Kanäle vorsichtig mit Pressluft durchzublasen. 


Anders als die Vergaser von Frankenstein und Clipper dem Aufsitzmäher hat dieses Modell keine Drosselklappe sondern einen Gasschieber. Ähnlich wie bei einer Schiebetür bewegt sich der angeschrägte Kolben in seiner Bohrung rauf und runter, dadurch kann mehr oder weniger Luft durchströmen. Die dazugehörige Spritmenge steuert eine Düsennadel die sich zusammen mit dem Kolben bewegt und den Benzinfluss dosiert. Einen Choke hat der Vergaser auch, wobei es sich einfach um eine Blende handelt die den Luftkanal teilweise verschließt.

Frisch gereinigt und geölt konnten wir nun den Vergaser und Motor wieder zusammensetzten. Die Dichtungsflächen müssen natürlich gründlich gesäubert werden bevor die neue Dichtung aufgelegt wird. Eigentlich ist eine Verwechslung der einzelnen Dichtungen nicht möglich, nur richtig herum sollten sie schon eingelegt werden. Da für die Schrauben keine Drehmomentwerte vorhanden sind, werden sie einfach alle nach Gefühl fest gezogen. Solange das Gewinde im Aluminium hält, ist es fest genug für meine Bedürfnisse.


Im Beifang des Pocketbikes befand sich noch eine neue Zündkerze die wir direkt mal zum Einsatz bringen. Mit halbwegs korrektem Abstand zwischen Zündspule und Polrad sollte es jetzt auch richtig funken. Für einen Testlauf brauchen wir selbstverständlich auch Kraftstoff; in diesem Fall nicht einfach Benzin sondern Zweitaktgemisch. Auf einen Liter Benzin kommen 40ml spezielles Motoröl. Das bekommt man an der Tankstelle oder im Baumarkt und all zu teuer muss es für uns auch nicht sein.

Mit Sprit im Tank und Luft in den Reifen steht das Mini-Moped bereit für den ersten Probelauf und nach einigen Startversuchen springt der Motor tatsächlich qualmend und dröhnend an. Bloß gut dass ich auf der Maschine saß als der Motor endlich erwachte - er lief direkt auf Vollgas und los ging die Fahrt. Selbst mit den wieder gängig gemachten Bremsen ließ sich das Teil kaum bändigen. Der Gasgriff schien überhaupt keinen Einfluss auf den Motor zu haben und ohne Fußrasten muss man die Beine anheben während der Fahrt.


Immerhin funktioniert der Stoppschalter am Motor so wie er sollte. Durch schnelles drücken kann die Drehzahl gesteuert werden, aber ganz richtig ist es so noch nicht. Die Ursache fand sich schließlich am Vergaser; irgendjemand hat die Einstellschraube für die Leerlaufdrehzahl bis zum Anschlag reingedreht so dass der Motor besser anspringt und leider auch ein Eigenleben entwickelt. Mit ein bisschen gefühlvollem Rumprobieren passt am Ende die Drehzahl und der Motor läuft im Stand sauber vor sich hin.

Wenn nur nicht ständig Benzin aus dem Vergaser tropfen würde, könnte man jetzt schon fast losfahren. Darum kümmere ich mich erst später. Jetzt wird der Rahmen geschweißt und ein paar Fußrasten improvisiert. Im Schrottfundus findet sich ein passendes Eisenrohr das einfach unter die Reste der originalen Rasten geschweißt wird, mit ein paar Schweißpunkten werden auch die Löcher im Rahmen und der abgerissene Motorhalter repariert.


Nun ist das Bike mehr oder weniger Einsatzbereit. Für eine richtige ausgedehnte Probefahrt müssen wir uns ein abgeschlossenes Privatgelände suchen und die passende Schutzkleidung ist nun auch erforderlich. So klein die Maschine auch sein mag, irgendwann erreicht sie doch Geschwindigkeiten die schwere Verletzungen verursachen können. Hoffen wir mal das es soweit nicht kommen wird wenn wir beim nächsten Mal von der Probefahrt berichten.

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