Kaputte Radlager sind für diesen Renault Clio wirklich kein außergewöhnlicher Schaden. Allein in den ersten 80tkm wurden an der Hinterachse zwei mal neue Radlager eingebaut. Nun ist die Vorderachse fällig. Dabei wäre uns dieser Defekt beinahe durch die Lappen gegangen. Gar nicht so einfach immer die richtige Diagnose zu treffen wenn die Symptome nicht schlüssig zusammen passen wollen.
Die lauten Abrollgeräusche von den Winterreifen sind vermutlich Schuld dass die typischen rauschenden Geräusche die ein kaputtes Lager normalerweise von sich gibt irgendwie dauerhaft überhört wurden bis sich ein metallisches Schleifgeräusch dazu gesellt hatte. Da dieses Symptom nur nach dem Start und für wenige hundert Meter auftrat und noch dazu unregelmäßig, lässt es sich schlecht vorführen. Auf der Hebebühne brachte der Wackeltest an den Vorderrädern keine besonderen Erkenntnisse; alles ist noch Stramm. Wenn man allerdings versucht das rechte Vorderrad zu drehen, fällt es deutlich schwerer als auf der Fahrerseite. Auch wenn Probeweise mal der komplette Bremssattel abgebaut ist, ändert sich nichts an dieser Tatsache.
Nach einer kurzen Fahrt mit Landstraßentempo ließ sich an den vorderen Radlagern kein signifikanter Temperaturunterschied feststellen, alles normal soweit. Trotzdem wollten wir auf Nummer Sicher gehen und zumindest das rechte Radlager tauschen lassen. Ohne das entsprechende Spezialwerkzeug sind Radlager eine echt harte Nuss, das wissen wir spätestens seit dem letzten Mal. Also führt unser Weg in diesem Fall direkt in die Werkstatt des Vertrauens. Hier können wir zumindest ein paar Fotos machen, wie die Arbeit ablaufen würde.
Bevor das Auto angehoben wird, muss als erstes die Mutter der Antriebswelle losgebrochen werden, das geht entweder mit einem Helfer der die Bremse tritt und einem entsprechen langen Schraubenschlüssel oder mit dem Schlagschrauber. Auf der Hebebühne wird das Rad und der Bremssattel samt Halterung abgebaut, die Bremsscheibe und der Raddrehzahlsensor folgen direkt hinterher. Nun muss die Mutter der Antriebswelle vollständig gelöst und die Welle aus ihrem Sitz in der Radnabe gepresst werden. Hier ist zum ersten mal Spezialwerkzeug fällig. Anschließend muss der Radflansch aus dem Radlager abgezogen werden. Hier ist zum zweiten mal Spezialwerkzeug fällig. Je nach Gemüt des Autos dauert allein dieser Schritt schon eine Stunde oder mehr.
Der Spurstangenkopf muss aus seinem Sitz am Achsschenkel gelöst und beiseite gelegt werden. Dann geht es weiter mit dem unteren Führungsgelenk ("Traggelenk") und Domlager. Ohne diese beiden Haltepunkte hält das Federbein nichts mehr am Auto. Alternativ könnten auch die beiden Schrauben welche das Federbein unten am Achsschenkel halten entfernt werden, da hier und heute auch noch das Domlager erneuert werden soll, bleibt diese Baugruppe komplett. Weiter geht es an der Werkbank. Auf der Innenseite vom Radlager befindet sich ein Sicherungsring den es zu entfernen gilt, Mittel der Wahl ist hier ein kleiner Schraubendreher. Mit dem passenden Aufsatz für das Ausdrückwerkzeug wird das alte Lager nun nach Innen herausgezogen. Dabei kann man nicht mehr viel kaputt machen.
Damit beim Einbau des neuen Lager nichts schief geht, nutzen wir die Gelegenheit und reinigen den Sitz des Lager im Achsschenkel und den Teil vom Radflansch der später im Lager sitzt mit Schmirgelpapier und Pressluft. Für den unwahrscheinlichen Fall dass dieses Lager in der nahen Zukunft nochmal ausgebaut werden muss, kommt auf die Innen- und Außenfläche noch ein Schlag Montagepaste. Aber nicht zu viel, sonst drückt sich das Zeug überall hervor.
Beim Einbau wird wieder mit dem selben Spezialwerkzeug wie bei der Demontage gearbeitet. Jetzt ist es aber besonders wichtig den richtigen Aufsatz für das Lager zu wählen damit auch wirklich nur auf den Aussenrand gedrückt wird und nirgendwo sonst. Das Lager muss außerdem perfekt rechtwinklig angesetzt und bis zum Ende in seinen Sitz gezogen werden. Wenn alles passt darf nun der neue Sicherungsring von innen eingesetzt werden.
Von außen kommt jetzt der Radflansch an seinen Platz. Das Spezialwerkzeug muss jetzt so umgerüstet werden dass es nur auf dem inneren (drehbaren) Teil des Lagers drückt. Vereinfacht gesagt muss immer dort gegengehalten werden wo die Reibung stattfindet. Entweder an der Innenwand oder eben außen. Sofern der Flansch bis zum Ende eingepresst ist, sind wir hier fertig und das Federbein darf wieder ins Auto. Auf den Austausch des Domlagers gehen wir heute mal nicht näher ein, darüber wurde schon an anderer Stelle im SZK berichtet.
Wenn man alleine Arbeiten muss bietet es sich an das Federbein erstmal oben am Domlager fest zu machen. Dann hat man wenigstens beide Hände frei um die Verzahnung der Antriebswelle einzufädeln. Wenn hier deutlicher Rostbefall sichtbar ist empfiehlt sich der Einsatz von Drahtbürste und Pressluft. Für eine leichtere Demontage in der Zukunft kommt auch hier ein Kleks Montagepaste auf die Verzahnung. Die neue Mutter wird bereits lose aufgedreht, den Rest ziehen wir fest, wenn das Auto auf dem Boden steht.
Nun müssen nur noch die restlichen Teile wieder angebracht werden die zuvor demontiert wurden, also unteres Führungsgelenk, Spurstangenkopf, Bremsscheibe und Bremssattel sowie der Raddrehzahlsensor. Alle Sicherungsmuttern und Schrauben sind entweder auszutauschen oder mit passendem Schraubensicherungskleber einzusetzen. Zu guter Letzt das Rad montieren, Auto bis auf den Boden absenken und die große Mutter der Antriebswelle mit 250 bis 280NM festziehen.
Auf der abschließenden Probefahrt herrscht endlich wieder angenehme Ruhe im Auto. Zumindest wenn man das wummern der Winterreifen ausblendet. Es wird hoffentlich bald wieder wärmer und dann dürfen die Sommerreifen wieder raus auf die Straße - vielleicht auch gleich Verbunden mit einem kleinen Upgrade.
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