Montag, 11. Juni 2018

Die unendliche Geschichte - Es geht ein Ruck durchs Gefährt

"Könnt ihr mal nach dem Polo gucken? Der Wagen fährt so komisch! Er ruckelt immer. Die Leute auf der Straße gucken mich immer schon an, als könnte ich nicht Autofahren!" So oder ähnlich kam die Polo-Besitzerin im Oktober 2017 auf uns zu. Bei einer Probefahrt konnten wir sehr schnell einen Fehler diagnostizieren . . .


Bei unserer Probefahrt kamen wir sehr schnell zu einem Ergebnis. Sofern der Wagen beschleunigen soll, man also beherzt aufs Gas tritt und nicht einfach nur die Geschwindigkeit hält, geht ein unmotiviertes starkes Rucken durch den Polo. Wenn der Wagen warm ist, wird dieses Problem noch schlimmer und das Rucken tritt mitunter sogar während der normalen Weiterfahrt auf. Aufgrund der Stärke des Ruckens konnten wir sehr schnell "Zündaussetzer" als Ursache feststellen. Das Gemisch im Brennraum wird nicht mehr gezündet, da der Zündfunke fehlt. Doch wo gehen hier die Zündfunken verloren?


Aufgrund der Stärke des Ruckens konnten wir davon ausgehen, dass die Zündaussetzer alle Zylinder betraf und nicht nur einzelne. Die Zündkabel und auch die Zündkerzen konnte wir deshalb vorerst ausschließen. Beim Betrachten der Kabel im Motorraum konnte man auch keine Auffälligkeiten erkennen. Möglich wäre es ja beispielsweise gewesen, dass es sich ein Marder im warmen Motorraum gemütlich gemacht hatte und von den Zündkabeln kostete. Doch dem war nicht so. Da der Verteiler keine lange Zeit zuvor, bei der Reparatur des Thermostatgehäuses in der Werkstatt noch demontiert und gewartet wurde, war dieser auch auszuschließen. Wir konzentrierten uns auf die Zündspule. Liefert die Zündspule nicht genügend Spannung, sind alle Zylinder gleichermaßen von Zündausetzern betroffen. Zudem soll, wie in der VAG-Szene diskutiert wird, die Zündspule durch ihre ungeschützte Einbauposition an der Spritzwand im Motorraum eine typische Schwachstelle in VAG-Fahrzeugen dieser Bauzeit und insbesondere beim Polo sein.


Wir mussten gar nicht lange Suchen um auch einen äußerlichen Defekt an der Zündspule festzustellen. Das Gehäuse hatte einen länglichen Riss, in den Wasser eindringen konnte. Hier ist mit großer Sicherheit die Ursache für die Zündaussetzer zu suchen. Die eingeprägten Zahlen auf der Unterseite des Gehäuses deuten auf das Produktionsjahr 1997 hin. Es handelt sich hier vermutlich um die erste Zündspule, die ab Werk mit dem Polo ausgeliefert wurde. Zumindest aber weist sie das gleiche Alter wie der Polo auf. Nach 20 Jahren treuer Dienste ist es mehr als verständlich, dass diese einen Defekt aufweise kann. Insbesondere, da die Zündspulen angeblich so empfindlich seien sollen. Für 70 Euro war schnell Ersatz besorgt. Nachdem die Befestigungsschrauben gelöst, die neue Zündspule montiert und auch das Masseband angebracht sind, kann eine erneute Probefahrt nun zeigen ob wir recht behalten würden.


Der Polo fuhr wieder prima. Er zog vorzüglich. Es war eine deutliche Verbesserung ersichtlich. Natürlich mag man sich hiervon etwas hinreißen lassen, zu übertreiben, aber die Verbesserung war schon beachtlich. Fragt sich nur, ob eine Zündspule auch schleichend ihre Leistung verlieren kann oder ob es bei diesem Bauteil nur die beiden Zustände "defekt" und "heile" gibt und wenn ja, zu welchem Zustand unser Defekt einzuordnen ist. Doch diese Diskussion überlasse ich lieber anderen, denn da macht wohl jeder ambitionierte Amateurschrauber seine eigenen Erfahrungen. 

Nun könnte die Polofahrerin eigentlich wieder glücklich sein und bis zu unserem vereinbarten Servicetermin für die Hauptuntersuchung weiterfahren, wenn sie nicht bereits zwei Wochen später wieder auf der Matte stünde: "Mein Auto macht so komische Geräusche. Da habe ich richtig Angst. Könnt ihr da mal nachgucken?". Die unendliche Geschichte geht weiter. Die Fortsetzung wird allerdings etwas komplizierter . . .

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