Freitag, 25. Oktober 2019

Die Lücke im Führerscheinrecht


Wenn man mit den richtigen Leuten Abends nach Feierabend zusammensitzt und genug dummes Zeug erzählt kommen irgendwann auch die wirklich wichtigen Fragen zur Sprache. Zum Beispiel diese: gibt es ein Fahrzeug oder eine Kombination aus Fahrzeugen die in Deutschland zulassungsfähig sind, für die es aber keinen passenden Führerschein gibt um sie damit legal auf der Straße zu bewegen?


Nach langer Recherche im Internet und wilder Diskussion in der selbsternannten Expertenrunde fand sich tatsächlich eine Konstellation für die man (je nach rechtlicher Auffassung) heute für kein Geld der Welt mehr die entsprechende Fahrerlaubnis erwerben kann. Der Grund liegt darin das früher jedes Land eigene Grenzen für die Befugnisse der Fahrzeugführer bestimmen konnte und dabei manchmal sehr großzügig war. Durch die harmonisierten EU-Führerscheinklassen gibt es jetzt Lücken. 


Und durch diese Lücken passt sogar ein Unimog samt Anhänger hindurch. Aber warum soll es nicht möglich sein einen Unimog mit Anhänger nach aktuellem Recht fahren zu dürfen? Das müssen wir noch genauer erklären, darum hier ein Überblick der wesentlichen Fahrerlaubnisklassen die in diesem Fall betrachtet werden müssen. Die kleinste FS-Klasse für den Betrieb eines Fahrzeug mit Anhänger ist die Klasse B(E). Laut Bundesverkehrsministerium ist sie folgendermaßen definiert; Kraftfahrzeug (das nicht zu den Klassen AM,A1,A2,A gehört) mit einer ZGM von maximal 3500kg, mit maximal 9 Sitzplätzen (inkl Fahrer). Die Anhänger dürfen für die Klasse BE ein Gewicht zwischen 750 und 3500kg haben.


Für Anhänger mit einem zulässigen Gesamtgewicht über 3500kg hinter einem Zugfahrzeug dass in die Klasse B fällt, braucht man den Führerschein der Klasse C1E. Diese gilt für Anhänger von 3500kg aufwärts bis zu einem Zuggesamtgewicht von 12000kg. Das Gesamtgewicht des Zugfahrzeug ist dabei auf 7500kg begrenzt. Sollen Fahrzeuge bzw Gespanne bewegt werden die über 7,5t bzw. 12t liegen braucht man die Klasse CE. Dann ist sowohl das Gesamtgewicht vom Zugfahrzeug als auch vom Anhänger nach oben unbegrenzt. Wichtig ist dabei das die Klasse C nur für Fahrzeuge über 3500kg Gesamtgewicht gilt. 


Und wo soll da jetzt die Lücke sein? Ganz einfach ausgedrückt könnte es passieren das jemand ein Zugfahrzeug besitzt das ein Gesamtgewicht von 3500kg hat und somit nur mit dem Führerschein Klasse B und C1 bewegt werden darf. Aus welchem Grund auch immer hat das Fahrzeug eine sehr hohe Anhängelast und entsprechende Ausstattung um große (Lkw-)Anhänger zu ziehen. Wenn nun ein unbeladener Anhänger mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 8500kg angehängt wird, hat der Zug eine (theoretische) Gesamtmasse über 12000kg und darf weder von einer Person mit Führerschein Klasse BE noch C1E gefahren werden. 


Doch auch mit einem CE Führerschein darf man nicht hinters Steuer da die Klasse C nicht für Fahrzeuge unter 3500kg ZGM gilt. Die Karre muss also stehen bleiben. Entweder man macht den Anhänger leichter oder das Zugfahrzeug schwerer um aus dieser Zwickmühle raus zu kommen. Oder man macht eine kleine Zeitreise und erlangt die Fahrerlaubnis Klasse BE nach altem Recht (Stichtag 19.01.2013), erkennbar an der Zusatzzahl 79.06 auf der Rückseite vom Führerschein. Denn hier gab es noch keine Begrenzung des Anhängergesamtgewicht. Das Gespann muss nur von einem Zugfahrzeug der Klasse B gezogen werden.

Aber was ist wenn man einfach den Führerschein Klasse L bzw. T für Traktoren macht? Das könnte tatsächlich klappen wenn unser beispielhaftes Zugfahrzeug nicht schneller als 40 bzw 60 kmh fahren kann und ganz wichtig; nach ihrer Bauart zur Verwendung für land- oder forstwirtschaftliche Zwecke bestimmt sind und eingesetzt werden. Im Zweifelsfall ist unser Fahrzeug aber schneller und soll eben nicht nur auf lof Zwecke festgelegt sein. Also auch keine Alternative.


Für alle die sich jetzt fragen wie große die Wahrscheinlichkeit ist überhaupt jemals in diese Situation zu gelangen, sei gesagt das man schon echtes Pech haben muss. Oder man sucht gezielt nach genau so einem Fahrzeuggespann. Tatsächlich kommen dafür nur einige wenige Unimog Modelle in Frage. Beispielsweise die Typen U411 und U421, wobei letztere von original 4,2t  zGM auf 3,5t abgelastet werden muss. Die Zulässige Anhängelast beträgt dabei (mit der entsprechenden Anhängekupplung und Druckluftbremsanlage) 6,5t bzw 11t da sie bei Zugmaschinen rechtlich nur durch die Motorleistung begrenzt wird. Mit dem 52PS Motor erreicht der U421 offiziell eine Höchstgeschwindigkeit von 67kmh und ist somit nicht mehr mit dem T-Führerschein fahrbar.


Da beim Führerscheinrecht grundsätzlich immer nach den zulässigen Gesamtgewichten und nicht nach dem tatsächlichen Gewicht geschaut wird, würde auch schon eine deutlich niedrigere Anhängelast ausreichen. Ein kleinerer Tandemanhänger für Lkws mit 10,5t Gesamtgewicht wiegt leer nur rund 3t und wäre somit hinter beiden Unimog Modellen oder sogar hinter einem entsprechend umgebauten Kleintransporter fahrbar. Man darf dann nur nichts mehr aufladen.

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