Freitag, 19. Juni 2020

Spritmangel: Onkel Benz bleibt liegen


Ausgerechnet morgens auf dem Weg zur Arbeit machte der Wagen Probleme. Der Motor geht einfach aus und will nicht wieder anspringen. Immerhin ist die Firma nicht weit weg und kann zu Fuß erreicht werden. In der Frühstückspause wird ein Reservekanister organisiert und an der Tankstelle Sprit geholt. Leider will die E-Klasse auch mit 10 Litern Superbenzin im Tank nicht starten. Zeit für den nächster Versuch ist während der Mittagspause. Mit Muskelkraft gelangt der Mercedes zu einer benachbarten freien Werkstatt die sich den Fehler mal genauer angucken soll. 



Nach Feierabend gibt es dort keine positiven Nachrichten; der Fehlerspeicher enthält den Eintrag das die Kraftstoffpumpe nicht funktioniert oder zumindest nicht ausreichend Druck liefert. Beim Versuch das System zu entlüften kam am Motor tatsächlich nichts an. Dann wird das wohl nichts mit einer schnellen und vorallem billigen Reparatur. Jetzt muss der 211er erstmal irgendwie nach Hause kommen. Was eignet sich besser um einen großen schwarzen Wagen aus der Daimler-Chrysler Ära mit einem ebenso schwarzen Zugfahrzeug aus der selben Epoche einzusammeln. Ganz abgesehen davon ist ausser diesem Dodge Ram 2500 aktuell kein anderes Auto auf dem Hof das den Tandemanhänger samt T-Modell oben drauf ziehen darf. 


Praktischerweise ist in NRW am nächsten Tag ein gesetzlicher Feiertag so das ausreichend Helfer bereit stehen um anzupacken. Am Vorabend wurde die Batterie der elektrischen Seilwinde nochmal aufgeladen und auch sonst ist der Autotransporter allzeit breit. Gegen Mittag bricht der Konvoi auf zu der Werkstatt wo unser Patient seit Vorgestern steht. Hier haben wir genug Platz um Auto und Anhänger in die richtige Positon zu bringen und müssen uns keine Sorgen um den fließenden Verkehr zu machen. Noch während wir die Rampen ausziehen und das Stahlseil einhaken fährt ein Streifenwagen auf den Werkstatthof. 


Die beiden Beamten steigen aus und fordern höflich aber bestimmt die Ausweise und den Fahrzeugschein vom Mercedes den wir gerade am Haken haben. Wie wir erfahren wurde die Alarmanlage der Werkstatt ausgelöst und die Polizei alarmiert. Sofern sie nicht eine unglaublich schnelle Reaktionszeit haben, muss der Alarm schon vor unserer Ankuft ausgelöst haben. Kurze Zeit später trifft auch der Werkstattchef ein; die Sensoren im hinteren Teil des Gelände beim Reifenlager haben angeschlagen - dort waren wir überhaupt nicht. So dürfen wir unsere Arbeit fortsetzen und bald steht der schwarze Kombi auf dem Anhänger hinterm schwarzen Pickup. 


Über die Autobahn kommen wir schnell zurück nach Hause wo die eigentliche Fehlersuche fortgesetzt wird. Nur weil der Computer sagt das die Pumpe nicht funktioniert, muss das nicht heißen das sie auch wirklich kaputt ist. Vielleicht haben wir es ja auch nur mit einer kaputten Sicherung, klemmendem Relais oder korrodierten Steckern zu tun. Der Sicherungskasten befindet sich bei dieser Baureihe im Kofferraum hinterm linken Hinterrad unter der Seitenverkleidung. Die vierte Sicherung von unten (20 Amp)  und das unterste Relais (schwarz) ist für die Spritpumpe zuständig. 


Wenn man die Zündung einschaltet klackt das Relais wie es soll. Auch mit einer Drahtbrücke zum Test springt der Motor nicht an. Mit dem Kopf im Beifahrerfußraum der Rückbank lauschen wir nach dem typischen Brummton der Pumpe und hören doch nichts. Also Sitzpolster nach vorne klappen. Plastikmutter lösen und den Teppich umschlagen. Darunter verbirgt sich auf beiden Seiten der Bank jeweils eine Serviceklappe die mit sechs Schrauben (SW8) verschlossen ist. Wir lösen alles und entfernen die beiden Blechdeckel. Auf der linken Seite ist der Steckverbinder und auf der rechten Seite die Pumpeneinheit mit Füllstandsensor und Vorfilter. 


Der Einfachheit wegen machen wir mit der Fehlersuche am Steckverbinder weiter, hier sind alle Kontakte sauber und weder korrodiert noch verschmort. Also doch den großen Drehverschluss der rechten Tankhälfte öffnen. Mangels Spezialwerkzeug muss ein großer Stumpfer Schraubendreher und Hammer herhalten mit dem der Deckel langsam aber sicher gegen den Uhrzeigersinn aufgedreht werden kann. Der Deckel ist Federbelastet und dient gleichzeitig zur fixierung der Pumpeneinheit, sie ist nicht zusätzlich mit dem Tank verbunden. Oben an der Pumpe ist ein Mehrfachstecker und drei Schläuche angeschlossen. (Das ab diesem Zeitpunkt Rauchen und offenes Feuer tabu sind sollte wohl jedem klar sein.) Leichte Schläge mit dem Griff vom Schraubendreher bei eingeschalteter Zündung erwecken die Pumpe auch nicht mehr zum Leben.


Dann brauchen wir wohl eine neue Pumpe. Im Netz finden sich nur Angebote für die komplette Einheit samt Schwimmer, Pegelstandsensor, Vorfilter und Gehäuse. Je nach Qualität und Hersteller für 60 bis 160€. Leider ist unsere Zeit begrenzt und der Wagen muss so bald wie möglich wieder auf die Straße zurück. So wird wohl oder übel am nächsten Morgen beim örtlichen Teiledealer eine neue Spritpumpe und Benzinfilter erworben. Wenigstens sind die Teile sofort verfügbar und der Einbau sollte auch schnell erledigt sein. Je leerer der Tank ist umso besser. Im Notfall könnte mit einer Handpumpe noch Kraftstoff abgepumpt werden, aber für uns reichte es auch so. 


Zwei der drei Schläuche sind einfach oben am Pumpeneinsatz festgeklemmt und können nach oben abgezupft werden, die dritte Leitung kann durch zusammendrücken und ziehen vom Stutzen der Pumpe abgenommen werden und wie der Steckverbinder getrennt wird sollte selbsterklärend sein. Etwas fummelig wird es nur wenn das Teil durch die schmale Zugangsöffnung nach draußen kommen soll. Hinweis: Wenn die Gummidichtung entfernt wird hat man noch ein bisschen mehr Platz zur Verfügung. Der Schwimmer muss als erstes durchs Loch, dabei kann auch gleich der Spritrest aus dem Pumpentopf geschüttet werden. Eine Schüssel zum Unterstellen für die triefende Pumpe ist trotzdem angebracht. 


Mit der neuen Pumpe verfahren wir in umgekehrter Reihenfolge. Erst das dicke Ende und dann der schwimmer hinterher. Im Tank stöpseln wir den Stecker wieder an und dann die Kraftstoffleitungen. Dabei muss man wohl oder übel mit den Händen im Benzin wühlen. Gummihandschuhe sind darum eine sinnvolle Schutzmaßnahme. Jetzt muss die Deckeldichtung wieder rein. Damit selbiger Deckel möglichst leicht eingesetzt werden kann sprühen wir die Dichtung mit ordentlich Silikonspray ein. Der Deckel verfügt über zwei Stifte die in entsprechende Löcher im Pumpengehäuse fassen und so alles zentrieren. Zum Schluss den Verschlussring ansetzen und festdrehen, den letzten Rest wieder mit der Hammerschlagmethode. 

Zeit für den ersten Startversuch! Damit der Motor direkt Kraftstoff kriegt schalten wir die Zündung drei mal ein und kurze Zeit später wieder aus. Jedes Mal läuft die Pumpe für einige Sekunden und sollte dann ausreichend Druck im System aufgebaut haben. Tatsächlich springt der 163PS starke Vierzylinder Kompressormotor an und läuft sofort rund und ohne Fehlermeldung. Wieder eine Mission erfolgreich abgeschlossen. Um den Kraftstofffilter kümmern wir uns dann ein anderes Mal. 

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