Montag, 15. Juni 2020

Spezialpassat Fahrwerk Großbaustelle - Teil 1



Auch Langzeitprojekte werden irgendwann (hoffentlich) mal fertig. Ob das für den Spezialpassat zutrifft liegt in unserer Hand. Neben den Rost und Lackproblemen - nicht erst seit dem Wildunfall - war das Fahrwerk schon seit einer gefühlten Ewigkeit ziemlich weit oben auf der Liste von wichtigen Arbeiten. Wenn das Fahrwerk erneuert wurde, kann die Spur neu eingestellt werden und dann folgt das nächste Puzzleteil.


Die Stoßdämpfer und Querlenker am Normalpassat haben wir, respektive die Werkstatt, vor rund viereinhalb Jahren erneuert. Damals noch draußen auf dem Hof vor der Garage ohne viele Hilfsmittel. Das hat sich mittlerweile ein bisschen Geändert. In Verbindung mit dem dazugelernten Wissen sollte dieses Mal nichts schief gehen und entspannt an einem Samstag über die Bühne gehen.


Auf der Hebebühne nehmen wir beide Vorderräder ab und sprühen dann sämtliche Schrauben und Muttern die wir vielleicht lösen werden, mit ordentlich viel Kriechöl ein. Damit wir nicht mehr Teile als notwendig demontieren müssen wird jeweils auf jeder Seite Etappenweise geschraubt. An der Bremsanlage müssen wir bis auf eine einzigen Schraube nichts anfassen und die Achsschenkel können auch nicht abstürzen. Das Gewicht der Federbeine zieht die Domlagerteller nach unten so das sich die obere Domlagermuttern beim abschrauben eigentlich nicht mitdrehen können. Falls doch braucht es entweder den Schlagschrauber oder die passende Fenster-Stecknuss und einen Inbusschlüssel.


Richtung Achsschenkel wird das Federbein von zwei Schrauben (SW18) gehalten die nur mit Kraft, Hebelarm oder Schlagschrauber gelöst werden können. Weiter gehts mit dem Federbein im Federspanner, idealerweise sicher gehalten im Schraubstock auf der Werkbank. Das Gummipolster vom Domlager kann einfach abgezogen werden und gibt den Blick zur zweiten Domlagermutter frei gibt (SW21). Aber Achtung! Solange die Fahrwerksfeder noch unter Dampf steht darf diese Mutter keinesfalls gelöst werden. Hier kommt der Federspanner zum Einsatz; mit der Spindel werden die beiden Spannplatten zusammengezogen bis die Feder derart komprimiert wurde das sie nicht mehr gegen die oberen unteren Teller drückt.


Nun können wir die Mutter samt Domlager und Federteller gefahrlos abnehmen und den alten Dämpfer rausziehen. Bei genauerer Betrachtung stellt sich heraus das die Dämpfer restlos verschlissen sind, sie haben keinerlei Vorspannung mehr und lassen sich ohne große Anstrengung rein und raus schieben. Dafür sind der Staubschutz und Anschlagpuffer noch so gut wie neu. Hätten wir das vorher gewusst, könnten wir sie jetzt wiederverwenden. Den neuen Dämpfer bestücken wir mit  neuem Anschlagpuffer, neuem Staubschutz, altem Federteller und neuem Domlager. Die untere Domlagermutter wird mit 20Nm angezogen und dann der Federspanner langsam zurückgedreht wobei die Federenden sich genau in ihre Aussparung legen müssen.


Zurück am Auto wird das Federbein mit einem neuen Gummipolster erst oben am Dom (60Nm)  und dann unten am Achsschenkel (95Nm) angeschraubt. Unabhängig davon das wir nachdem alle Arbeiten erledigt sind auf dem direkten Weg zur Achsvermessung fahren müssen, versuchen wir dennoch den Achsschenkel wieder in der alten Lage am Federbein festzuschrauben. Auf der Beifahrerseite wiederholen wir alle Arbeitschritte in gleicher Weise und dann kümmern wir uns um die Querlenker, genauer um die Gummibuchsen. Den Querlenker könnte man natürlich komplett auswechseln, aber die Traggelenke wurden vor einiger Zeit bereits erneuert.


In Anbetracht des günstigen Preis für neue Gummibuchsen versuchen wir es einfach die originalen Querlenker zu überholen. Solange das eigentliche Blechteil noch intakt ist, spricht nichts dagegen. Natürlich muss der Querlenker dafür vom Auto getrennt werden. Zwei Schrauben (SW18) mit den Buchsen an der Karossrie und eine Schraube am unteren Führungsgelenk (Traggelenk) zum Achsschenkel. Für die Schraube (30Nm) am Gelenk muss auch die untere Schraube (Anzugsmoment 125Nm) vom Bremssattelträger gelöst werden damit genug Platz ist um die Schraube vollständig rauszuziehen. Je nach Verwirrterungsgrad braucht es etwas mehr Kraft und Motivation um das Gelenk aus dem Achschenkel zu ziehen. Nun noch den Spurstangenkopf (50Nm) abschrauben, aus dem Achschenkel drücken und den Stabilisator (20Nm) auf beiden Seiten lösen - so gewinnt man den nötigen Bewegungsspielraum um den Querlenker aus der Karosserie rauszuhebeln.


Im Schraubstock eingespannt können wir mit einem Meißel und Hammer die äußere Metallhülse soweit zusammenschlagen bis sie aus dem Querlenker gedrückt werden kann. Wie schon beim Golf 4 eignet sich ein Stück Auspuffrohr perfekt als Druckstück um die neue Buchse in den Querlenker einzupressen. Das letzte Stück bis sie bündig sitzt machen wir direkt im Schraubstock klar. Die zweite Gummibuchse macht deutlich weniger Arbeit; eine passend große Nuss auf der Rückseite und eine alte Mutter vorne reichen zum ausdrücken der alten Buchse. Mit ordentlich Seife zur Schmierung kann das neue Gummi wieder im Schraubstock direkt eingepresst werden.


So kommt der Querlenker wieder ins Auto. Erst an der Karosserie einfädeln und dann am Achsschenkel. Idealerweise steht dafür ein Helfer zur Verfügung der alles an die richtige Stelle rückt um die Schrauben durchstecken zu können. Die Schraube der vorderen Buchse wird erst vollständig festgeschraubt (50Nm +90° vordere Schraube, 70Nm +90° hintere Schraube) wenn der Wagen auf seinen Rädern steht. Eine Auffahrrampe oder Stütze unter dem Querlenker sind dafür das Hilfsmittel der Wahl. Zum Schluss alle Schrauben nochmal kontrollieren und die Räder montieren. Fertig.

Bei der ersten Probefahrt fällt uns auf dass die neuen Dämpfer einen riesengroßen Unterschied machen, bei Bodenwellen schlägt der Wagen vorne nicht mehr durch und liegt deutlich straffer auf der Fahrbahn dafür machen sich die kaputten Dämpfer an der Hinterachse jetzt noch negativer bemerkbar. Darum kümmern wir uns beim nächsten Mal.

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