Freitag, 12. Juni 2020

Es kommt nicht nur auf die Größe (vom Anhänger) an


"Bigger is better" und "nur Neu ist treu" sind wohl die wesentlichen Beweggründe für den Kauf eines neuen Anhänger. Schließlich gab es in den letzten 30 Jahren kaum relevante Designänderungen oder technischen Fortschritt der es rechtfertigen würde ein Exemplar von 1997 auszumustern und gegen ein Modell von 2005 zu tauschen. Deshalb lebt der kleine Westfalia Anhänger auch weiter. Wenn der Garten zu klein und verwinkelt ist, hat so ein kleiner Trailer seinen ganz großen Auftritt.


Im Herbst des vergangenen Jahres konnte oder musste der Gärtner vom T4 Bus mit kleinem Anhänger auf einen Navara Pickup mit Tandemanhänger aufsteigen da das gestiegene Auftragsvolumen im wahrsten Sinne des Wortes sonst nicht mehr tragbar war. Für Großprojekte macht es doch einen Unterschied ob man einmal oder drei mal Fahren muss bis die Materialien angeliefert respektive der Grünschnitt wieder weggebracht ist. Soweit funktioniert der neue Trailer auch einwandfrei. Aber für gewisse Transportaufgaben kommt ein großer Anhänger nicht in Frage und durch die spezielle Heckklappe mit integrierter Auffahrrampe hat der Westfalia Anhänger immernoch ein Ass im Ärmel. 


Wenn der Tandemanhänger mal belegt ist, kann der zweite Trailer gleich weiterfahren oder einfach beladen irgendwo rum stehen und auf seinen nächsten Auftritt warten. So groß sind die Laufenden kosten bei einem Anhänger einfach nicht. Darum stand von Anfang an fest dass er nicht verkauft werden soll. Jetzt steht die Hauptuntersuchung bevor und wir wissen schon das er ohne Zweifel nicht auf Anhieb bestehen wird. Schon vor zwei Jahren wurden diverse Hinweise auf dem Bericht vermerkt die wir endlich arbeiten wollen.


Die Beleuchtung, Bremsanlage, Karosserie und Elektrik machen Probleme, also fast alle Baugruppen sie so ein Anhänger nur haben kann. Und weil das noch nicht genug ist soll die Heckklappe in Zukunft auch etwas leichter auf- und zu gehen als bisher. Immerhin haben wir einige Wochen Zeit alles zu erledigen. Fangen wirs an indem wir das ehemals gute Stück abholen und in die Garage bringen. Schon bei der ersten Besichtigung fallen uns diverse Sicherheitsmängel auf und wenn der Anhänger mit dem passenden Tempo hinterm Auto herläuft vibriert und klappert er nicht zu knapp.

Wir fangen mit den einfachen und offensichtlichen Dingen an, arbeiten uns dann zu den HU-relevanten Mängeln vor und wenn zum Schluss noch Zeit bleibt kommt die Kür in Form der Komfortverbesserung. Am Heck ist die Nebelschlussleuchte zerstört und die beiden dreieckigen Rückstrahler fehlen auch noch. So hätte der Anhänger eigentlich bei der ersten Verkehrskontrolle auffallen müssen, aber offensichtlich liegt der Fahndungsschwerpunkt woanders. In jedem Fall sind wir mit ein paar neuen Teilen die einfach angeschraubt bzw an die vorhandenen Kabel angeschlossen werden dem Ziel ein gutes Stück näher gekommen. Derweil laufen schon Verhandlungen auf der rechten Seite ein Rückfahrlicht nachzurüsten, aber dast ist ein Projekt für die Zukunft. Heute soll es so reichen. 


Damit hinten auch alles leuchtet wie es soll und nicht flackert wenn man über Bodenwellen fährt oder der Regen mal etwas stärker wird, montieren wir vorne an Stelle des alten 7Pol Stecker mit Adapter (früher hatten der Bulli und der Navara auch nur 7Pol Steckdosen) einen neuen 13Pol Stecker. Leider bestätigt sich wiedermal unsere Erfahrung dass die Metallgehäuse mit den Schrauben darin eine unzertrennliche Verbindung eingehen. Um Zeit zu sparen zertrümmern wir das Steckergehäuse und schrauben dann die Kabel aus den einzelnen Kontakten. Der neue 13Pol Stecker kann ohne Werkzeug demontiert werden was schon ein großer Vorteil ist wenn man mal am Straßenrand steht und einen Elektrikfehler auf die Schnelle beheben muss. 


Da die Beleuchtung am Anhänger bis auf eine kaputte Glühbirne vor dem Umbau einwandfrei funktioniert hat, sind wir optimistisch das auch mit dem 13Pol Stecker alles so leuchtet wie es soll. Wo wir schon vorne an der Deichsel arbeiten können wir hier noch zwei wichtige Punkte abarbeiten; das Abreißseil ist wie der Name vermuten lässt abgerissen und muss erneuert werden, ausserdem ist der Handbremshebel enorm schwergängig. Ein bisschen Sprühfett aus der Dose und mehrmaliges Betätigen macht die Mechanik wieder gänig. Schon fertig. 


Zurück zum anderen Ende vom Trailer. Wie gehofft funktioniert die gesamte Lichtanlage jetzt korrekt. Dann dürfen wir uns jetzt dem Aufbau zuwenden, das Holz der Bordwände ist teilweise durchgefault und beide Heckklappenverschlüsse sind zumindest teilweise lose weil das Holz rund um die Schrauben nachgegeben hat. Das können wir so nicht lassen, irgendwann fällt sonst noch die Heckklappe runter. Und selbst wenn das Holz noch halten würde, sind die Löcher in den Verschlüssen schon so weit aufgeeiert dass sie wohl auch nicht mehr ewig durchhalten werden. 


Eigentlich sind die Bordwandverschlüsse mit mehreren Schrauben durch die seitlichen Holzbretter und den unteren Aussenrahmen verschraubt damit sich möglichst nichts lösen und bewegen kann. Das hat leider nicht (mehr) wirklich gut geklappt und jetzt können die Schrauben auch nicht mehr fester angezogen werden weil die Schlossschrauben sich im Holz einfach mitdrehen. So bleibt uns nichts anderes übrig als alle alten Schrauben abzuschneiden und durch neue zu ersetzen die mit einer möglichst großen Unterlegscheibe eingebaut werden. Alles ordentlich festziehen und dann rappelt hier auch nichts mehr. Bei der Gelegenheit wurden die eigentlichen Verschlüsse gleich mit getauscht. Jetzt klappert zumindest schon mal nichts mehr während der Fahrt. 


Sollte das Problem in Zukunft nochmal auftreten überlegen wir schon eine passende Stahlplatte anzufertigen so dass die Schrauben niemals so viel Spiel haben können dass sie sich ins Holz einarbeiten. Warten wir es erstmal ab wie lange die einzelne  Holzplatten überhaupt noch durchhalten - teilweise wurden schon neue Siebdruckplatten montiert. Jetzt machen gerade die seitlichen Platten Probleme. Durch die Bordwanderhöhung aus Metallzaunelementen sammelt sich in den Ecken immer Dreck der nicht weg kann und zusätzlich Feuchtigkeit bindet. Mit der Zeit wird das Holz einfach morsch. Immer draußen ohne Dach im Regen zu stehen und nasse Pflanzen zu transportieren machen die Sache ganz bestimmt nicht besser.


Das Einzige was wir jetzt auf die schnelle machen können ist die betroffenen Stellen gründlich reinigen und mit Holzschutzfarbe dick einpinseln. An einer Stelle sind schon richtige Löcher im Holz, dort reicht diese Behandlung nicht. Stattdessen nehmen wir wie schon bei Mels Anhänger einen Streifen verzinktes Blech der in den Aussenrahmen gesteckt und mit der Seitenwand verschraubt wird. Auch wenn wir damit nichts am grundlegenden Problem ändern, ist die Funktion mittelfristig wiederhergestellt. Apropos Funktion wiederherstellen; die faltbare Heckklappe mit integrierter Auffahrrampe ist deutlich schwerer als bei einem normalen Anhänger, darum hat sie eigentlich auch zwei Gasdruckfedern die uns unterstüzen sollen. Eine Feder fehlt komplett und die andere ist völlig wirkungslos. 


Mangels Beschriftung auf der Feder können wir nicht einfach den passenden Ersatz bestellen und original von Westfalia scheint dieser Spezialaufbau auch nicht zu sein. So sind wir bei der Suche auf uns allein gestellt. Der Durchmesser von Kolbenstange und Gehäuse könnte uns zumindest einen kleinen Anhaltspunkt liefern wie stark die Federn sein müssen. Im Internet finden sich diverse Anbieter die auf ihrer Website mehr oder weniger gut gemachte Berechnungs- und Simulationstools anbieten. Mit einer Personenwaage und einem Holzklotz messen wir erstmal wie schwer die Heckklappe an ihrem äußeren Ende ist (ungefähr 22kg). Jetzt muss mal kurz das Wissen aus dem Physik-Leistungskurs aufgewärmt werden. Kraft 1 x Hebelarm 1 muss (ungefähr) Kraft 2 x Hebelarm 2 entsprechen. Die Hebelarme können wir mit dem Bandmaß ermitteln und die (Gewichts-)Kraft 1 haben wir gemessen. 


Alles hin und her rechnen und noch ein bisschen Reserve für Reibung in den Gelenken sowie Verschleiß und niedrige Aussentemperaturen draufschlagen ergibt für uns ganz genau die stärksten Federn die der Anbieter in dieser Größe liefern kann; jeweils 1250N pro Stück. Leider kann man sich die Länge nicht beliebige aussuchen so das wir beim Einbau ein bisschen tricksen müssen. Nach einigen Fehlschlägen funktionierte diese Methode sehr gut; einfach die Beschläge an denen die Gasfeder gegen die Heckklappe drücken abschrauben und mit extralangen Schrauben oder Gewindestangen wieder anschrauben, Gasfeder an beiden Enden einhängen und dann die langen Schrauben zusammendrehen bis die Beschläge richtig sitzen, überstehendes Gewinde abschneiden und fertig ist die Laube. 


Der erste Funktionstest läuft ganz gut ab. Die Klappe muss zunächst mit etwas Kraft aufgezogen werden (wenn der Anhänger allein rumsteht kippt er dabei nach hinten), ab etwa 30° Öffnungswinkel braucht man sich überhaupt nicht anstrengen damit die Klappe zurückschlägt oder runterfällt, in waagerechter Lage bleibt sie einfach in der Luft stehen und sobald sie über diesen Punkt kommt fällt sie fast auf den Boden. Zum verschließen einfach mit der Fußspitze drunterfassen und kurz anheben - den Rest machen die Gasfedern. Quasi wie ein Kofferraumdeckel am Auto, nur andersherum. 

Damit haben wir unsere HU Vorbereitungen abgeschlossen. Bis auf eine etwas ungleichmäßig ziehende Bremse, etwas Höhenspiel in der Zugdeichsel und das Reifenalter gab es darum auch keine Beanstandungen bei der Vorführung. Das ist für uns in Ordnung. Um den Rest kümmern wir uns dann wohl beim nächsten Mal.

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