Freitag, 3. Juli 2020

Reifen Upgrade für den Jimny GJ


Die Verlockung ist einfach zu groß für mich. Nur ein bisschen größere und breitere Reifen mit etwas mehr Profil damit im weichen Sand und Schlamm nicht immer so schnell Ende im Gelände ist. Vielleicht nicht ganz so brutal wie die Trecker-Reifen von einem gewissen schwarzen Suzuki Samurai aber die Richtung stimmt schon mal. Leider ist so ein Satz neue Reifen gar nicht mal so billig und wenn noch die Kosten für neue Felgen dazu kommen wird es noch teurer. Für drei Mal im Jahr in den Offroadpark zu fahren eigentlich total dämlich. Aber mit ein bisschen Fleißarbeit gibt es die Räder auch günstiger an die Karre.



Am Anfang der Reise stehen ein paar wichtige Fragen; wie groß sollen die Räder sein, wie wichtig ist Alltagstauglichkeit (also Verbrauch Geräusch und Lebensdauer), wie teuer darf das ganze werden und die wichtigste Frage zum Schluss: weiße Buchstaben auf den Reifenflanken nach innen oder nach außen? Da wir nicht die ersten und bestimmt nicht die letzten sind, die auf ihrem Jimny größere Reifen als die serienmäßigen 195-80R15 montieren wollen gibt es im Internet schon eine Fülle an Erfahrungsberichten was gut funktioniert und was Probleme bereiten kann. Das ist insofern wichtig das der Unterschied zwischen dem "richtigen" und "falschen" Reifen vielleicht nur wenige Zentimeter liegen aber dafür viel mehr Umbauaufwand am Auto erforderlich ist damit er auch passt und funktioniert. Von den Kosten für eine Änderungsabnahme ganz zu schweigen.


Aus Gesprächen mit anderen Jimny Fahrern, Internetrecherchen und dem direkten Vergleich einen umgebauten Jimny mit Fahrwerk und größeren Rädern probe zufahren fand sich eine für meine Zwecke hoffentlich bestmögliche Lösung: Reifen im Format 215-75R15 auf originalen Suzuki Felgen. Dafür gibt es (gegen Bezahlung) ein Teilegutachten mit dem die Eintragung als normale Änderungsabnahme nach §19(3)StVZO möglich ist. Eine zusätzliche Kotflügelverbreiterung oder Lenkwegbegrenzer sind nicht erforderlich (Pluspunkt Geländewagen) und das Temperament  wird durch die größeren und schwereren Reifen nicht allzu sehr eingeschränkt. Das einzige Risiko besteht darin ob die im praktischen Versuch ermittelte Tachoabweichung noch im gesetzliche Rahmen liegt.


Bis jetzt hat es wohl bei allen Jimnys so geklappt ohne die Anzeige anpassen zu müssen. So sparen wir Geld und sind auch nicht nur auf die neuen größeren Reifen festgelegt. Bevor wir uns darüber weiter Gedanken machen, muss erstmal geklärt werden welche Art von Reifen wir überhaupt brauchen. Wobei brauchen natürlich der falsche Begriff ist. Die Spannweite reicht vom reinen Straßenreifen wie sie bereits am Auto montiert sind bis hin zu den wirklich grobstolligen Geländereifen die absolut nicht mehr alltagstauglich sind wegen ihrem extralauten Abrollgeräusch, der schlechten Nasshaftung und den Vibrationen im Fahrwerk. Von der relativ kurzen Lebensdauer die ein Geländereifen auf Asphaltstraßen hat ganz zu schweigen.


Irgendwo dazwischen liegen dann die Reifen die alles können sollen aber nichts wirklich gut. Der graue Jimny den wir Probefahren konnten hat BFGoodrich All-Terrain Reifen montiert. Ein sehr beliebter Reifen der auf vielen verschiedenen Fahrzeugen mit Offroad-Ambitionen im Einsatz ist. Die Steigerung davon wäre dann der BFGoodrich Mud-Terrain Reifen mit noch gröberem Profil. Natürlich gibt es vergleichbare Reifen auch von diversen anderen Herstellern aber als Referenz taugen sie auf jeden Fall. Die Vision ist es bestmögliche Traktion im Gelände zu haben und dafür sämtliche Nachteile im Straßenbetrieb in Kauf zu nehmen - wenn die Anfahrtstrecke zu groß ist packen wir die neuen Räder in den Anhänger und montieren sie erst vor Ort.

 

Wenn wir schon so viel Zeit und Geld in dieses Reifen Upgrade investieren wollen wir auch den maximalen Nutzen daraus ziehen. Darum machen wir uns lieber die Arbeit mit einem dritten Radsatz den wir jedes mal vor Gebrauch montieren müssen. Hätten der Jimny keinen festen Job als Alltagsauto und Firmenwagen sähe die Sache vielleicht anders aus. Dann würden wir die Sommerreifen verkaufen und stattdessen auf All-Terrain Reifen im Sommer und für den Rest des Jahres mit Winterreifen rum fahren. Gemessen an den wenigen Tagen im Jahr wo wir diese Geländereifen wirklich artgerecht benutzen können, ist der Preis von rund 130€ pro Stück deutlich über dem was wir bereit sind zu zahlen.

 

Darum lassen wir uns lieber etwas mehr Zeit bei der Teilebeschaffung und beobachten das Angebot von gebrauchten Reifen. Natürlich ist die Auswahl zu jeder Zeit relativ klein weil einfach nicht jeden Tage jemand auf die Idee kommt sich von seinen Mud-Terrain Reifen zu trennen oder wenn dann zu horrenden Preisen. Die Reifen per Post aus Bayern kommen zu lassen wurde auch verworfen da kein (privater) Verkäufer sich die Arbeit mit dem verpacken und verschicken machen wollte. So blieb uns letztendlich nur die Selbstabholung in Hamburg. Für den Preis von 140€ für vier Kompletträder nehmen wir auch ein paar Stunden Fahrzeit in Kauf. Sie haben noch reichlich Profil wobei zwei Reifen schon Sägezähne gebildet haben. Leider sind diese Räder vorher an einem Jeep Wrangler montiert gewesen so das die Felgen nicht auf diesen Jimny passen werden. Also müssen wir jetzt nach Felgen suchen.


Natürlich könnte man sich aus dem Zubehör ein Set schicke Alufelgen besorgen, die möglicherweise direkt mit der Freigabe für breitere und größere Reifen kommen, und hätten zwei Fliegen mit einer Klappe erschlagen. Aber das kostet gleich wieder richtig Geld, limitiert uns bei der neuen Reifengröße auf eben genau diese Felgen und für Fahrten durch Schlamm und Schotter sind uns (neue) Alufelgen einfach viel zu schade. Dann doch lieber ein Satz leicht angeranzte Stahlfelgen vom Vorgängermodell mit uralten Sommerreifen für 100€ -an Selbstabholer versteht sich- kaufen und sie wieder aufhübschen. Ein netter Nebeneffekt dieses gebrauchten Radsatz ist die aktuell montierte Reifengröße 205-75R15; diese wird in dem Teilegutachten ebenfalls aufgeführt und könnte ebenfalls eingetragen werden - wenn wir unsere Karten richtig spielen.


Bevor die Felgen entrostet und neu lackiert werden, machen wir auf den zugegeben uralten und steinharten Reifen eine kurze Testfahrt über die Landstraße in der Nähe. Der serienmäßige Geschwindigkeitsbegrenzer vom Suzuki wird auf exakt 70km/h eingestellt und der Beifahrer vergleicht mit dem Handy-Navi die "reale" Geschwindigkeit über GPS. Viel mehr macht der Prüfer für die Änderungsabnahme auch nicht und wenn wir jetzt schon deutlich am Ziel vorbei schießen brauchen wir es gar nicht weiter versuchen. Die Testfahrt ergab folgende Resultate: mit den originalen 195er Reifen fährt der Jimny bei Tacho 70 nur 67kmh/h. Mit den 205er Reifen zeigt der Tacho 70 bei echten 65km/h an. Die nächste Testfahrt können wir erst machen wenn die neuen Reifen aufgezogen sind.


Das Abziehen der alten Reifen überlassen wir der Werkstatt, aber den alten Lack und Rost abzuschleifen machen wir selbst, anschließend mehrere dünne und gleichmäßige Schichten Grundierung und schwarzen Chassislack auftragen. Sobald die Farbe trocken ist montieren wir die Reifendrucksensoren ohne die das Auto spätestens nach 20min eine permanente Fehlermeldung produziert. Wir versuchen unser Glück mit Nachgebauten Teilen aus Asien für insgesamt 51€, die einfach anstelle der konventionellen Gummiventile in die Felgen geschraubt werden und ohne vorherige codierung direkt einsatzbereit sein sollen. Eine Werkstatt zu finden die Reifen und Felge zusammenbringt war kein Problem, das Auswuchten dafür umso mehr. Das große Loch in der Felge für die Radnabe passt nicht auf alle Wuchtgeräte. Letztendlich fand sich doch eine Reifenbude die uns weiterhelfen konnte. Teilweise hängen jetzt ganz schön viele Gewichte an den Felgen, das ist leider normal für diese Art von Reifen.


Die erste Probefahrt mit den neuen Reifen ist zu gleichen Teilen Triumph und Niederlage. Was gut ist; die RDKS Sensoren funktionieren tatsächlich auf anhieb, es gibt keine (zu große) Abweichung vom Tacho (Tacho 70 entspricht echten 68km/h) und auf dem Feldweg rutscht der Wagen nicht mehr so stark umher. Dafür gibt es auch ein paar deutliche Nachteile die einen Alltagseinsatz ausschließen; durch die Sägezähne holpert der Wagen bei niedrigem Tempo merklich, sobald man schneller fährt spürt man deutliche Vibrationen im ganzen Auto und wenn man schneller als 50 fährt wird das Wummern der Reifen so laut das die Fenster besser geschlossen bleiben. Bei Nässe werden Autobahnauffahrten zur Herrausforderung. Diese Reifen sind aber auch schon etwas älter und haben zusätzliche Traktionsprobleme. Wichtig ist nur das wir diese Reifengröße eingetragen kriegen und wenn doch noch mal der Wunsch besteht nach neuen Reifen können wir sie direkt verwenden. Mit der Eintragung hat dieser Umbau knapp 440€ gekostet. Das ist es mir definitiv wert.

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