Boah Ey! Ein Opel Manta GSi für unter 500€? Sowas muss man natürlich direkt kaufen. Egal in welchem Zustand der Wagen ist. Nur ein paar Teile schlachten und weiterverkaufen dann hat man sein Geld wieder im Sack. Die ganze Sache ist innerhalb weniger Stunden entschieden und ein Zugfahrzeug samt Anhänger steht auch schon parat. Ein paar Stunden später steht der Opel in seiner ganzen Pracht, oder das was noch davon übrig geblieben ist vor uns. Sieht gar nicht mal so schrecklich aus, also wo ist der Haken bei der Sache? Eigentlich müsste der Wagen deutlich mehr Wert sein. Herr O. ist trotzdem interessiert.
Um es kurz zu machen hat der Wagen neben diversen schlimmen Roststellen, einem Motor der aktuell nicht läuft und ein paar fehlenden Bauteilen nur ein großes Manko; es existieren keine Fahrzeugpapiere! So kann man kein Auto anmelden oder beim Verwerter entsorgen. Sehr ärgerlich. Damit steigt der Aufwand in jedem Fall deutlich an. Dafür machen wir uns etwas Hoffnung das genau deshalb der Preis so niedrig ist und nicht weil der Motor oder die Karosserie noch irgendwelche bösen Überraschungen bereit hält. Bevor irgendwelche Kaufverträge gemacht werden wollen wir abklären ob es überhaupt eine Chance gibt den Manta nochmal wieder zuzulassen. Sonst muss Herr O. den Wagen am Ende in ganz kleine Stücke zerschneiden und mit dem Altmetall entsorgen.
Die erste Anlaufstelle dafür ist das Straßenverkehrsamt. Hier schildert Herr O. den Fall und lässt anhand der Fahrgestellnummer prüfen ob noch irgendwelche Daten zum Fahrzeug und letztem Halter bekannt sind. Dann wäre das unser Mittelsmann um an neue Papiere zu kommen. Natürlich kann das Auto in der Vergangenheit verkauft worden sein ohne auf den neuen Eigentümer angemeldet zu sein. Insofern könnte auch unser Verkäufer neue Papiere beantragen - wenn er sie denn verloren hat. An dieser Stelle kommt ein Notar mit ins Boot. Bei dem muss die Person welche die Papiere verloren hat eine eidesstattliche Versicherung abgeben, das er die Papiere hatte, verloren hat und rechtmäßiger Eigentümer des Fahrzeug ist.
Auch wenn es verlockend erscheint einfach selbst eine passende Versicherung an Eides statt zu machen muss man sich darüber im klaren sein das ein Meineid, also die bewusste Falschaussage mit Freiheitsstrafe geahndet wird. Wie groß das Risiko erwischt zu werden ist und ob man für einen 34 Jahre alten Opel in den Bau gehen will soll jeder selbst entscheiden. Wenn der Verkäufer wie in diesem Fall eine solche Versicherung abgibt haben wir ohnehin keine große Möglichkeit diese zu überprüfen. Mit dieser eidesstattlichen Versicherung und einem Kaufvertrag (als Nachweis das der Wagen an Herrn O. verkauft wurde) können wir bei der Zulassungsstelle eine Aufbietung starten.
Dabei wird der (verlorene) Fahrzeugbrief anhand der Fahrgestellnummer aufgeboten, also in sämtlichen Karteien wie dem KBA in Flensburg abgefragt. Zusätzlich erscheint die Verlustmeldung im Verkehrsblatt so das beispielsweise Banken die noch offene Rechnungen und Besitzansprüche an dem Wagen haben sich zu Wort melden können. Relativ unwahrscheinlich bei diesem Opel, aber so ist das Prodzedere egal ob der Wagen 500 oder 50.000€ wert ist. Nach einer Wartefrist von drei Wochen wird die Aufbietung beendet und der Manta ist zweifelsfrei Eigentum von Herrn O. Damit allein bekommt man trotzdem noch keinen neuen Fahrzeugbrief in die Hand. Es fehlen noch die technischen Daten vom Fahrzeug. Nach 7 Jahren ohne Zulassung werden die alten inaktiven Datensätze aus der Kartei gelöscht, also alle Halterdaten und technische Daten.
Hätten wir zumindest noch eine Kopie vom alten Fahrzeugschein könnte man darauf basierend vermutlich alles andere replizieren. So wie es jetzt ist haben wir nichts ausser dem Typschild im Motorraum mit der Fahrgestellnummer und den zulässigen Achslasten. Unser erster Ansprechpartner ist das örtliche Opel Autohaus, vielleicht kann man dort anhand der Nummer herrausfinden wann der Wagen gebaut wurde und was wir sonst noch wissen müssen. Leider kann uns der Händler selbst nicht viel zu dem Auto sagen. Er empfiehlt uns jedoch mal Kontakt mit der Opel Classic Abteilung aufzunehmen, diese sollte in der Lage sein Anhand der Produktionsunterlagen von damals eine Art Geburtsurkunde auszustellen. Darin wird das genaue Hertellungsdatum und alle wesentlichen Ausstattungsdetails wie Lackfarbe und Innenausstattung dokumentiert.
Während diese Anfrage läuft und das Aufgebotsverfahren vorranschreitet, kann Herr O. sich jetzt um die Restauration des Manta kümmern. Wenn der Motor erstmal wieder läuft, gibt das die nötige Motivation auch noch die Karosserie und Innenausstattung fertigzustellen. Irgendwann wurde schon mal damit angefangen den Wagen neu aufzubauen. Die Hinterachse ist neu lackiert und ein paar Schweißarbeiten sind auch gemacht. Da der Qualitätsanspruch von Herr O. ein bisschen höher liegt, muss noch viel nachgebessert werden. In jedem Fall wird der ganze Unterboden vom alten U-Schutz befreit, entrostet, neue Schwellerbleche und Holme eingeschweißt, alles in Hellgrau lackiert und anschließend mit transparentem Schutzwachs eingesprüht.
Sobald der Unterboden fertiggestellt ist, werden sämtliche Fahrwerksteile sowie der Motor und Getriebe glasperlengestrahlt und ebenfalls neu lackiert. Die einzige Abweichung zum Originalzustand ist bis jetzt die Farbwahl der einzelnen Bauteile, aber davon sieht man nichts wenn das Auto auf der Straße steht. Inzwischen läuft der Motor auch wieder auf allen vier Zylindern. Neues Öl, Kerzen, Kabel und Verteilerkappe sind erstmal alles was der zwei Liter große Einspritzmotor braucht um Lebenszeichen von sich zu geben. Bevor die 110 filterlosen Pferdestärken frei laufen dürfen bekommt der Motor selbstverständlich nochmal einen weiteren Ölwechsel um sämtliche Rückstände wegzunehmen die sich im laufe der letzten Jahre angesammelt haben könnten. Bei der Bremsanlage ist ein wenig mehr Arbeit erforderlich. An der Hinterachse fehlt so ziemlich das ganze Innenleben der beiden Trommelbremsen, die Schläuche sind porös, die Bremsleitungen rostig und die Bremssättel vorne sollten erstmal überholt werden da sie zum festgammeln neigen. Das selbe Problem hat auch der weiße E-Kadett.
Ohne vollständige Bremsanlage und ohne jeglichen Auspuff kann die erste Proberunde über den Hof nur ganz kurz ausfallen. Mit dem Plasmaschneider schnitzen wir uns einen passenden Flansch um zwei lose Auspuffrohre am Auslasskrümmer festzuschrauben - nicht das der frische Lack vom heißen Abgas verbrannt wird. Die Lackierung erfolgte in einer Lackierkabine, aber ohne Hilfe eines professionellen Lackierers. Ein paar Wochen später ist dann auch der neue Sportauspuff eingetroffen und konnte montiert werden. Derweil werden die ATS Cup Felgen von Hand aufpoliert und versiegelt. Neue Winterreifen müssen auch noch sein. Der Teppich im Innenraum wird aus Meterware passend zurechtgeschnitten. Zeitgenössische Recaro Sitze und ein kleineres Sportlenkrad passen perfekt zum Auto.
Der nächste große Meilenstein auf dem Weg zur neuen Zulassung ist der Termin beim TÜV für die Vollabnahme nach §21StVZO. Dafür muss der Wagen aber erstmal komplettiert werden. Und das heißt fehlende Teile besorgen, kaputte Teile instandsetzen und manchmal auch kreativ werden. Die Plastikringe zur Befestigung der vier Frontscheinwerfer stammen aus dem 3D-Drucker und die Gummidichtung zwischen Kühlergrill und Stoßstange gehört eigentlich an ein Industrietor. Nicht nur bei alten Opel ist die Ersatzteilversorgug manchmal eine echte Herrausforderung. Aber irgendwann ist der Wagen dann doch soweit vervollständigt das er bereit für die Straße ist - wenn er denn die Abnahme und Zulassung meistert. Ohne Überführungskennzeichen muss der Manta nochmal auf dem Transportiert werden und das war schon die erste Hürde des Tages.
Selbst mit einem deutlich flacheren Autotrailer als dem den wir sonst benutzen, war es nicht möglich den Opel ohne zusätzliche Holzplanken aufzuladen. Die Kombination aus langem Überhang mit Tieferlegungsfedern und Spoilerlippe an der Stoßstange ist einfach suboptimal für diesen Fall. Hoffentlich läuft der Manta in Zukunft einfach immer zuverlässig und muss niemals abgeschleppt werden. Auf dem Weg zur Prüfhalle müssen wir noch einen letzten Zwischenstopp beim Futterhändler machen. Dort gibt es eine geeichte Waage mit der wir das Leergewicht vom Auto ermitteln können. Wenn man etwas schlauer wäre, hätte man vorher einmal den leeren Anhänger gewogen und könnte sich das zweite Mal auf- und abladen ersparen. Fürs nächste Mal wissen wir das jetzt auch.
An der Prüfhalle angekommen legen wir alle Dokumente auf den Tisch die wir haben. Also die Wiegekarte und alle Teilegutachten von den Teilen die montiert sind. Je mehr Vorbereitungszeit wir investieren, desto schneller ist das Gutachten fertig (und wird hoffentlich etwas günstiger). Grob gesagt ist die Vollabnahme dreigeteilt; der normale Umfang einer Hauptuntersuchung, die Identifikation vom Fahrzeug und die Bewertung aller Veränderungen vom Serienzustand. Bei einem neu importierten oder tiefgreifend umgebauten Fahrzeug wäre der Ablauf ganz ähnlich. Da die Bremsen und das Fahrwerk weitestgehend neu ist, hatten wir keine Probleme bei der HU, nur das Licht musste nochmal richtig eingestellt werden. Die Identifikation verläuft anhand aller technischen Daten die sich am Fahrzeug einwandfrei feststellen lassen, zum Beispiel anhand von Typschildern oder eindeutigen Baumerkmalen. Damit wird dann in der Typenliste der Baureihe die passende Variante rausgesucht.
Weil es sich hier und ein Fahrzeug handelt das (irgendwann mal) also normales Auto mit allgemeiner Betriebserlaubnis in den Verkehr gekommen ist, muss es zwangsläufig in der Liste stehen. Die Frage ist nur wo. Über die Fahrgestellnummer kann schonmal das Baujahr bestimmt werden (Buchstabe G = 1986), mit dem Motorkennbuchstaben (20E) kommen wir auf die Leistung und den Hubraum (110PS, 1956ccm) und mit den Achslasten sowie der Karosserieform letztendlich auf das genaue Modell samt Typschlüsselnummern. Wir haben es hier offenbar mit einem 1986 Opel Manta B GSI Stufenheck (HSN 0039 TSN 547) zu tun. Diese Informationen kommen später oben in den Fahrzeugschein. Unten ins Feld 22 kommt jetzt die Beschreibung aller Modifikationen; Felgen, Reifen, Fahrwerk, Auspuff,Lenkrad, Spoiler,Schweller,Frontschürze etc. Damit ist Herr O. für die nächste Verkehrskontrolle hoffentlich gut vorbereitet. Zusätzlich zu dieser §21 Abnahme wird gleich nach §23 ein Gutachten für die historische Zulassung erstellt. Ohne Katalysator wäre der Manta doch sehr teuer im Unterhalt geworden.
Die wirklich letzte Hürde war dann die eigentliche Zulassung. Erst fand sich die Aufbietung im System nicht wieder. Dann passte was mit der neuen Briefnummer nicht, anschließend galt die EVB-Nummer angeblich nicht für Saisonkennzeichen ach ja und als wir dann endlich den neuen Fahrzeugschein in Händen hielten fielen uns fast die Augen raus; neben diversen Tippfehlern hat der Manta jetzt auch 510kw (694PS) Motorleistung eingetragen. Das hätten wir wirklich gerne so stehen gelassen, aber wer weiß was das in Zukunft für Probleme bedeuten könnte. Also nochmal neuen Schein ausstellen und dieses Mal ist wirklich alles richtig. Nur noch schnell zum Schildermacher und die neuen Bleche prägen lassen. Zuhause wartet der Manta schon startklar für die erste Probefahrt zur Tankstelle. Und damit jetzt keine Langeweile aufkommt parkt nebenan schon das nächste Manta Projekt. Dieses Mal ein A-Modell, aber mit sauberen Papieren.
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