Montag, 21. Dezember 2020

Wir bauen ein Wohnmobil

 

Einfach zum Wohnmobilhändler gehen, das Scheckbuch rausholen und ein neues Auto für einen hohen fünstelligen Betrag kaufen wäre natürlich die schnellste und bequemste Lösung. Aber das ist für die meisten Leute wohl keine veritable Option. Dann doch lieber ein gebrauchtes Exemplar kaufen das vielleicht kleine Detailmängel hat und etwas aufgehübscht werden muss oder gleich ganz bei Null anfangen und sein eigenes Wohnmobil bauen. Aber was kostet das und was sollte man vorher wissen?


 

Selbstausgebaute Wohnmobile sind keine neue Erscheinung. Bevor spezialisierte Hersteller auf die Bildfläche kamen, gab es gar keine andere Möglichkeit als sich das Wohnmobil selbst zu bauen oder in einer Karosseriebaubude nach den eigenen Wünschen anfertigen zu lassen. Und was früher ging ist auch heute noch Möglich. Jenachdem welche Basis man nutzen und wie extravagant der Ausbau werden soll, kann man mit einem recht überschaubaren Budget ans (Reise-)Ziel kommen. Wahrscheinlich billiger als ein neues Auto vom Händler. 

 


Natürlich könnte man als Kompromiss auch ein gebrauchtes Wohnmobil kaufen das anschließend mehr oder weniger umfangreich umgebaut/modernisiert/restauriert werden kann. Aber damit befassen wir uns heute mal nicht - diese Fahrzeuge sind bereits als Wohnmobile zugelassen gewesen und da erübrigt einen großteil des Aufwand der ansonsten erforderlich wird. Ganz unabhängig davon was man persönlich unter einem Wohnmobil verstehen mag oder welche Anforderungen an den eigenen Camper gestellt werden gibt es vom Gesetzgeber einen Anforderungskatalog den das Fahrzeug erfüllen muss um als "Sonstiges Kfz - Wohnmobil" eingestuft zu werden. 

 


Die Vorteile einer solchen Wohnmobilzulassung sind besonders bei älteren Basis-Fahrzeugen mit nicht ganz so sauberen (Diesel-)Motoren eine vergünstigte Kfz-Steuer und je nach Anbieter auch günstigere Tarife bei der Versicherung. Mal abgesehen davon das ein permanenter Umbau eines Lieferwagens zum Wohnmobil zum erlöschen der Betriebserlaubnis führt (je nachdem wen man fragt) da sich die Fahrzeugart geändert hat - unabhängig davon ob diese Änderung in den Fahrzeugpapieren auch eingetragen ist. Der einzige wirkliche Nachteil der uns einfällt ist wohl die Tatsache das ein umgetauftes Wohnmobil mit festinstalliertem Innenausbau nicht mehr so praktisch und variabel ist wie ein nackter Lieferwagen der vom Umzug bis zum Urlaub für jeden Einsatz angepasst werden kann. 

 


Über das richtige Basisfahrzeug und die Qualität des Umbau wollen wir uns nur am Rande auslassen. Vom Minivan mit wenig Platz aber guter Alltagstauglichkeit bis zum ehemaligen Bundeswehr Lkw der ein zweites Leben als Fernreisemobil bekommt ist fast alles möglich. Mit ausgiebiger Schall- und Wärmedämmung sowie einer ordentlichen Standheizung könnte man das ganze Jahr campen. Ein nackter Lieferwagen mit einer Holzbank als Bett wird für ein paar Wochenendtrips im Sommer sicher ausreichend sein. Der Führerschein und die Unterhaltskosten setzen irgendwo natürliche Grenzen an die man sich halten muss.

 


Wie der Innenraum genau aussehen muss ist nirgendwo vorgeschrieben. In der Praxis wird meist Holz genommen da es sich mit normalen Mitteln bearbeiten lässt und wohnlicher aussieht als eine Metallkonstruktion. Um nun die WoMoZulassung zu bekommen müssen fünf Punkte erfüllt werden; Stauraum, Sitzgelegenheit, Tisch, Schlafplatz und Kochmöglichkeit. Welche Qualität der Ausbau haben muss um akzeptiert zu werden liegt letztendlich im Ermessen des Prüfers. Scharfe Kanten und Schränke die während der Fahrt von selbst aufspringen könnten werden jedenfalls nicht akzeptiert. Eine Mindesthöhe im Innenraum damit aufrechtes stehen möglich ist wird übrigens seit einigen Jahren nicht mehr gefordert, was die Auswahl möglicher Basisfahrzeuge stark vergrößert hat.Auch sonst gibt es einige Feinheiten die darüber entscheiden welche Folgekosten der Umbau nach sich zieht. 

 


Die zwingend geforderte Kochstelle kann entweder über einen 220V Landstromanschluss erfolgen (der natürlich vorschriftsmäßig installiert und abgesichert sein muss), oder über einen festmontierten(!) Spirituskocher oder über eine vollwertige Gasanlage wie in richtigen Wohnmobilen mit separaten Gasflaschen im Staufach. Die letzte Variante ist wohl am professionelsten, erfordert aber eine eigene Einbauprüfung und muss im Rahmen der Hauptuntersuchung alle 2 Jahre erneut geprüft werden und kostet zusätzliche Gebühren. Abhängig davon wie das Wohnmobil genutzt werden soll kann man hier viel sparen. In jedem Fall müssen die installierten Geräte für den Einbau in Fahrzeugene und geschlossenen Räumen geprüft und freigegeben sein. 

 

 

Alle übrigen Anforderungen können mehr oder weniger individuell erfüllt werden. Ein VW T4 Mutlivan Allstar mit umlegbarer Rückbank (gilt auch als Liegefläche), einem Klapptisch an der Wand und einem eigenbau Holzschrank mit Kartuschen-Kocher in einem Auszug sind schon akzeptiert worden. Wenn man unbedingt den Stauraum seines Fahrzeug erhalten will könnte man sämtliche Einbauten klapp und faltbar machen - nur rausnehmbar düfen sie nicht sein. Egal ob der Umbau spartanisch oder umfangreich ausfällt, das Leergewicht vom Fahrzeug wird sich wohl nach oben hin ändern. Darum wird eine aktuelle Wiegekarte vom vollgetankten Fahrzeug für die Begutachtung gefordert. Anschließend noch ein paar Fotos machen und das Gutachten ist schon so gut wie fertig. 


 

Als nächstes geht es zur Zulassungsstelle wo der Fahrzeugschein (ZB1) neu ausgefüllt wird. Unter Fahrzeugart steht dann nicht mehr Pkw oder Lkw sondern "So.Kfz Wohnmobil [über 2.8t]". Wenn das Auto nicht mehr im Alltag funktionieren muss eignen sich große Lieferwagen oder Kastenwagen (zum Beispiel Krankenwagen oder Postautos) sehr gut als Basis. Nur sollte man sich im klaren sein das die Zuladung bei den meisten Fahrzeugen bis 3.5t Gesamtgewicht ziemlich knapp ist und volle Frischwassertanks, Gasflaschen, Fahrradträger am Heck, Solaranlage auf dem Dach, die Standheizung, Zusatzbatterien, der Kühlschrank und das übliche Campinggepäck ordentlich ins Gewicht gehen. In solch einem Fall kann man nur strenge Diät halten oder sich einen 750kg Anhänger zusätzlich dran hängen. Das Problem ist universell egal ob Selbstausbau oder fertig gekauftes Wohnmobil.

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