Freitag, 22. Januar 2021

Rostkur für das Krümelmonster

 

Nichts ist teurer als ein billiges Auto. Diese Weisheit stammt nicht von uns, aber sie stimmt leider nur allzuoft. Aber einem geschenkten Gaul schaut man nicht unter die Haube. Leider ist die Technik und das Interieur noch viel zu gut um den Kombi einfach in den Schrott zu schieben. Darum müssen wir diesen etwas angerosteten Ford Mondeo Turnier noch mindest einmal durch die Hauptuntersuchung braten. Wenn er sich gut benimmt wird er vielleicht sogar vom Winterauto zum Daily befördert. 


 

Damit wir keine böse Überraschung erleben und nach der ganzen Schweißerei vielleicht doch noch ein gravierender Mangel auftaucht der unserem Ford das Genick bricht, lassen wir erstmal den Prüfer einen gründlichen Blick auf das blaue Wunder werfen. Sein Mängelbericht ist unser Arbeitsplan für die nächste Woche. Auch wenn wir damit das Risiko eingehen wegen eines erheblichen Mangel durchzufallen und dafür bei der Nachprüfung auch die anderen 15 geringen Mängel reparieren zu müssen, wollen wir lieber genau wissen was sonst noch so kaputt sein könnte. 

 


Mit knapp 180tkm auf der Uhr hat dieser Mondeo schon einiges erlebt. Trotzdem sieht der Innenraum noch ganz ordentlich aus. Als Baustellengurke musste dieser Kombi offenbar noch nicht arbeiten. Die Ausstattung ist für damalige Verhältnisse auch ganz ordentlich; Klimaanlage, elektrische Fensterheber, Zentralverriegelung, Nebelscheinwerfer, Sportsitze, Kassettenradio mit CD-Wechseler Anschluss. Den großen Kofferraum gabs serienmäßig dazu. Unter der Motorhaube arbeitet der 1,8l 16V Zetec Motor mit 116PS. Für den Winterbetrieb absolut ausreichend also. Jetzt fehlt nur noch ein frischer HU Bericht dann kann der Ford schon angemeldet werden. Alles leichter gesagt als getan. Erstmal hat der Prüfer noch ein Wörtchen mitzureden. 

 

 

 Bevor der Wagen zu uns kam stand er eine ganze Weile bei seinem letzten Besitzer rum der den Wagen nur noch loswerden wollte. Statt ihn wie geplant auszuschlachten wollen wir ihn wenigstens noch einmal durch die HU boxen damit er im Winter fahren kann. Insofern ist ein bisschen Rost an der Karosserie gar nicht tragisch, denn rosten wird er früher oder später sowieso. Die Frage ist nur wieviel Rost jetzt schon im Blech steckt und was sonst noch gemacht werden muss. Tatsächlich steckt sehr viel Rost im Blech aber dafür ist sonst gar nicht mehr so viel zu machen. Den Bremsentest schafft der Ford mit fliegenden Fahnen. Ebenso die Abgasuntersuchung. Bis auf einen kaputten Nebelscheinwerfer ist bei der Beleuchtung auch nichts auszusetzen. 

 


Am Klimakompressor tritt grünes Kontrastmittel aus und der Motor ist leicht verölt. Für sich gesehen keine wirklich schweren Probleme. Aber dann kam der Schraubendreher zum Einsatz mit dem im Blech herumgestochert wurde das die Fetzen fliegen. Ehrlicherweise müssen wir dazu sagen dass es keine große Anstrengung brauchte um Löcher in die Karosserie zu stechen. Besonders die Schweller unterhalb der hinteren Türen und das Bodenblech am Fuß der A-Säule ist komplett bröselig. Ausserdem konnte die Abschleppöse mit bloßen Händen abgerissen werden. Kein gutes Zeichen und viel Arbeit für uns. Also nichts wie rein in die Garage und rauf auf die Hebebühne. Schweißgerät, Winkelschleifer und neues Blech stehen schon parat damit wir gleich loslegen können. Damit uns nicht gleich der Mut und die Motivation verlassen, arbeiten wir uns von vorne nach hinten durch. Erst wenn eine Schadstelle saniert ist stechen wir die nächste auf. 

 


Theoretisch haben wir ganze vier Wochen Zeit bis der Mondeo fertiggestellt werden muss, aber unser Ehrgeiz und Zeitplan verlangen das wir innerhalb von sieben Tagen damit durch sind. So kommt der Kombi am Montag Abend in die Garage damit wir gleich loslegen können. Das erste Rostloch befindet sich im Motorraum am linken Längsträger, freundlicherweise ist hier deutlich mehr Platz als auf der anderen Seite so das man schon fast bequem arbeiten kann. Erst klopfen wir mit dem Hammer großflächig auf der Roststelle rum um das genaue Ausmaß zu bestimmen. Dann kommt der Winkelschleifer zum Einsatz um das Loch möglichst rechteckig auszuschneiden und das umliegende Blech blankzuschleifen. Mit einem Bandmaß wird das Loch grob ausgemessen um den neuen Flicken in der passenden Größe (plus etwas Überlappung) zurechtzuschneiden. 

 

 

Abschließend mit dem Schweißgerät ringsherum mit einzelnen Punkten anschweißen. Rostschutzfarbe drüber und weiter zur nächsten Baustelle. Wie sich zeigte ist der Zustand vom Blech immer schlechter je weiter es nach hinten geht. Teilweise sind die Löcher so groß das wir in Etappen arbeiten müssen damit die Arme der Hebebühne nicht im Weg sind. Auf der Fahrerseite konnte der Schweller von der B-Säule bis zum hinteren Radlauf mit einem Schraubendreher aufgerissen werden. In solchen Fällen macht es nur wenig Sinn jedes Loch einzeln mit kleinen Flicken zu verschließen. Wenn man Pech hat brennt man in das angrenzende, augenscheinlich noch gute Blech, schnell mal ein Loch rein. Die Zeitersparnis wiegt der höheren Materialaufwand definitv auf. 

 

 

Apropos Material. Wir verwenden für die meisten Flicken 1mm starkes verzinktes Stahlblech. Nur bei der hinteren Abschleppöse sowie den Stehblechen im Schweller kommt 1.5mm starkes Blech zum Einsatz. Je nachdem ob die Karosserie einfach nur verschlossen werden soll oder große Kräfte übertragen muss, reicht es einfach  Blech aufzuschweißen oder eine geschlossene Form zu bauen. Das U-förmige Reparaturblech der Abschleppöse war von sich aus nicht stabil genug. Darum wird auf die offenen Enden nochmal ein kleiner Deckel geschweißt. Jetzt lässt sich die Öse weder nach oben noch zur Seite wegdrücken. So stabil wie die originale Konstruktion ist es allemal. Damit sind die Blecharbeiten erfolgreich abgeschlossen. Im Anschluss werden alle Reparaturstellen mit Rostschutzfarbe eingepinselt. Damit können wir natürlich nur etwas gegen den äußeren Rost tun. Von Innen kann die Karosserie nur mit Hohlraumwachs oder Korrosionsschutzfett geschützt werden. 

 


Am letzten Tag der Woche sind wir mit allen großen Baustellen fertig geworden. Jetzt müssen wir noch den verölten Motor und undichten Klimakompressor säubern und den kaputten Nebelscheinwerfer reparieren. Gemessen am Rest vom Auto ist das wohl die größte Fehlkonstruktion. Warum hat man so einen großen Drehverschluss und dahinter verjüngt sich das Gehäuse auf einen knappen Quadratzentimeter der die ganze Belastung aushalten muss? Mittelfristig brauchen wir dafür sicherlich Ersatz, aber in der Zwischenzeit muss ein großer Klecks Zweikomponentenkleber ausreichen. Damit sind wir pünktlich genau nach einer Woche bereit den Mondeo zur Nachprüfung vorzustellen. Die schafft er natürlich ohne große Diskussion. Der nächste Winter kann endlich kommen.


Und falls sich jemand fragt warum der Mondeo bei uns nur noch Krümelmonster heißt; er ist blau, hat eine große Klappe und wo immer er geht und steht liegen braune Krümel auf dem Boden.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Mit dem Absenden eines Kommentars bestätigst du, die Datenschutzerklärung (https://schlagzeilenkaefer.blogspot.com/p/impressum.html) zur Kenntnis genommen zu haben.

Mit Absenden deines Kommentars werden Name, E-Mail, Kommentar, URL, IP-Adresse und Zeitstempel in einer Datenbank gespeichert. Du kannst Deine Kommentare natürlich später jederzeit wieder löschen lassen

Indem du mir einen Kommentar hinterlässt, erklärst du dich AUTOMATISCH mit der Speicherung und Verarbeitung Deiner Daten durch diese Website einverstanden!

Dieser Blog ist mit Blogspot erstellt und wird von Google gehostet.
Es gelten die Datenschutzerklärung und Nutzungsbedingungen für Googleprodukte.