Wenn Gewalt keine Lösung ist, sollte man es mit anzünden versuchen. Besonders wenn man an einem über 20 Jahre alten Ford Mondeo arbeitet der schon genug Rostprobleme an der Karosserie hat. Die restlichen Metallteile, Schrauben und Muttern vergammeln genau so, nur mit dem zusätzlichen Problem das es hier nicht reicht ein bisschen Rost auszuschneiden und neues Blech einzuschweißen. Sofern nicht das halbe Auto erneuert werden soll, müssen wir irgendwie alles abschrauben was im Weg liegt ohne irgendwas dabei zu zerstören.
Gemessen daran das dieser blaue Kombi aka Krümelmonster eigentlich gar nicht mehr auf der Straße sein sollte und nur zur Ersatzteilgewinnung für einen symbolischen Euro gekauft wurde, hält er schon verdammt lange durch. Abgesehen von den ziemlich umfangreichen Schweißarbeiten gleich zu Anfang, hielten sich die technischen Probleme echt in Grenzen. Mal neue Scheibenwischer und Glühlampen oder ein abgefallener Endschalldämpfer. Für das Alter, die Laufleistung und den Kaufpreis vollkommen akzeptabel. Eine durchschnittliche Tankfüllung kostet schon mehr als diese Reparaturen in Summe.
Darum sieht der Plan so aus, dass der Ford einfach weiter gefahren wird bis mal was größeres kaputt geht und ein anderes Auto zu beschaffen wirtschaftlicher ist. Mindestens bis zur nächsten Hauptuntersuchung im Frühjahr 2023 muss der Mondeo als Hundetaxi und Lastesel durchhalten. Da stört es auch nicht wenn die Klimaanlage kaputt ist und die Radläufe bereits erste braune Stellen zeigen. Funktion ist wichtiger als Optik. Wobei das aktuelle Probleme unsichtbar ist und nur akustisch auf sich aufmerksam macht. Bei Geschwindigkeiten ab etwa 40kmh kann man von der Hinterachse ein wummerndes Geräusch hören. Das könnten entweder Reifen mit fiesen Sägezähnen oder kaputte Radlager sein.
Wenn sich das Geräusch bei Kurvenfahrten verändert, spricht das in der Regel für defekte Radlager. Aber um auf Nummer sicher zu gehen wollen wir die Hinterachse einmal aufbocken und an jedem Rad drehen. Beim linken Hinterrad hört man ganz deutlich das hier irgendwas ganz und gar nicht in Ordnung ist. Zusätzlich kann man die Vibrationen in der Achse spüren wenn sich das Rad dreht. Damit ist klar was wir brauchen; ein neues Radlager inkl. Nabe und ABS-Sensor. Dafür das man bequem eine komplette Einheit auswechseln kann, zahlt man natürlich die Rechnung in Form eines deutlich höheren Kaufpreis (70€) im Vergleichs zu einfachen Radlagern (13€) die in die Radnabe oder Bremstrommel eingepresst werden müssen. Egal wie teuer das Teil mal war, jetzt stehen über 200tkm auf der Uhr und die Zeit ist reif für Neues.
Das Auto hinten aufzubocken und die fünf Radmuttern zu lösen um das Hinterad abzunehmen war tatsächlich alles was an diesem Schrauberprojekt einfach funktioniert hat. Alles andere kostet Zeit und Nerven weil es irgendwo klemmt. Um die Radnabe zu tauschen muss die Bremsscheibe abgenommen werden und dafür muss der Bremssattel inklusive Halter aus dem Weg. Mit einem langen Schraubendreher als Hebel und einer Spitzzange lösen wir den Bowdenzug am oberen Hebel. Jetzt können wir den Haltestift (oben) und die untere Halteschraube (T50) entfernen, dann hängt der Sattel nur noch am Bremsschlauch und sollte sich von der Bremsscheibe abheben lassen. Damit der Schraubenkopf möglichst nicht ausnudelt, schlagen wir das Torxbit mit dem Hammer rein.
Der nächste Arbeitsschritt hat uns einiges an Zeit und ein T50 Bit gekostet. Die beiden Schrauben vom Sattelhalter sind bei diesem Mondeo so dermaßen fest angezogen das selbst unser Schlagschrauber kapituliert. Die einzige (erfolgreiche) Methode ist der Gasbrenner. Damit lässt sich das Material rund um die Einschraubgewinde aufhitzen bis die Schrauben mit einer normalen Knarre von Hand gelöst werden können. Dann kann auch die Scheibe von der Nabe genommen werden. Dahinter sieht man vier Schrauben (T50) welche die Radnabe am Achskörper halten. Wieder reinigen wir alles mit der Drahtbürste, sprühen überall WD40 drauf und Schlagen das Bit bis zum Anschlag in den Schraubenkopf. Immerhin gehen diese Schrauben ohne großen Kampf auf.
Bevor das Radlager jetzt mit weiteren Hammerschlägen von der Achse getrennt wird, sollten wir jetzt noch den Stecker vom Raddrehzahlsensor lösen. Dazu die rote Sperre anheben und nach hinten schieben. Jetzt sollte der Stecker locker sein und abgezogen werden können. Bevor das neue Radlager eingesetzt wird, reinigen wir alle Anlageflächen gründlich mit der Drahtbürste. Die vier Schrauben vom neuen Teil wird mit 65Nm angezogen und der ABS-Stecker wieder eingerastet. In unserem Fall nutzen wir die Gelegenheit und wechseln direkt noch die Bremsscheiben und Beläge mit aus. Dabei gibt es nicht viel zu beachten ausser das der Kolben vom Bremssattel durch drehen und drücken zurückgestellt werden muss. Mit dem passenden Werkzeug kein riesen Aufwand.
Der Bremssattelhalter wird mit 59Nm an der Achse festgeschraubt und die untere Halteschraube am Sattel mit 41Nm angezogen. Zusätzlich bekommen alle Schrauben mittelfesten Schraubenkleber verpasst. Die letzte Geduldsprüfung sind die Handbremsseile die wir auch noch einhängen müssen. Mit etwas Fingerspitzengefühl sollte auch das gelingen. Damit ist der Mondeo für heute durchsaniert und kann zu Probefahrt starten. Endlich ist es wieder leise im Auto und klingt nicht mehr nach einer Straßenbahn. Wie lange das zweite Radlager noch durchhält wissen wir nicht, aber das finden wir noch früh genug heraus. Wenn es soweit ist werden wir davon berichten.
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