Vielleicht kann sich ein Teil unserer Leserschaft noch daran erinnern als wir vor etwa 1,5 Jahren einen hellbraunen Ford Taunus P5 zur Hauptuntersuchung bringen durften und dort deutlich versagt haben. Egal ob Ölverlust, ausgeschlagenes Fahrwerk, rostige Karosserie oder verpfuschte Elektrik - diese mittlerweile 57 Jahre alte Mittelklasse Limousine ist rundherum sehr Reparaturbedürftig. Eigentlich ist es nicht mehr wirtschaftlich oder praktikabel das Auto wieder in einen ordentlichen Zustand zu bringen. Aber manchmal ist so ein altes Auto wie ein Familienmitglied und der ideeller Wert so hoch das mehr Geld ausgeben will als ein Neues kosten würde.
Mit dem Mangelbericht von der letzten HU in den Händen ging es erstmal zu mehreren (freien) Werkstätten um Kostenvoranschläge einzuholen. Um es kurz zu machen, die eine Hälfte wollte gar nicht erst anfangen weil der Zustand offensichtlich ziemlich schlecht war und die andere Hälfte wollte einen fünfstelligen Betrag für den man schon einen neuen Skoda (in Basisausstattung) kaufen könnte. Letztendlich fand sich doch noch ein kleiner Betrieb der beim Preis ein gutes Stück niedriger lag und anbot mitzuhelfen um weiter Geld zu sparen. Die einzigen beiden Nachteile sind das der Wagen ziemlich lange brauchen soll da immer nur wenn wenig zu tun ist darangearbeitet wird und das sich die Besitzerin selbst um die Ersatzteile kümmern muss.
Zwischendurch kommen wir immer mal wieder vorbei und schauen uns den Fortschritt der Restauration an. So eine (nahezu) komplette Überholung haben wir bis jetzt noch nicht aus der Nähe miterlebt. Im ersten Schritt wird eine Bestandsaufnahme gemacht und alle Teile notiert die definitiv ausgewechselt werden müssen. Noch bevor der Taunus zerlegt wird sollen die ersten Teile bestellt werden da sie teilweise lange Lieferzeiten haben oder nur schwer aufzutreibn sind. Selbst für ein ehemaliges Massenauto (insgesamt über 710.000 gebaute Exemplare) findet man manche Teile nicht mehr ohne weiteres im Handel. Damit es später keinen Zeitverlust gibt sollen gleich zu Anfang alle großen und wichtigen Teile bestellt werden. Wobei natürlich immer die Gefahr besteht im Laufe der Restauration neue verborgene Probleme zu finden.
Abhängig davon wie die jeweilige Blechregion oder das Bauteil aussieht soll entweder möglichst viel originale Substanz gerettet oder alles am Stück rausgerissen um es zu überholen bzw. auszuwechseln. Teilweise kann man noch Reparaturbleche bekommen aber an vielen Stellen muss das Blech in Eigenarbeit passend geformt und zugeschnitten werden. Was die Sache nochmal weiter erschwert sind ettliche in der Vergangenheit mehr oder weniger gut durchgeführte Karosseriereparaturen. Beide hintere Seitenteile sind mit Reparaturblechen überlappend verschweißt worden - genau dort wo jetzt das neue Blech auch enden würde. Jetzt kann man entweder alles so lassen und ein Blech-Sandwich bauen oder man muss mehr Zeit investieren und die alte Reparatur heraustrennen.
Da dieser Wagen hoffentlich in Zukunft kein zweites Mal so umfangreich repariert werden muss und die Ersatzteilversorgung eher schlechter als besser wird, soll jetzt alles was irgendwie vertretbar ist auch gemacht werden. Eine komplette Neulackierung steht schon von Anfang an fest, darum lohnt es kaum bei der Karosserie halbe Sachen zu machen. Ob mehrere kleine oder ein großes Segment ersetzt werden müssen macht vom Arbeitsaufwand keinen allzugroßen Unterschied. Vom Rost betroffen sind (und waren) die Wagenheberaufnahmen, die Frontmaske, der Schweller sowie die hinteren Kotflügel. Teilweise sind die Rostnester unter einer sehr dicken Schicht Unterbodenschutz verborgen der nur sehr mühselig mit dem Spachtel und Heißluftfön entfernt werden kann.
Wenn man solche Aufgaben selbst erledigt, kann man der Werkstatt viel Zeit und sich selbst damit Kosten sparen. Natürlich nur wenn die Werkstatt mitspielt und man selbst die Zeit und Lust hat sich stundenlang dreckig zu machen. So oder so weiß man am Ende des Tages warum eine Restauration so teuer ist und so lange dauern kann. Während so das Blech erstmal freigelegt werden muss kann an anderer Stelle schon weitergemacht werden. Der Motor muss raus um ihn komplett zu zerlegen und so ziemlich jede einzelne Dichtung zu tauschen die es an so einer Maschine geben kann - die sind alle über 50 Jahre alte und mehr oder weniger stark undicht. Immerhin ist der Motor ansonten kerngesund und braucht weder neue Kolbenringe noch Lagerschalen. Das spart wieder Zeit und Geld da so eine Aufgabe von einer Fachwerkstatt für Motoreninstandsetzung durchgeführt werden müsste und dabei vermutlich noch neue Übermaßkolben nötig werden könnten.
Im Zweifelsfall funktionierte der Motor bis zum Ausbau ziemlich zuverlässig und kann bei Bedarf auch später nochmal ausgebaut werden ohne allzuviel Zeit zu investieren. Das ist noch so ein Vorteil von älteren Autos. Der Nachteil ist, das man teilweise echt nochmal viel neues lernen muss. Zum Beispiel wie das Ventilspiel an so einem Ford V6 Motor eingestellt wird. Schließlich soll der frisch lackierte und abgedichtete Motor hinterher nicht nur gut aussehen sondern auch noch bestmöglich laufen. Mit theoretisch 85 Pferden unter der Motorhaube sollte es möglich sein im modernen Straßenverkehr gut mitzuhalten. Damit der Wagen nicht nur fährt sondern auch bremsen, lenken und federn kann müssen noch viele Teile erneuert werden - das ist leichter gesagt als getan wenn es keine verbindlichen Informationen gibt was man da eigentlich genau vor sich liegen hat.
Natürlich könnte man einfach auf Verdacht jede Menge Teile bestellen und alles was nicht passt zurückschicken. Aber das kostet erstmal Zeit und Geld. Im Zweifelsfall ist man also besser beraten so gut wie möglich im Vorraus zu recherchieren oder Leute zu fragen die sich mit dieser Modellreihe besser auskennen. Derweil sind die Schweißarbeiten an der Karosserie erfolgreich abgeschlossen und alles bereit für den Lackierer. Anstelle des bisherigen Braun/Beige wird der Taunus jetzt in Hellelfenbein (Taxifarbe) und Weiß lackiert. Leider kann der Wagen jetzt noch nicht wieder zusammengebaut werden da die alten Türen an der Unterkante mehrfach durchgerostet sind. Neue gebrauchte Türen stellten sich als unbrauhbar heraus so das die Alten mühsam aufgearbeitet werden mussten.
Mit neuen Buchsen, Dichtungen und Bremskomponenten wartet die Hinterachse auf ihren Einbau. In Verbindung mit der neuen Lenkung vom Lenkgetriebe bis zu den neuen Vorderreifen (im Originalformat 6.40S-13) erwarten wir eine deutliche Verbesserung der Straßenlage. Vielleicht nicht so gut wie bei einem modernen Auto aber doch so das man ohne Angst hinterm großen Lenkrad sitzen und in der eigenen Spur bleiben kann. Wenn wir uns an die erste und letzte Fahrt vor fast zwei Jahren erinnern, hatte die Straßenlage mehr Änhlichkeit mit einem Ruderboot auf hoher See. Leider fehlt uns der Vergleich zu anderen Autos aus dieser Zeit; vielleicht muss das ja so sein mit der indirekten Lenkung, den schwammigen Bremsen und der weichen Federung.
Nachdem auch die Türen lackiert sind und der Unterboden mit Steinschlagschutzlack versiegelt wurde, kommen alle Anbauteile sowie das Interieur zurück an ihren Platz. Es wird Zeit unser Glück beim TÜV zu versuchen. Vorher drehen wir nochmal eine etwas längere Runde über die Dörfer um die neue Bremse etwas einzuschleifen und den Motor mal wieder richtig auf Temperatur zu bringen - auch wenn dieser Ford so alt ist das er noch keine Abgasuntersuchung braucht, macht es Sinn nach der langen Standzeit mit vielen Kaltstarts. Hauptsache wir werden nicht von der Polizei erwischt, mit fast zwei Jahren überfälliger HU könnte das ziemlich teuer für den Fahrzeughalter werden.
Bei der HU läuft zunächst alles überraschend flüssig. Die Beleuchtung funktioniert (bis auf eine defekte Kennzeichenleuchte) und selbst die brandneuen Bremsen sind auf Anhieb ausreichend synchron eingestellt. Das war unsere größte Sorge. Auf der Hebebühne hat der Prüfer ebenfalls nichts gefunden was uns sorgen macht. Nur eine Auspuffrohrschelle könnte man nochmal etwas fester anziehen. Das kann dann gemacht werden wenn auch das transparente Rostschutzwachs überall am Unterboden und in den Hohlräumen versprüht wird. Damit muss der Taunus einfach die nächsten Jahrzehnte rostfrei durchhalten. Wir hoffen es doch sehr.
Ausgerechnet bei der Heimfahrt von der Prüfhalle musste uns der Taunus nochmal richtig ärgern; der Motor wollte nach dem Starten einfach nicht weiterlaufen. Ein paar Startversuche schafft die Batterie noch dann wird der Anlasser hörbar langsamer und bleibt schließlich stehen. Bloß gut das wir einen zweiten Ford und ein paar Starthilfekabel griffbereit haben. Damit kommt auch der Taunus zurück in Leben und darf die nächsten zwei Jahre endlich wieder legal und zuverlässig auf dei Straße zurück. Eine neue Batterie sollte das Budget jetzt auch nicht mehr sprengen. Im Zweifelsfall muss der Wagen einfach mehr Gefahren werden damit er wieder besser läuft. Das ist dann aber (leider) nicht mehr unsere Aufgabe.
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