Abgesehen vom (mittlerweile) allgegenwertigen Rostbefall sind Ford Sierra an und für sich ziemlich robuste Fahrzeuge. Jedenfalls wenn sie nicht gerade kaputt sind und der Fehler einfach nicht zu finden ist. Auch in solchen Fällen geben wir nicht auf sondern steigen noch tiefer in die Materie ein. Aktueller Patient ist diese weiße Limousine mit dem 2.0l DOHC Motor und Automatigketriebe. Nach einer relativ langen Standzeit wurde sie reanimiert und lief jetzt einige Wochen im Alltagsbetrieb. Dann fingen die Probleme an.
Zum einen will der Motor nur sehr unwillig starten, braucht also lange Zeit bis er endlich anspringt obwohl der Anlasser flott durchzieht und die Batterie genug Strom liefert. Wenn der Motor dann läuft und man etwas Gas gibt fängt er gleich an zu stottern oder geht direkt wieder aus. Selbst wenn der Saugrohrdrucksensor abgestöpselt wird und der Motor quasi im Notlaufprogramm ist, ändert sich an den Symptomen nicht viel. Als erster Verdacht wird die Zündanlage genauer unter die Lupe genommen. Unser roter Audi A4 hatte damals sehr änhliche Prbleme und da lag es auch an der Zündung.
Die Zündkerzen sehen noch gut aus, an den Zündkabeln sind unbeschädigt und auch ein Blick unter die Verteilerkappe liefert keine offensichtliche Erklärung für die Probleme. Trotzdem kommen alle Teile neu, bzw. werden durch gebrauchte Exemplare deren Funktion in anderen Sierras getestet wurde ausgewechselt. Das ist eben der Vorteil davon einige baugleiche Fahrzeuge im eigenen Fuhrpark zu haben. Leider bringen die neuen Teile keinerlei Veränderung, wobei es auch etwas verwunderlich gewesen wäre wenn augenscheinlich intakte Teile einfach nicht mehr funktionieren würden, nicht einmal die Zündkerzen waren irgendwie verrust oder nass vom unverbrannten Treibstoff. Das heißt wir müssen weitersuchen.
Als nächstes ersetzen wir die Zündspule, den Saugrohrdrucksensor, den Ansaugluft-Temperaturfühler, den Kurbelwellensensor und das Potentiometer von der Drosselklappe. Tatsächlich gibt es gar nicht so viele Sensoren am DOHC Motor die man noch tauschen könnte, noch so ein Vorteil von etwas älteren Autos. Gefühlt springt der Motor jetzt minimal besser an, aber noch lange nicht so schnell wie die Referenzfahrzeuge die gerade auf dem Hof rumstehen und ordentlich Gas geben kann man immer noch nicht ohne das der Motor ausgeht. Auf einen Tipp hin überbrücken wir den Sicherheitsschalter der Benzinpumpe in der Reserveradmulde, dieser soll im Falle eines Unfall auslösen und die Stromversorgung der Benzinpumpe unterbrechen. Um es kurz zu machen; kein Unterschied.
Jetzt werden wir langsam unentspannt. Irgendwo muss doch der Fehler liegen. Aus lauter Verzweifelung probieren wir es sogar mit einem anderen Motorsteuergerät und lösen den Auspuff am Krümmer um einen verstopften Katalysator auszuschließen. Und wieder gibt es keine Verbesserung. Gehen wir jetzt mal davon aus das die Zündseite und Steuerung soweit in Ordnung ist. Damit bleibt noch die Kraftstoffseite und Kompression. Letztere kann eigentlich gar nicht (auf allen Zylindern) plötzlich so schlecht werden das der Motor nicht laufen will. Besonders wenn er doch noch anspringt und im Stand halbweg sauber läuft. Leider können wir mangels passendem Adapter nicht so einfach den Kraftstoffdruck messen. Wenn man die Verschraubung an der Einspritzdüsen-Rail löst und den Sprit direkt in einen Messbecher laufen lässt kommt erstmal ziemlich viel Sprit aus dem Schlauch.
Aber ob das so bleibt wenn das System unter Druck steht können wir nicht prüfen. Ein kaputter Benzindruckregler oder Rückschlagventil würden zu unseren Symptomen passen. Da wir noch ein komplettes Schlachtauto (der Vorgänger vom weißen Sierra) stehen haben, bauen wir einfach den Benzintank samt Pumpe aus, stellen ihn neben das andere Auto und schließen Strom und Spritleitung an. Mit dieser intravenösen Transfusion umgehen wir die originale Pumpe und Rückschlagventil. Sollte jetzt alles wieder funktioneren erwartet und echt undankbare Arbeit. Im Gegensatz zum Schlachtauto dürfen wir hier nicht wahllos Schrauben und Halter durchflexen um an den Tank zu gelangen. Andererseits wären wir endlich fertig mit der Fehlersuche. So oder so wollen wir jetzt wissen was Phase ist. Strom drauf und Startversuch. Zunächst läuft der Motor noch unrund, dann fängt er sich und schafft auch längere Zeit höhere Drehzahlen ohne zu Husten oder auszugehen.
Hätte Ford damals seine Arbeit gründlich gemacht müssten wir jetzt nur ein paar Schrauben für eine Serviceklappe im Kofferraum lösen um an die Pumpe zu kommen. Stattdessen sind zwei Halteschrauben (Fahrerseite) und ein Tankband (Beifahrerseite), drei Steckverbindern (Pumpe, Tankgeber, Masse) sowie drei Schläuche (Sprit rein, Sprit raus und Tankentlüftung) sowie den kompletten Einfüllstutzen lösen. Erstmal nur ein bisschen extra Zeitaufwand. Aber wenn der Tank wie in unserem Fall nahezu randvoll und alle Schrauben ordentlich verrostet sind, wird es mit Sicherheit viel viel länger dauern. Wir beginnen damit den Tank soweit wie möglich leerzusaugen. Entweder über die originale Pumpe oder mit einem Schlauch durch den Tankstutzen - bei diesem Ford gelingt das noch ziemlich einfach.
Bevor wir jetzt im Eifer des Gefechts irgendwas wichtiges vergessen, lösen wir die Schraube die das Einfüllrohr am Tankstutzen festhält. Zusätzlich stellen wir einen Wagenheber mit Holzbrettunterlage unter den Tank. Selbst wenn er jetzt deutlich leichter ist, wird es schnell unangenehm ihn hochzudrücken währen die Schrauben gelöst werden. Bis auf das Tankband lassen sich die Schrauben gut lösen. Wir machen kurzen Prozess und schneiden das Tankband einfach durch um den Tank überhaupt lösen zu können. Jetzt senken wir ihn soweit ab bis wir an die Anschlüsse obendrauf gelangen. Die Stecker einfac abziehen und den Rücklaufschlauch sowie Entlüftung abziehen. Die Leitung zum Spritfilter ist mit einem speziellen Anschluss versehen der nicht einfach zu lösen ist. Erst muss die Plastikhülle zerbrochen werden um den Sicherungsring darunter zu erreichen. Ähnlich einer Pneumatik-Schnellkupplung muss alles zusammengedrückt und nach hinten geschoben werden.
Sofern das nicht klappt besteht zumindest Theoretisch die Möglichkeit einfach die starre Plastikleitung aufzuschneiden und auf den darunterliegenden Metallstutzen einen neuen Schlauch aufzuschieben. Das selbe Spiel wiederholen wir am Anschluss zum Benzinfilter. Allerdings braucht man dann einen halben Meter passende Benzinleitung. Wir fummeln den originalen Anschluss auseinder. Mit dem Tank weit weg vom Auto könnnen wir die Halteschraube vom Tankbank ganz kurz abschneiden und samt der dazugehörigen Blech aus der Karosserie rauskloppen. Da wir keinen exakten Ersatz haben, werden wir wieder kreativ und schweißen ein Stück Rundstahl an einer Mutter fest so das sie von Hand an die passende Stelle dirigiert werden kann wenn alles wieder zusammengebaut wird. Das Tankbank flicken wir mit etwas Blech und Schrauben.
Da der Tank vom weißen Sierra äußerlich besser aussieht, wollen wir die Pumpen tauschen und den Tank behalten. Dafür muss der Sicherungsring rund um den Pumpendeckel mit einem Schraubendreher und Hammer gegen den Uhrzeigersinn gedreht werden bis alles frei ist. Dann vorsichtig die Pumpe samt Tankgeber und Vorfilter aus der Öffnung ziehen. Die neue Pumpe in gleicher weise einsetzenn und den Ring wieder im Uhrzeigersinn festkloppen. Tank wieder unters Auto und idealerweise mit einem Helfer gleichzeitig einfädeln und die Leitungen alle wieder anschließen. Tankband und Halteschrauben festziehen. Fertig. Jetzt läuft der Sierra endlich wieder vernünftig und wir können uns dem Rost zuwenden der noch lange nicht besiegt ist.
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