Freitag, 19. August 2022

Wir sollten ein Auto importieren

 

Öfter mal was anderes. Zum Beispiel ein Auto aus dem Ausland importieren und damit hier herumfahren. Aber was gibt es dabei zu beachten und wie läuft sowas überhaupt ab? Was sind die größten Fallstricke und wie teuer wird sowas? Aus aktuellem Anlass versuchen wir ein wenig Licht ins dunkel zu bringen.

 


Als erstes stellt sich die Frage was für ein Auto genau wir haben wollen; ein amerikanisches, asiatisches oder europäisches Produkt? Davon hängt ab wo das Fahrzeug gekauft wird. Das es unterm Strich meist sinnvoller (und langfristig wirtschaftlicher) ist ein Modell das beispielsweise genau so auch in unserer Heimat, oder zumindest in der EU, angeboten wird auch genau dort zu kaufen sollte gleich vorweg erwähnt werden. Im Zweifelsfall ist der Umrüstaufwand deutlich geringer wenn man auf die passenden Teile einfach umbauen kann. 


 

In unserem ersten Fall handelt es sich um einen Mercedes 500SL R107 aus den späten 80ern. Die wurden damals in großer Stückzahl in die USA exportiert wo sie noch heute in gutem Zustand für relativ wenig Geld angeboten werden. Jedenfalls sehen sie auf den Fotos sehr gut aus. Ob das wirklich stimmt oder nur eine geschminkte Ruine verkauft werden soll kann man nur vor Ort überprüfen. Dafür extra über den Atlantik zu fliegen lohnt sich vermutlich nicht - ausser man verbindet das ganze mit einem Urlaub. Alternativ gibt es Importeure die sich auf die Suche nach Fahrzeugen im Kundenauftrag spezialisiert haben und die Angebote vor Ort prüfen. Dieser Service kostet natürlich Geld, spart unter Umständen aber sehr viel Ärger und Geld im Nachgang. 

 


Angenommen das passende Fahrzeug wurde gefunden, irgendwo an der Ostküste, zu einem vertretbaren Preis. Wie bei jedem anderen Autokauf auch benötigen wir einen ordentlichen Kaufvertrag und den Title als Eigentumsnachweis. Dann beginnt die Transportkette, entweder fährt der Wagen auf eigener Achse zum Hafen oder er wird per Transporter dorthin gebracht. Abhängig vom Fahrzeugwert und Zustand bietet sich die eine oder andere Methode eher an. Das selbe gilt für die Schiffsreise; wenn das Auto einfach auf die RoRo-Schiffe gefahren und auf dem Parkdeck abgestellt wird ist das bedeutend günstiger als in einem geschlossenen Container, wobei letzteres bei hochpreisigen Autos natürlich besser und sicherer ist. 

 


Einige Wochen später sollte das Schiff dann beispielsweise in Rotterdam oder Bremerhaven ankommen und ausgeladen werden. Bevor das Auto in Empfang genommen werden darf hält erstmal der Zoll seine Hand auf. Das Auto hat einen Wert der sich aus dem Kaufpreis und den Transportkosten zusammensetzt und auf diese Summe wird Zoll und darauf Einfuhrumsatzsteuer erhoben. Im Zweifelsfall empfiehlt es sich die komplette Transport- und Behördenformalie an einen Spediteur abzugeben damit es keine Probleme gibt. Anschließend ist der Wagen offiziell nach Deutschland eingeführt, aber auf die Straße darf er noch lange nicht. Es sei denn er hat noch eine gültige amerikanische Zulassung und die Versicherung leistet auch im Ausland. Ansonsten bietet sich ein Autotrailer oder Abschleppwagen an. 

 


Für die deutsche Straßenzulassung braucht es eine gültige Hauptuntersuchung und dafür muss das Fahrzeug der StVZO entsprechen. Der Nachweis darüber muss im Rahmen einer Vollabnahme nach §21 erfolgen. Dabei wird sowohl der technische Zustand von Bremsen, Beleuchtung etc geprüft sondern auch die Vorschriftsmäßigkeit. An dieser Stelle zahlt es sich aus wenn das Auto so oder so ähnlich in der EU verkauft wurde. Von einigen Vorschriften kann die Zulassungsstelle Ausnahmen erteilen, beispielsweise das die Beleuchtung ohne Prüfzeichen nach europäischem Standard ist, oder das keine elektronische Wegfahrsperre verbaut ist. Andere Bauteile müssen schlicht und einfach ausgetauscht werden um das Fahrzeug vorschriftsmäßig zu machen. Dazu gehören die Hauptscheinwerfer und die hinteren roten Rückstrahler. 



Entweder es gibt ein spezielles lichttechnisches Gutachten das die ausreichende Wirkung der amerikanischen Teile bestätigt oder die Scheinwerfer müssen ausgetauscht werden. Speziell beim Mercedes R107 unterscheidet sich die komplette Front inklusive Stoßfänger beim US Modell. Wenn man alles eindeutschen will sind mehrere (teure) Ersatzteile notwendig. Alternativ können auch nur die runden Scheinwerfer-Einsätze gegen geprüfte Exemplare ausgetauscht werden, im selben Arbeitsschritt muss das gelbe Standlicht vorne auf weißes Licht umgerüstet werden. Das Budget und der persönliche Geschmack spielen hier die größte Rolle. Bei fast allen anderen Leuchten am Fahrzeug kann der Sachverständige eine In-Etwa-Wirkung selbst feststellen. Abhängig vom Baujahr (bis Ende 1989) des Fahrzeug können die hinteren roten Blinker so bleiben wie sie sind - ansonsten muss man etwas Kreativ werden um hinten gelbe Blinker nachzurüsten.

 


Bei "echten" amerikanischen Autos für die es keine passenden Rückleuchten gibt, müssen entweder externe Blinker angebracht oder gelbe Birnen in die Fassung der Rückfahrscheinwerfer installiert und diese als Blinker angeschlossen werden. Vor Baujahr 1987 sind diese noch nicht vorgeschrieben, ansonsten muss ein neuer unter die Stoßstange gebaut werden. Ausserdem muss auf dem Meilentacho eine zusätzliche KM/H Skalierung angebracht werden. Oder man baut auf einen europäischen Tacho um. Ob alles richtig gemacht wurde beurteilt der Sachverständige in seinem §21 Gutachten. In der Regel wird als Arbeitsgrundlage ein Datenblatt benötigt in dem alle technischen Daten vom Basisfahrzeug stehen (Abgasnorm, Geräuschwerte, Höchstgeschwindigkeit, Motorleistung, Gewichte etc.) Alles in allem kostet die Abnahme und das Datenblatt inklusive H-Kennzeichen fast 600€. 

 


Mit dem Stapel Unterlagen in der Hand geht es als nächstes zur Zulassungsstelle. Hier wird ein neuer Fahrzeugschein und Brief ausgestellt in dem die Daten laut Gutachten eingetragen sind. Zusätzlich werden die Ausnahmen von den Abweichungen der StVZO bewilligt oder abgelehnt. In unserem Fall wurde vorne und hinten ein kleines (125er) Kennzeichen eingetragen da der Anbauraum nur für kurze Schildergrößen reicht. Das führte im ersten Anlauf zu einigen Diskussionen ob das bei einem "europäischen" Mercedes denn überhaupt nötigt wäre. Am Ende des Tages haben wir unsere Kennzeichen endlich am Auto hängen und dürfen uns auf die Straße wagen.

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