Montag, 28. November 2022

Ford Fiesta JAS springt nicht mehr an

 

Wir wissen nicht genau was schlimmer ist, ein Auto das grundsätzlich immer zuverlässig ist und ausgerechnet an dem einen Tag wo es besonders wichtig wäre seinen Dienst verweigert, oder ein Auto das ständig irgendwelche Probleme macht so das man schon mental darauf eingestellt ist und vielleicht sogar pauschal einen Plan B in der Hinterhand hat um trotzdem über die Runden zu kommen. Ein aktuelles Beispiel für Typ 1 ist dieser blaue Fiesta. Abgesehen vom Rostbefall hat er in den letzten 20 Jahren keine großen Probleme gemacht. Aber heute Abend will er einfach nicht anspringen.

 


Nach einer berufesbedingten Standzeit von knapp vier Wochen sollte es am Sonntag Abend mal wieder auf die Reise gehen. Also rein ins Auto, den Schlüssel ins Zündschloss und rumdrehen. Alle Lampen gehen an, das Radio dudelt los und der Anlasser dreht. Selbst für das Alter und die aktuelle Aussentemperatur sogar ziemlich lange, aber der Motor will nicht starten. Nochmal die Zündung aus, wieder an und zweiter Versuch; selbes Spiel. An der Batterie scheint es heute nicht zu liegen, der Anlasser dreht die ganze Zeit gleichmäßig schnell durch und macht keine Anstalten langsamer zu werden weil ihm der Saft ausgeht. Sehr merkwürdig das Ganze. 

 


Während draußen langsam der erste Schnee fällt stehen wir noch im Carport und suchen den Fehler. Wir wissen das der Wagen Strom hat und der Anlasser dreht. Da die Kontrollleuchte für die Wegfahrsperre (neben der Uhr im Armaturenbrett) nicht irgendwie ungewöhnlich blinkt, erwarten wir hier erstmal keinen Fehler. Sofern nicht spontan ein Steuergerät oder wichtiger Sensor kaputt gegangen ist, sollte der Motor anspringen - solange er Luft, Kraftstoff und Zündfunken bekommt. Letzteren testen wir ganz pragmatisch; einen Kerzenstecker abziehen, Schraubenzieher rein stecken und so auf den Motorblock legen das er in der nähe von blankem Metall liegt. Wenn wir jetzt den Motor starten, sollte ein deutlich sichtbarer Zündfunke überspringen. Ist das nicht der Fall, müssen wir die Zündanlage weiter unter die Lupe nehmen.  

 


Der Funke funkt, also funktioniert dieser Teil  vom Motor vermutlich korrekt. Als nächstes testen wir ob der Treibstoff fehlt. Dazu löen wir den Schlauch zwischen Drosselklappe und Luftfilter um etwas Starthilfespray in den Ansaugtrakt zu sprühen. Dann versuchen wir einfach nochmal den Motor zu starten; jetzt springt er tatsächlich an und läuft ein paar Sekunden bevor der Treibstoff aufgebraucht ist. Damit sind wir uns ziemlich sicher das ein Problem in der Spritversorgung besteht. Entweder die Pumpe ist kaputt, oder die Leitung verstopft oder die Injektoren werden nicht angesteuert so das kein Benzin in die Zylinder gelangen kann. Da beim einschalten der Zündung nichtmal ein surren von der Pumpe zu hören ist, vermuten wir hier den Defekt. Ein letzter verzweifelter Versuch bevor wir den Fiesta an die Leine nehmen und zurück nach Hause abschleppen beschränkt sich darauf von unten mit einem Gummihammer gegen den Tank zu schlagen um die Pumpe eventuell zurück ins Leben zu holen - leider ohne Erfolg. 

 


Immerhin ist es jetzt schon so spät das kaum noch Verkehr auf den Straßen ist so das wir relativ ungestört nach Hause fahren können und keinen Stau verursachen. Zurück in der Garage können wir uns ein bisschen bequemer an die Arbeit machen. Erstmal prüfen wir die einfachen Sachen. Zum Beispiel den Sicherheitsschalter für die Pumpe, dieser reagiert auf erschütterungen und soll beim Unfall dafür sorgen das kein Sprit auslaufen kann. Der Schalter sitzt bei diesem Fiesta am Fuß der linken A-Säule und ist nur durch ein kleines Loch in der Verkleidung zu erreichen. Wenn der rote Pin nicht oben aus dem Gehäuse herrausschaut ist alles in Ordnung. Sicherheitsshalter lösen wir das Teil trotzdem einmal manuell aus und drücken es wieder zusammen. Leider kein Unterschied. Als nächstes schauen wir nach der Sicherung und dem Benzinpumpenrelais unter der Motorhaube. Tatsächlich ist Nummer 31 durchgebrannt. Also rein mit einer neuen 10A Sicherung und schauen was passiert. 

 


Tatsächlich gar nicht so viel. Sobald die Zündung eingeschaltet wird, summt die Pumpe ganz kurz und dann brennt die neue Sicherung gleich wieder durch. Also ein normaler Kurzschluss klingt anders. Da würde es unmittelbar nachdem der Stromkreis geschlossen wird zum durchbrennen der Sicherung kommen. So wie es jetzt ist erscheint es eher als ob die Pumpe zu viel Strom braucht. Die Recherche zu dem Thema bringt die Erkenntnis das alte Benzinpumpen (nicht nur im Fiesta) dazu neigen, wenn sie ihr Lebensende erreicht haben, so schwergängig zu werden das sie mehr Strom benötigen als der Stromkreis (und die dazugehörige Sicherung) planmäßig liefern bzw. übertragen sollen. Man könnte natürlich eine größere Sicherung einsetzen, aber dann brennt beim nächsten Mal vielleicht gleich der ganze Kabelbaum durch und das wollen wir wirklich nicht riskieren. Also muss die Pumpe getauscht werden. 

 


Im Gegensatz zu manchen anderen Autos im SZK die eine neue Pumpe benötigt haben (der BMW E34 Touring und der Mercedes W211 Kompressor) gibt es hier leider keine schlaue Serviceklappe im Bodenblech um die Pumpe zu wechseln, stattdessen muss der Tank vom Auto getrennt werden (so wie beim weißen Ford Sierra neulich). Immerhin sollte das bei diesem kleinen Auto keine große Herausforderung, Stromkabel abstöpseln, Spritleitungen trennen, Tankeinfüllrohre abschrauben und die Halteschrauben lösen. Runter mit dem Tank, Pumpendeckel lösen und die Pumpeneinheit rausnehmen. Alte Pumpe gegen neue Pumpe tauschen und alles wieder zusammenbauen. Und mit dem frisch reparieren Auto glücklich in den Sonnenuntergang fahren. So ist zumindest unser Plan für den Fiesta.

 


Leider ist der Benzintank fast randvoll und somit unnötig schwer. Um das leben ein bisschen leichter zu machen stecken wir einen Schlauch durch den Tankstutzen bis in den Tank um ihn möglichst leer zu pumpen. In unserem Fall klappte es sehr gut mit einer Ballpumpe den Sprit anzusaugen bis er von alleine weiter floss. Nachdem fast 20L Sprit abgelassen sind, sollte der Tank gut zu heben sein. Trotzdem müssen wir ihn irgendwie abstützen; wenn wir auf dem Boden liegend arbeiten müssen reicht dafür ein Holzbrett und ein Wagenheber. Auf der Hebebühne würde eine fahrbare Stütze gut funktionieren. Wir haben einfach einen Werkzeugwagen dafür zweckentfremdet. Aus unserer Erfahrung haben wir gelernt erstmal alle Schrauben mit Kriechöl einzusprühen damit nichts abreißt oder vernudelt. Bei einem 22 Jahre alten Fiesta kann sowas durchaus passieren. 

 


Abgesehen davon gibt es nur noch zwei wichtige Verhaltensregeln zu beachten; kein offenes Feuer im Umfeld solange die Spritleitungen offen sind und um jeden Preis vermeiden das Schmutz in den Tank oder die Leitungen gelangt. Also ran ans Werk und hoch mit dem Ford. Vom Reserverad aus sieht man einen dünnen Schlauch zur Tankentlüftung den wir einfach abziehen können. Anschließend die Schlauchschellen vom dünnen Schlauch hinten am Tank und an der Verbindungsstelle vom Tankstutzen zum flexiblen Tankeinfüllschlauch lösen. In Fahrtrichtung vorne links befindet sich der Benzinfilter vom dem die fahrzeugseitige Leitung abgezgen werden muss (dafür einfach die beiden Nasen an der Schnellkupplung zusammendrücken und abziehen. Anschließend lösen wir reihum die vier Halteschrauben (SW13) an. Bevor sie ganz gelöst sind muss der Tank von unten abgefangen werden. 

 


Sobald alle Schrauben raus sind muss man ein bisschen hin und her ruckeln um den Tank zwischen Achse, Karosserie und Hitzeschutzblech vom Auspuff vorbei zu bewegen. Aber Achtung das Stromkabel und die Rücklaufleitung ist noch oben am Tank angeschlossen also den Tank nicht einfach nach unten wegsacken lassen. Da wir Probleme mit dem lösen der Rücklaufleitung oben am Tank hatten, haben wir die Pumpe mit angeschlossenen Leitungen aus dem Tank ausgebaut. Dafür muss der Haltering oben auf der Pumpeneinheit gegen den Uhrzeigersinn gedreht werden. Etwas Kriechöl, ein stumpfer Schraubendreher und Hammer eignen sich dafür am besten. Anschließend kann die Einheit nach oben herausgezogen werden. Damit jetzt kein Dreck in den Tank fällt, legen wir ein Handtuch auf die Öffnung. Das selbe gilt für die beiden Leitungen hinten am Tank. 

 


Die Pumpe hat einen kleinen 2poligen Stecker (schwarz-rotes Kabel) den wir lösen müssen und dann hält nur noch das kurze Stück Benzinschlauch die Pumpe in ihrem Gehäuse fest. Die Oetiker Schellen kneifen wir mit einer Zange auf und ersetzen sie später durch normale Schraubschellen. Da die neue Pumpe keinen neuen Filter hat, müssen wir ihn von der alten Pumpe übernehmen (einfach abhebeln und wieder draufd rücken). In unserem Fall mussten wir den alten Stecker abschneiden und Flachsteckkontakte aufcrimpen. Bevor alles endgültig zusammengebaut wird, machen wir einen kurzen Funktionstest - jetzt bleibt die Sicherung intakt. Also rein in den Tank mit der neuen Pumpe, Deckel festschrauben, Tank wieder unters Auto, alles festschrauben und Sprit einfüllen. Fertig zur Probefahrt.

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