Es ist Sonntag vormittag, das Auto ist gewaschen und vollgetankt. Das Wetter ist sonnig und heiß. Wir haben langeweile. Okay, vielleicht keine echte Langeweile aber auch keine echte Lust irgendwas sinnvolles zu tun wie die Garage aufzuräumen oder Wartungsarbeiten an unseren fahrbaren Untersätzen durchzuführen. Stattdessen gelüstet es uns nach einer ausgiebigen Landpartie irgendwo hin wo es was zu sehen gibt und wir schon lange nicht mehr waren; der PS Speicher in Einbeck. Dort gibt es nicht nur das Museum und vier zusätzliche Depots sondern auch noch einmal im Monat Kaffe und Karossen statt.
Das ist der Name eines unbeschränkten Automobil und Motorrad Treffen auf dem Parkplatz des Museum. Immer am dritten Sonntag im Monat von 1h bis 14h ist so ziemlich alles willkommen was Räder und einen Motor hat, egal wie neu oder alt und von welchem Hersteller. Da wir erst relativ spät in den Tag gestartet sind und über Landstraßen gute zwei Stunden Anfahrt haben, kommen wir erst nach Mittag und damit schon gegen Ende des Treffen in Einbeck an. Aber das macht nichts, auch jetzt bekommt man noch genügend altes und neues Blech zu sehen - und wir müssen uns nicht lange nach einem Parkplatz umschauen.
Bedingt durch die Hitze und fehlende Klimaanlage im Ford Sierra mit dem wir heute unterwegs sind, ist die erste Amtshandlung nach unserer Ankunft eine Portion Spaghettieis zu kaufen und aufzuessen. Anschließend drehen wir eine Runde über den Parkplatz. Heute reicht das Spektrum vom 60er Jahre GMC Suburban mit reichlich patiniertem Lack bis zum makellosen Ferrari LaFerrari Aperta. Mein persönlicher Favorit war auf jeden Fall der knallgelbe VW Käfer Baja Bug Umbau mit extra großen Rädern und Lufteinlass auf dem Dach. Vermutlich gar nicht so toll auf der Straße zu fahren, aber das ist egal.
Im Anschluss an Kaffee&Karossen begeben wir uns in Museum um die Tickets für den Eintritt zu kaufen. Seit dem letzten Besuch im PS Speicher gab es ein ordentliches Wachstum der Exponate und Ausstellungsfläche. Gefühlt wird jedes halbwegs große und leerstehende Gebäude in Einbeck jetzt als Erweiterung für den PS Speicher genutzt. Allein im Stadtkern befinden sich im Radius weniger hunert Meter gleich drei Depots; Automobile, Kleinwagen und Zweiräder. Etwas weiter ausserhalb dann noch das LKW&Bus Depot. Genau dort hin bringt uns ein absolut stilechter Schuttelbus in Form eines Mercedes O319 aus den 50er Jahren mit Panoramaverglasung. So beginnt die Zeitreise schon auf dem Weg ins Depot.
Am ersten Ziel angekommen verschlägt es uns beim Anblick der schieren größe der Ausstellungshalle die Sprache. Hier könnte man statt 300 Fahrzeuge abzustellen auch ganz bequem ein Flugzeug landen. Da so ein Lkw oder Bus (oder Trecker) einfach etwas größer ist, macht es natürlich nur Sinn auch ein entsprechend großes Gebäude vorzuhalten. Hier eine ehemalige Küchenfabrik. Obwohl die Fahrzeuge recht dicht zusammen stehen kann man sie gut betrachten und dazwischen umhergehen - nur so lassen sich auch manche etwas versteckte Exponate finden. Von alten Lanz-Bulldog schleppern mit Vollgummireifen über Fernverkehrs LKW der Wirtschaftswunderzeit bis zu einer Armada von Feuerwehrfahrzeugen ist fast jede Art und Bauzeit vertreten.
Spezialfahrzeuge die nur für einen bestimmten Einsatzzweck konstruiert wurden sind dabei das Salz in der Suppe, zum Beispiel ein Mercedes Reisebus der früher für die Erprobung von Autoreifen eingesetzt wurde und dafür eine zusätzliche Achse mit eigener Lenkung und Antrieb besitzt. Oder die vielen Fahrzeuge die während des zweiten Weltkrieg mangels Mineralöl mit einem Holzvergaser umgebaut wurden um trotzdem weiterzufahren. Insgesamt verbrachten wir etwas über eine Stunde. Hier war der persönliche Favorit ein Mack Superliner, nicht nur wegen der englischen Bulldogge als Kühlerfigur macht diese amerikanische Sattelzugmaschine einen wirklich imposanten Eindruck.
Mit dem Shuttlebus geht es zurück zum PS Speicher inklusive Zwischenstop bei den restliche Depots - dafür fehlt uns heute aber die Zeit. Wir wollen schließlich noch das Museum selbst inklusive Sonderausstellung besuchen. Letztere trägt aktuell den Titel Tempo,Tempo!Tempo? und befasst sich mit dem Wunsch des Menschen nach immer höheren Geschwindigkeiten egal ob zu Land oder in der Luft. Speziell das Funnycar mit der Kunststoffkarosserie im Design eines 1977er Pontiac Firebird beeindruckt dabei sehr - der Fahrer sitzt direkt hinterm Motor und die Kardanwelle verläuft unterm Sitz zur Hinterachse.
Die Kleinwagenausstellung im Erdgeschoss hat sich seit dem letzen Besuch nicht verändert und zeigt uns immernoch wie wenig Auto eigentlich nötig ist um von A nach B zu kommen. Nicht wirlich schnell, sicher oder komfortabel aber es geht. Ein Seat Marbella oder Mini Cooper wirkt im Vergleich zu den Zwergenautos schon wie eine Luxuslimousine. Für mehr als eine Runde um den Block würde der eigene Mut und Leidensfähigkeit ziemlich sicher nicht ausreichen. Ausser vielleicht im Smart fortwo - der ist wenigstens für seine gute passive Sicherheit bekannt.
Jetzt bleiben uns weniger als zwei Stunden um die komplette Haupausstellung vom sechsten Stockwerk bis ins Foyer abzuklappern. Da in den oberen Etagen keine Umbauten stattgefunden haben (ausser das die Fotostationen alle ausser Betrieb sind), gehen wir hier verhältnismäßig zügig durch. Zu dieser Uhrzeit sind auch nicht mehr sonderlich viele Besucher im Museum unterwegs so das wir nirgends Schlange stehen müssen. Vielleicht sollten wir in Zukunft immer so antizyklisch unseren Besuch planen. In der vorletzten Etage gab es dann doch ein paar größere Änderungen zu sehen. Unter anderem parkt jetzt ein zur Zeitmaschine umgebauter Delorean in der Ausstellung.
Pünktlich zum Ladenschluss stehen wir wieder draußen auf dem Parkplatz. In Anbetracht der echt happigen Preise im Museumsbistro haben wir beschlossen lieber draußen irgendwo was zum Essen aufzutreiben. Fündig wurden wir letztendlich bei einer kleinen Dönerbude in Stadtkern direkt beim Kleinwagen Depot - ganz stilecht in einer alten Tankstelle. So lassen wir den Tag satt und glücklich ausklingen. Wenn wir beim nächsten Kaffee&Karossen Zeit haben wollen wir defintiv wiederkommen und uns dann die restlichen Depots anschauen - die sind auch nicht so teuer wie das eigentliche Museum. 18€ pro Person plus Aufpreis für die Sonderausstellung sind schon echt happig, auch wenn man gut sehen kann wofür das Geld hier investiert wird.
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