Selbst wenn wir aktuell weder in der wirtschaftlichen noch politischen Situation sind, das wir uns ernsthaft Gedanken um dieses Thema machen müssten, kam dennoch die Frage auf. Welcher der beiden Militärlastwagen die wir in den letzten Jahren mal selbst im Gelände erleben durften ist besser? Und was heißt besser? Mehr Traktion oder Bodenfreiheite, Robuster oder leichter zu reparieren, Betriebskosten und Ersatzteilversorgung zählen sicher auch irgendwo in die Beurteilung hinein. Ohne Anspruch auch vollständigkeit hier mal unser kleiner Vergleich zwischen dem Reo M35(A2) und dem Ural 375(D).
Von der Ferne sind diese beiden Fahrzeug gar nicht so unterschiedlich, auch wenn sie jeweils am anderen Ende des geografischen Spektrum stehen; einmal USA und einmal UdSSR. Über diesen Hintergrund machen wir uns keine weiteren Gedanken. Uns interessiert welchen Lastwagen wir nehmen würden wenn wir die Wahl hätten. Am Ende des Tages sind es Nutzfahrzeuge mit denen man auch im Gelände ziemlich weit kommt. Beide Fahrzeuge haben drei Starrachsen an Blattfedern und Allradantrieb. Selbst das Design der Achsen mit nach oben gedrehtem Anschluss für die Kardanwelle haben beide Lkw. Viel mehr Gemeinsamkeiten gibt es nicht.
Ein großer und offensichtlicher Unterschied ist die Bereifung. Während der M35 mit 9.00-20 Reifen in Zwillingsbereifung an beiden Hinterachsen unterwegs ist, hat der Ural sechs 14.00x20 Reifen montiert. Allein durch diese grobstollige Bereifung hat der Ural im Gelände die ersten Vorteile und wenn das nicht reicht kann von der Fahrerkabine aus der Luftdruck in den Reifen reguliert werden um auf weichem Untergrund eine größere Auflagefläche zu erreichen. So etwas habe die Amerikaner leider nicht drauf. In wie weit das durch die Ausfallsicherheit von Zwillingsbereifung aufgewogen wird können wir nicht beurteilen. Tatsächlich gab es im Laufe der Bauzeit auch vom M35 eine Version mit Einzelbereifung.
Der nächste große Unterschied von Ost und West Fahrzeugtechnik ist der Antriebsstrang. Beim Reo M35A2 wie dem Exemplar das wir im Mammutpark (mit)fahren durften, arbeitet ein 7,8l großer Reihensechszylinder Turbomotor mit 135PS der von Diesel über Benzin und Kerosin bis zu Pflanzenöl fast jeden flüssigen Treibstoff verwerten kann. Der Preis für diese flexibilität ist die relativ geringe Leistung. Ob der je nach Modell extrem laut pfeifende Turbo ein Vor- oder Nachteil ist, muss jeder selbst wissen. Uns gefällt es gut, aber nur weil wir nie längere Strecken gefahren sind. Die Motorleistung wird über ein manuelles Fünfgang Getriebe ans zweistufige Verteilergetriebe weitergeleitet das entweder nur beide Hinterachsen oder alle drei Achsen antreibt.
Im Gegensatz dazu ist der Ural nochmal ein gutes Stück einfacher und robuster (und ineffizienter) gebaut; unter seiner Haube verbirgt sich ein knapp 7l großer V8 Benzinmotor mit Vergaser. So kommen ganze 180 Pferdestärken zusammen. Die diesen grünen Koloss auf maximal 75km/h beschleunigen, wobei wir aus zuverlässiger Quelle gehört haben das diese Fahrzeuge auf der Straße und ohne Beladung auch deutlich schneller als 90km/h werden können. Über den Treibstoffverbrauch wollen wir dann aber lieber nicht nachdenken. Das Schaltgetriebe hat hier ebenfalls fünf Gänge und das Verteilergetriebe auch zwei Stufen. Dafür werden hier alle drei Achsen permanent angetrieben und die Differentiale sind zusätzlich sperrbar.
Wir spekulieren darauf das der Ural bei einem Beschleunigungsrennen die bessere Chance hat. Selbst wenn das Leergewicht des Rep deutlich niediger ist (ca.5900kg leer beim Reo Pritschenwagen zu 8400kg im Ural) und auch das zulässige Gesamtgewicht im Ural signifikant höher ist (13200kg zu 8110kg). Ebenso hat der Ural eine größere Ladefläche. Für den Fall das man wirklich praktisch damit arbeiten will sind solche Fakten ein wichtiges Entscheidungskriterium. Für uns sind da ein paar andere Details interessanter; die Geländegängigkeit beispielsweise. Die Bodenfreiheit ist ein wichtiger Faktor dafür (31,7cm im Reo vs.39,9cm im Ural) oder die Wattiefe (76cm im Reo zu 1.2m im Ural) lassen den russischen Kontrahenten deutlich tauglicher erscheinen. Die größeren Räder haben einfach klare Vorteile. Zumindest so lange man nicht die manshohe Ladefläche besteigen muss.
Die seitlich herunterklappbaren Sitzbänke auf der Ladefläche haben in unserem Fall beide Modelle verbaut. So kann man zumindest auf Privatgelände leicht 20 Personen mit durch den Modder schaukeln. Dabei genießen die Passagiere entweder das grummeln vom V8 oder den pfeifenden Turbolader in Verbindung mit kleinen schwarzen Wolken aus dem Auspuffrohr. Da wir die beiden Lkw nicht auf identischem Untergrund bewegen konnten lässt sich nicht abschließend sagen wie viel besser die eine oder andere Konstruktion sich schlagen würde. Das der Ural wahrscheinlich besser klar kommt ist für uns aber garantiert. Der permantente Allradantrieb plus Sperren und die Reifendruckregelung mit dem grobstolligen Profil des Ural würde sicher auch im Mammutparkschlamm eine gute Figur machen.
Damit kommen wir zum letzten Testkriterium; das Fahrverhalten. Von Fahrkomfort können wir hier nicht sprechen. Der Reo hat immerhin einen Federschwingsitz für den Fahrer - wobei das bei unebenem Gelände teilweise eine echte Herausfoderung ist trotzdem den Gasfuß ruhig zu halten. Im Ural gibt es eine breite, gepolsterte Sitzbank ohne extra Federung. Die Blechkabine ist in beiden Fahrzeugen ziemlich karg und eng, vollgestopft mit Hebeln und analogen Instrumenten. Auf Komfort oder Ergonomie wurde hier wirklich kein großer Wert gelegt. Mit den verhältnismäßig kleinen Aussenspiegeln und der hohen Motorhaube ist die rundumsicht in beiden Lkws ziemlich katastrophal. Im echten Straßenverkehr dürfte die Rolle des Fahrers ziemlich stressig werden.
Immerhin kann der Steuermann im Ural sich auf eine Servolenkung stützen die ihm das Leben etwas leichter macht. Aber ist das wirklich so wichtig wenn man eh nur zum Spaß durch die Gegend fährt? Letztendlich muss das jeder selbst wissen. Wenn es um das maximal archaische Fahrgefühl geht würden wir den Reo empfehlen, für beste geländegängigkeit den Ural. Beim Kaufpreis gibt es gar keinen so riesigen Unterschied. Gute Exemplare kosten ab 15000€ aufwärts, für weniger Geld gibt es meist nur große Baustellen. Beide Fahrzeuge wurden über 40 Jahre lang gebaut und währenddessen immer wieder verbessert und modernisiert. Die späteren Ural 375 wurden auch mit Dieselmotoren angeboten, das senkt die Betriebskosten zumindest ein bisschen.
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