Freitag, 5. Oktober 2018

VW Bulli: Schweißen bis der Arzt kommt


Bei diesem Auto nach Rost zu suchen, ist ein bisschen so als hätte man gerade die Büchse der Pandora geöffnet. Je länger man im Unterbodenschutz herumstochert desto mehr neue Baustellen tun sich auf. Aber es nützt alles nichts. Der Bulli muss die Hauptuntersuchung wieder überwinden. Sonst kann er nicht mehr auf der Straße gefahren werden. Und gemessen am Preisniveau dieser Fahrzeuge kann man ruhig ein paar Tage Arbeit in die Karosserie investieren bevor es unwirtschaftlich wird.


Bevor die Flex kreischt und das Schweißgerät brutzelt, müssen wir erstmal einige Vorbereitungen treffen. Dazu gehört auch, die gesamte Karosserie gründlichst abzusuchen wo überall geschweißt werden muss. Es wäre doch zu ärgerlich wenn man eine Stelle übersieht und dann bei der Hauptuntersuchung doch noch durchfällt. Oder wenn man fünf kleine Flicken nebeneinander setzt, wo ein kompletter großer Flicken viel schneller und einfacher zu setzen ist. Darum lassen wir uns bei diesem Arbeitsschritt recht viel Zeit und stochern überall mit dem Schraubendreher oder klopfen mit einem kleinen Hämmerchen die neuralgischen Stellen ab. Dazu gehört zumindest beim VW T4 auch der Einstiegsbereich unter den Kunststoff-Trittstufen.

Genau dort fand sich damals, beim Einbau der Zusatzbatterie, ein Hinweis auf ernsthafte Korrosionsschäden am Bulli. Sobald der Teppich im Fahrerfußraum ein wenig gelupft ist, sieht man das zerfressene Karosserieblech was bis dato unter einer Schicht Dämmmasse versteckt war. Mit einem Schraubendreher als Meißel Ersatz ließ sich ein Handteller großes Loch durchs Blech stoßen und im darunter befindlichen Hohlraum ging es ähnlich schlimm weiter. Das Blech Richtung linkes Vorderrad ist ebenfalls angefressen. Mit bloßen Händen lässt sich der traurige Rest der Karosserie an dieser Stelle abbrechen. Immerhin hat man nun freie Sicht bis zur Straße unterm Auto.


Weiter geht die Suche nach der braunen Seuche also im linken Radhaus. In diesem Bereich wird Prinzip bedingt immer viel Schmutz und Feuchtigkeit von der Fahrbahn aufgenommen und setzt sich ab. Wenn dann keine regelmäßige Reinigung und vorbeugender Korrosionsschutz erfolgt, sieht es früher oder später so aus wie bei diesem Patienten. Leider ist das nicht der einzige oder schlimmste Rost im Radhaus, denn hier kommen noch andere Faktoren zusammen.


Der Wasserablauf vom Wasserkasten unterhalb der Frontscheibe erfolgt beim VW T4 durch die Kotflügel über die Radhäuser nach draußen. Hier sammelt sich mit den Jahren Laub und Schmutz der die Abläufe verstopfen kann bis das Wasser sich einen anderen Weg sucht. Zum Beispiel durch die äußeren Karosserielängsträger. Diese Halten die eigentliche Metallstoßstange an ihren äußeren Enden fest und sollen im Falle einer Frontalkollision Kräfte aufnehmen und in die Karosserie einleiten. Insofern schon ein wichtiges Teil das nicht durch Korrosion geschwächt werden sollte. Leider ist genau das der Fall. Spritzwasser von aussen, Regenwasser von innen und ein alter Frontschaden haben dieses Kastenprofil ziemlich angegriffen.


Als wenn das nicht schon genug wäre, befindet sich auf der Fahrerseite oberhalb des Radhauses auch noch die Autobatterie. Diese kann auch mal überkochen, dann läuft Batteriesäure aus dem Gehäuse raus und tropft auf darunterliegende Baugruppen. Das ist zumindest eine der möglichen Erklärungen warum sich hier ein ganz ansehnliches Rostloch befindet. Unabhängig davon ob es an dieser Stelle großen Einfluss auf die Stabilität hat oder bei einer Kontrolle überhaupt jemand an dieser Stelle suchen würde (vom Motorraum aus ist das Lock mit Kabeln und Leitungen verdeckt), soll es trotzdem geschweißt werden. So gut wie jetzt kommen wir da nie wieder dran. Wobei "gut" ein relativer Begriff ist, wenn man erst die vordere Stoßstange, den Kühlergrill, beide Frontscheinwerfer und den Luftfilterkasten ausbauen musste.


Da hier nichts mehr zugeschweißt oder mit einzelnen Blechstücken geflickt werden kann. Muss das originale Kastenprofil in großen Teilen aus neuem Blech nachgebaut werden. Mit etwas Pappe, einer Schere und Filzstift wird so lange gebastelt bis die originale Form erreicht ist. Dann kann auf einer Blechtafel der Umriss und die Biegelinien aufgezeichnet werden. Mit einem pneumatischen Blechnibbler und Mini-Abkantbank für den Schraubstock geht das sogar recht zügig. Ansonsten klappt es auch mit der manuellen Blechschere und zwei Winkeleisen im Schraubstock.


Bevor das neu geformte Blech ans Auto kommt, müssen wir erstmal den Untergrund und das Auto vorbereiten. Also die Batterie abklemmen, einen Eimer Löschwasser bereit stellen und den Untergrund rund um den Rostherd komplett blank schleifen. Dafür nutzen wir einen schmalen Bandschleifer, der mit seiner 1cm breiten Spitze fast überall hin kommt. So lässt sich das neue Blech bestmöglich mit der restlichen Karosserie verbinden. Der Rest ist Einstellungssache am Schweißgerät. Bei widerspenstigen Blechformen hat sich die Methode "schweißen und schlagen" bewährt. Dabei wird das Blech überall dort wo es sauber anliegt mit ein paar Schweißpunkten fixiert und anschließend mit leichten Hammerschlägen die weitere Kontur direkt am Fahrzeug angepasst.


Wenn wie in unserem Fall mehrere Blechlagen durchgerostet sind, schneiden wir einen größeren Bereich bis ins gesunde Blech aus, damit ausreichend Platz zum arbeiten ist und bewegen uns dann von innen nach aussen zur nächsthöheren Blechlage. Gerade wenn sich auf der Rückseite von der Schadstelle irgendwelche Kabel und Leitungen befinden, ist es sehr wichtig hier nicht zu lange auf einer Stelle herum zu braten, da die dabei entstehende Hitze schnell mal Kabel verschmort oder Dämmmaterial in Brand setzt. In solchen Fällen eignen sich nasse Handtücher zur Isolation und das bereits erwähnte Löschwasser wenn alle Vorsicht nicht gereicht haben sollte.


Auf der Beifahrerseite musste auch von oben ein Blech auf das Lock im Radhaus geschweißt werden. Dazu war es erforderlich den Luftfilterkasten und Wischwasserbehälter auszubauen. Erst jetzt zeigte sich das ganze Ausmaß des Schadens, wenn man hier nur halbherzig die Durchrostungen verschließt, aber ringsherum die Blechdicke schon auf einen Zehntel Millimeter gesunken ist, wird hier spätestens bei der nächsten HU auch eine Durchrostung auftreten. Also wieder großzügig loses Blech heraustrennen und die Kanten blank schleifen. Flicken aus Pappe anpassen und auf die große Blechtafel (wir nutzen 1,5mm dickes verzinktes Karosserieblech) übertragen, alles passend zuschneiden und einschweißen.


So bewegen wir uns einmal ums Auto herum. Mit den passenden Werkzeugen und ausreichend neuem Blech um daraus passende Flicken zu schnitzen, verschwinden Stück für Stück die ungewollten Löcher aus der Bulli Karosserie. Auf der Beifahrerseite im Bereich des Kofferraums verbleiben noch ein paar letzte Lücken, aber dafür muss erstmal der Camping-Innenausbau samt Holzboden entfernt werden. Bis dahin werden alle schon geschweißten Stellen mit Rostschutzgrundierung und Chassislack von aussen eingepinselt. Damit auch von innen nichts mehr rosten kann, nutzen wir Sprühdosen mit Hohlraumwachs das über lange flexible Düsen in jeden Winkel der Karosserie gesprüht werden kann. Später sollen zumindest die Radhäuser und der Haupt-Spritzwasserbereich mit Unterbodenschutz versiegelt werden. Wenn es soweit ist, werden wir auch davon wieder berichten.

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